Eichstätt
Verbale Explosion bei der Suche nach Gott

Der erste "Spirit Poetry Slam" der Fakultät für Religionspädagogik war ein großer Erfolg

20.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Die Sieger des ersten "Spirit Poetry Slam", den die Fakultät für Religionspädagogik der KU Eichstätt organisiert hatte: Psychologiestudent Jonas (3. Platz), die erst 15-jährige Schülerin Luzie (1. Platz) und Religionspädagogikstudentin Maria (2. Platz). - Foto: Kusche

Eichstätt (ddk) Was ist im Leben eigentlich wichtig? Was ist Glaube, woran kann man heute überhaupt glauben? Diese zentralen Fragen standen im Mittelpunkt des ersten "Spirit Poetry Slam", der von der Fakultät für Religionspädagogik der Katholischen Universität Eichstätt veranstaltet wurde.

Vor mehr als 150 begeisterten Zuschauern stellten sich neun zum Teil herausragende junge Slammerinnen und Slammer einem dichterischen Wettstreit der besonderen Art: In ihren selbst verfassten Texten, die sie mit viel Herzblut und Leidenschaft vortrugen, ging es um ihre Beziehung zu Gott und damit um existenzielle Befindlichkeiten, für die es großen Mut braucht, um sie vor großem Publikum offenzulegen. Dass dann mit der erst 15-jährigen Luzie ausgerechnet eine der jüngsten Teilnehmerinnen gewann, war symptomatisch für einen Abend voller Überraschungen, den man getrost unter die Rubrik "kulturelles Highlight" stellen kann.

Über Gott öffentlich zu reden, muss heute in unserer säkularisierten Welt als couragiert gelten. Und doch war am Anfang das Wort, wie Christoph Witzcak, Diözesanjugendseelsorger und Vorsitzender des Bundes Deutscher Katholischer Jugend (BDKJ), in seiner Begrüßung betonte. In der Aula der Fachakademie für Sozialpädagogik traten neun junge Menschen den Beweis dafür an und trugen ihre Unsicherheiten und Zweifel, aber auch ihre Glückserfahrungen und Hoffnungen auf ihrem persönlichen Weg zu Gott in Gedichten und Prosatexten vor.

Organisiert hatte den ungewöhnlichen Poetry Slam ein Seminar für Jugendpastoral der Fakultät für Religionspädagogik unter der Leitung von Simone Birkel. In diesem Seminar mit dem Titel "Poetry Slam - Reden von Gott als jugendpastoraler Event" wurde die Idee zu dem Wettstreit geboren und von den Studierenden intensiv weiterentwickelt. Denn ein Fest oder eine Veranstaltung zu organisieren, gehört schließlich auch zur beruflichen Wirklichkeit der späteren Religionspädagogen.

Durch den Abend führten zwei souveräne Moderatoren, die auch die Spielregeln des Wettbewerbs erklärten. Neben dem Studenten Thomas Rohde hatte das Organisationsteam um Simone Birkel, Laura Hiller und Bettina Heinrich mit Pauline Füg einen echten Poetry-Slam-Profi und eine überregional bestens bekannte Slammerin für die Veranstaltung gewinnen können. Beide begleiteten das Publikum durch drei Vorrunden mit jeweils drei Slammern, von denen aber immer nur einer in die Endrunde kam. Ermittelt wurde das Weiterkommen der Kandidaten, wie bei Poetry Slams üblich, durch die Intensität des Beifalls nach jeder Darbietung. Zwischen den Auftritten und in der Pause sorgten Benedikt und Max an Klarinette und E-Gitarre für die musikalische Umrahmung mit melodisch-jazzigen Improvisationen.

Die Slammer - allesamt Schüler und Studenten unter 27 Jahren, die noch nie zuvor an einem Gedichtwettstreit teilgenommen hatten - hielten in ihren poetisch dichten Texten viele Überraschungen parat. In drei Gruppen wurden die Sieger ermittelt, die dann zum Finale antraten: Jonas, Maria und Luzie. Jonas formulierte in seinem "Glaubensbekenntnis" seinen Glauben in mehreren Sprachen und baute immer wieder geschickt adaptierte Goethe-Zitate ein. Gott ist für ihn "der wahre Held, der die Welt im Innersten zusammenhält."

Maria ging in ihrem nachdenklichen Text "Würde" von Artikel 1 des Grundgesetzes aus: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Leider trifft dieser Satz heute weder für Menschen noch für Tiere oder Pflanzen zu, was die Slammerin durch drastische Beispiele belegte, die von der Waldrodung über die Massentierhaltung bis hin zu ausgrenzendem sprachlichen Verhalten reichen, denn "Worte machen Wunden im Herzen".

Der Sieg in diesem Poetry-Slam gelang der erst 15-jährigen Luzie, die voller Emphase einen sehr persönlichen Text vortrug, in dem sie ihre Gratwanderung zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Leben und Tod beschreibt, sich aber schließlich vorerst für das Leben entscheiden muss, bevor sie eine geliebte Person einst in der "Anders-Welt" wiedersehen darf: "Du wartest im Jenseits auf mich und ich stehe hier und denke an dich. Doch bis dahin werde ich leben und lachen und atmen und bleibe ich auf dieser Welt." Tiefe und reife Gedanken und Bilder bot sie in diesem finalen Vortrag, der das Publikum auch dazu bewog, sie zum Sieg zu applaudieren. Schreiben sei für sie die größte Leidenschaft und existenziell wichtig, beteuerte sie in einem abschließenden Gespräch. In ihr fand der erste Eichstätter "Spirit Poetry Slam" eine würdige Siegerin.