Eichstätt
"Mehr Achtsamkeit und Mut"

Runder Tisch zur tatsächlichen und zur gefühlten Sicherheitslage in der Stadt

18.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:24 Uhr

Den Altmühlweg zwischen Herzogsteg und Freiwasserparkplatz - hier bei hellem Tageslicht. Des Abends weckt der Gang hier bei vielen Frauen derzeit sehr zwiespältige Gefühle. - Foto: Chloupek

Eichstätt (EK) "Wir nehmen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung sehr ernst und wollen das auch vermitteln." Das war eine Motivation für Bürgermeisterin Dr. Claudia Grund, gestern Nachmittag einen Runden Tisch einzuberufen. Anlass war die angezeigte Vergewaltigung am Herzogsteg.

Seit diesem Verbrechen am Donnerstagabend kochen in Eichstätt die Emotionen hoch. Weil der Täter, der noch nicht gefasst ist, laut dem Fahndungsaufruf einen ausländischen Akzent haben soll, werden in den so genannten sozialen Netzwerken vermehrt unverhohlen pauschalisierende ausländerfeindliche Parolen laut und unbestätigte Schreckensmeldungen in die Welt gesetzt. Daneben gibt es auch ernst zu nehmende Äußerungen von vermehrter Angst und Unsicherheit in digitaler und in schriftlicher Form.

Eines dieser Schreiben, das durchaus exemplarisch ist, ging gleichermaßen an die Stadt, die Polizeiinspektion und den EICHSTÄTTER KURIER. Angelika Groner aus Biesenhard drückt darin eine ganze Reihe von Sorgen, aber auch Vorwürfen aus, die gestern im Rathaus diskutiert wurden. Groner schreibt unter anderem von sich "häufenden verbalen und tätlichen Übergriffen auf Frauen", vor allem im Inselbad und "durch junge Ausländer". Stadt und Polizei würden "einfach wegschauen", derartige Ereignisse würden "totgeschwiegen". Groner kritisiert, dass die Bürger von den "offizielle Sicherheitsbehörden nicht gewarnt und unterrichtet" würden und fragt nun nach konkreten Sicherheitsmaßnahmen für das Freibad, die Stadt und speziell den Herzogsteg und Altmühlweg, der wie gemeldet der Tatort der angezeigten Vergewaltigung gewesen ist.

Bei allem Verständnis für Sorgen und Ängste: Den Vorwurf des "Wegschauens" lässt keiner der am Runden Tisch Beteiligten gelten. Bürgermeisterin Claudia Grund, die stellvertretende Landrätin und Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel, der stellvertretende Polizeichef Harald Pinsker, Ordnungsamtschef Karl Ziegelmeier, Stadtwerkechef Wolfgang Brandl, Stadtbaumeister Manfred Janner und der Geschäftsführende Beamte Hans Bittl sind sich einig darin, dass es gerade in der aufgeheizten Situation und vor diesem ernsten Hintergrund wichtig ist, auf der Basis von Fakten und im Rahmen der Gesetze zu diskutieren und zu handeln. "Das subjektive Gefühl von Unsicherheit wird durch Gerüchte nur noch zusätzlich angeheizt", warnt Grund. Ihr geht es bei dem Termin darum, die Sachlage zu klären und Lösungsansätze zu finden.

Stadtwerkechef Brandl erklärt zur Situation im Freibad: "Missachtungen der Badeordnung dulden wir nicht." Allerdings sei auch keine Häufung von anzüglichen Belästigungen festzustellen. In dieser Saison habe es bisher zwei Fälle und inklusive dieser beiden drei dauerhafte Betretungsverbote gegeben - zwei davon an Männer ausländischer Herkunft. "Unser Sicherheitssystem funktioniert", sagt Brandl, das Personal sei geschult, würde sofort reagieren und gegebenenfalls die Polizei verständigen. Brandl appelliert dringend an alle, die von anderen Gästen belästigt werden oder eine solche Belästigung mitbekommen, unverzüglich das Personal zu verständigen. "Wir haben da null Toleranz", sagt Brandl. Das gelte übrigens unabhängig von der Herkunft der Gäste: "Das Freibad spiegelt einen kompletten Querschnitt der Bevölkerung im öffentlichen Raum wieder. Probleme sind nicht an Hautfarbe, Alter oder Nationalität festzumachen."

Hauptansprechpartner bei diesem Thema ist und bleibt die Polizei: Der stellvertretende Polizeichef Harald Pinsker unterstützt den Appell, im Ernstfall unverzüglich die Polizei zu verständigen. "Lieber einmal zu viel die 110 gewählt als einmal zu wenig. Wenn wir gerufen werden, kommen wir sofort." Eine vermehrte präventive Streifenpräsenz gerade am Altmühlweg kann er allerdings nicht versprechen. Er verweist auf die angespannte Personaldecke der Polizei, ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Die Polizei werde immer reagieren, wenn sie einen "Brennpunkt" erkenne. Allerdings gelte der Altmühlweg derzeit eigentlich nicht als Brennpunkt, "hier gibt es nicht auffällig mehr Delikte". Da kann der gestrige Runde Tisch durchaus als Mittel verstanden werden, politischen Druck aufzubauen, um die Polizeistärke zu erhöhen, zumal Tanja Schorer-Dremel als Landtagsabgeordnete (CSU) sagt: "Die Personalaufstockung der Polizeiinspektion Eichstätt ist durchaus ein Thema, das läuft bereits."

Mehr Polizeipräsenz - das ist ein Lösungsansatz. Was kann sonst noch zusätzlich zu den bereits laufenden Verhaltenskursen in Flüchtlingsunterkünften getan werden? Polizeichef Harald Pinsker bringt die Möglichkeit einer Bürgerversammlung ins Gespräch, in denen den Bürgern unter anderem Fakten, Gesetzeslagen aber auch Hintergründe zu seriösen Informationswegen von Polizei und Presse erläutert werden.

Tanja Schorer-Dremel bringt das Thema Frauenparkplätze wieder auf den Tisch. "Das ist ein Ansatz, wir prüfen das", sagt Ordnungsamtsleiter Karl Ziegelmeier. Claudia Grund will zudem zügig im Stadtrat einen Beschluss anregen, ob die Beleuchtung am Altmühlweg nachts länger brennen soll - derzeit wird aus Energiespargründen ab 23 Uhr jede zweite Lampe dort abgeschaltet. Denn es ist tatsächlich so, dass viele Frauen jetzt mit sehr gemischten Gefühlen abends am Altmühlweg unterwegs sind.

Eine wirksame Sofortmaßnahme wäre allerdings kostenlos und unverzüglich machbar: "Wir brauchen wieder mehr Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im echten Leben außerhalb der digitalen Netzwerke", sagt Claudia Grund, außerdem "mehr Mut", einzuschreiten oder Alarm zu schlagen, wenn jemand um Hilfe rufe oder Hilfe brauche. Ansonsten gelte es, sich besonnen und sachlich mit den Fakten auseinanderzusetzen, erklärte die Bürgermeisterin. Das sei bei einer solchen Vergewaltigung schlimm genug. "Unser Mitgefühl gilt dem Opfer."