Eichstätt
Deutliche Bremsspuren

Mit 525 000 Nutzern im vergangenen Jahr fährt die Stadtlinie Minusrekord ein

14.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:05 Uhr

Gehören mittlerweile zu Eichstätt wie der Dom: die Busse, die im Halbstundentakt durchs gesamte Stadtgebiet pendeln. Allerdings schwächeln die Fahrgastzahlen kontinuierlich. Vergangenes Jahr wurde mit 525 000 Nutzern ein neuer Tiefpunkt erreicht. Im Rekordjahr 1998 waren es knapp 200 000 mehr. - Foto: Knopp

Eichstätt (EK) Stadtwerkechef Wolfgang Brandl spricht ungern von Rekorden - schon gar nicht von solchen mit einem Minus davor. Allerdings ist nicht wegzudiskutieren, dass die Eichstätter Stadtlinie mit 525 000 Gästen im vergangenen Jahr ihr bislang schlechtestes Ergebnis eingefahren hat.

Für Brandl ist das allerdings kein Grund nervös zu werden, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich machte: Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl seien das immer noch über 40 Fahrten pro Einwohner im Jahr. "Wir sollten die Stadtlinie nicht schlechtreden", so Brandls Appell, das sei kontraproduktiv. Viel zu wertvoll sei sie immer noch vor allem für jüngere und ältere Bürger.

Eines ist aber auch klar: Brandl muss liefern, um dem Abwärtstrend entgegenzusteuern - vor allem angesichts des Defizits 2014 in Höhe von rund 704 000 Euro (2015 liegt noch nicht vor). Gut in Erinnerung ist nämlich noch das Lamento im Stadtrat vom vergangenen Mai, als Brandl den Bericht zur "kritischen Entwicklung" der Stadtlinie präsentierte. Schon damals war das Gremium alarmiert: Ein externes Gutachten müsse her, wurde gefordert, "konzeptionelle Überlegungen" wären ebenso vonnöten, nicht zuletzt müsse man die Stadtlinie "völlig neu überdenken".

Welche Pfeile Wolfgang Brandl nun im Köcher hat, möchte er noch nicht verraten. Auf jeden Fall soll das Thema voraussichtlich im April erneut im Stadtrat auf den Tisch kommen, nachdem vor Kurzem schon im Aufsichtsrat der Stadtwerke darüber gesprochen wurde. Für den kontinuierlichen Sinkflug hat Brandl jedenfalls mehrere Erklärungen parat: die Schaffung von innenstadtnahen Parkplätzen, die Einführung der kommunalen Verkehrsüberwachung, die für mehr Fluktuation und damit für mehr freie Stellflächen in der Altstadt sorge, und nicht zuletzt die jüngste Fahrpreiserhöhung Anfang 2015. Immer wieder geäußerten Wünschen, beispielsweise nach einer Ausweitung in die Abendstunden hinein, steht der Leiter der Stadtwerke mehr als skeptisch gegenüber: So etwas erhöhe lediglich das Defizit. Laut wird aber offenbar über eine Aufweichung des gewohnten Halbstundentakts nachgedacht, wie auch Aufsichtsratsmitglied und Stadtrat Arnulf Neumeyer (SPD) auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt. Möglicherweise käme mit Blick auf die Anbindung der Neubaugebiete ein 40-Minuten-Takt infrage, "aber keinesfalls länger", so Neumeyer. Ein Ein-Stunden-Takt würde die Stadtlinie unattraktiv machen. Ein Problem sieht der frühere Oberbürgermeister auch darin, dass das Prinzip, eine Fahrt mit der Stadtlinie dürfe nur so viel kosten wie eine halbe Stunde Parken in der Innenstadt, irgendwann fallen gelassen wurde.

"Es besteht Handlungsbedarf", sagt Elisabeth Gabler-Hofrichter, CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat und ebenfalls im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Möglichen Ansätzen wolle sie aber nicht vorgreifen. Eine Schmerzgrenze, was die Nutzerzahlen der Stadtlinie angeht, gebe es für sie nicht: Viele Bürger in den umliegenden Wohngebieten hätten ihren Zweitwagen abgeschafft und seien auf die Stadtbusse angewiesen. Ebenso seien diese für Senioren ein gutes Angebot, mobil zu bleiben.

An den Grundfesten der Stadtlinie wollen weder Gabler-Hofrichter noch ihr Kollege im Aufsichtsrat rütteln: "Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass die Einführung der Stadtlinie die beste Entscheidung war, die der Eichstätter Stadtrat jemals getroffen hat", betont Arnulf Neumeyer.