Eichstätt
Von Blumenmenschen und Fantasielandschaften

Die schottische Künstlerin Jodi Le Bigre ist zu Gast in der Eichstätter Lithographie-Werkstatt

18.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Die schottische Künstlerin Jodi Le Bigre gewann einen Künstleraufenthalt in der Lithographie-Werkstatt von Li Portenlänger. Derzeit arbeitet sie mit großer Begeisterung an naturgeschichtlich, aber auch anthropologisch und mythisch orientierten Drucken, die sie ab Samstagabend ausstellt. −Foto: Kusche

Eichstätt (EK) International geht es wieder zu in der Eichstätter Lithographie-Werkstatt: Die Künstlerin Jodi Le Bigre aus Schottland ist zu Gast. Wie jedes Jahr stellt Li Portenlänger ihre Litho-Werkstatt auch in diesem Herbst einem jungen Druckgrafikkünstler zur Verfügung.

Seit einer Woche ist die Malerin und Lithographin Jodi Le Bigre aus Glasgow als "Artist in Residence" zu Gast und bereitet ihre am Samstagabend beginnende Ausstellung vor.

 

Äpfel, Quitten, Kiwis, Feigen, Orangen und andere Früchte liegen auf ihrem Arbeitstisch, daneben eine Vase mit Stängeln einer Tomaten- und Borretschpflanze. Nie möchte Jodi Le Bigre Pflanzen und Grün in ihrer Umgebung missen, für ihre Arbeiten im Glasgower Atelier hat sie sich sogar einen richtig "grünen Arbeitsraum" mit riesigen Topfpflanzen eingerichtet, um immer das greifbar zu haben, womit sie am liebsten arbeitet: Pflanzen, Blüten und Blätter. Doch es sind beileibe nicht die Pflanzen an sich, die die Künstlerin interessieren, die in Toronto/Kanada aufgewachsen ist und studiert hat und in Paris, London und Glasgow ihre künstlerische Ausbildung perfektioniert hat: "Mich fasziniert vielmehr, wie sich die Konzepte von Natur und Mensch entwickelt haben, wie Menschen in der Vergangenheit Natur und Exotik aufgefasst und in welcher Weise sie diese abgebildet haben." Auf die Spuren dieser Fragen hat sich Le Bigre nicht nur mit historischen Reiseberichten, völkerkundlichen und kunsthistorischen Werken, sondern auch mit ihrem lithographischen Handwerkszeug wie Bleistift, Kreide und Papier begeben und ein einzigartiges Werk geschaffen: "Homo efflorescens" - eine Sammlung lithographischer Kunstwerke, die auch in der Ausstellung zu bewundern sein werden. Für die von der Künstlerin erdachten "Blumenmenschen" erhielt Le Bigre von der bekannten schottischen Künstlervereinigung SAA - Society of Scottish Artists - den begehrten Preis für den knapp dreiwöchigen Künstleraufenthalt in der Eichstätter Lithographie-Werkstatt.

Es ist, als betrachte man in "Homo efflorescens" eines der typischen großformatigen Geschichtswerke, die mit teilweise mythisch anmutenden Bildern in die Welt des Mittelalters entführen. Exotisch, da fremd und unbekannt, magisch, da so fern und unerklärbar anders - so empfanden Menschen schon immer diese Begegnung mit dem Fremden durch überlieferte Zeichnungen und Berichte: "Ich fand es schon immer faszinierend, in alten Reiseberichten und Expeditionsbüchern á la Captain Cook zu stöbern", schmunzelt Le Bigre. In ihrem für die Jahresausstellung 2016/17 der SAA gefertigten Buch "Homo efflorescens" hat sie nicht nur menschliche Antlitze aus Blumen und Früchten kreiert, sondern auch eine von ihr erdachte Gesellschaft von Urbewohnern in einer "exotischen" Palmenlandschaft. Es mutet fast wissenschaftlich an, wie sie Mensch und Natur im Stile der mittelalterlichen "Imago Mundo"-Werke erst zeichnerisch dargestellt und dann lithographisch umgesetzt hat.

Für die Ausstellungseröffnung arbeitet Le Bigre nun mit großer Freude mit dem "Hortus Eystettensis", dem Werk, das der Künstlerin vielfältigste Inspirationen bietet. Das Buch von 1613 dient ihr als Ideensammlung für ihre eigenen Lithographien. Eine Arbeit liegt bereits auf dem Druckstein der alten Litho-Presse: die frei gemalte Darstellung einer Tomaten- und Borretschpflanze sowie eines Quittenbaums - allesamt aus Li Portenlängers Garten.

Le Bigre genießt die Chance, während ihres Aufenthalts viel Neues kennenlernen zu dürfen. Genauso schätzt sie es natürlich, die Region Eichstätt als Geburtsort der Lithographie und Solnhofen als Heimat der weltberühmten Lithographie-Steine erforschen zu können. Dazu gehört auch ein umfassendes Begleitprogramm, das Li Portenlänger für ihren schottischen Gast organisiert. So hat Le Bigre, die im Gästehaus Sankt Walburg wohnt, schon verschiedene Ausflüge in die Steinbrüche des Altmühltals unternommen, Solnhofen steht noch in dieser Woche auf dem Programm.

 

Zur Vernissage in der Pfahlstraße 25 am kommenden Samstag, 21. Oktober, um 19 Uhr wird Dritter Bürgermeister Gerhard Nieberle Grußworte sprechen; der Eichstätter Kunsthistoriker Gernot Lorenz führt in die Ausstellung ein. Anschließend sind alle Gäste zu einem kleinen Empfang geladen.