Eichstätt
"Unbezahlbare Arbeit am Menschen"

Mit einem Tag der offenen Tür feierte das Caritas-Kinderdorf Marienstein sein 40-jähriges Bestehen

18.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:10 Uhr

Foto: Dagmar Kusche

Eichstätt (EK) Besser hätte das Wetter am Sonntagnachmittag für eine große Jubiläumsfeier nicht sein können. Bei strahlendem Sonnenschein ließen sich Hunderte Besucher die Gelegenheit nicht entgehen, das Kinderdorf Marienstein zu besichtigen.

"Manchmal wünschte man sich, man hätte hier seine Kindheit verbracht", sagte Caritasdirektor Franz Mattes in seinen Begrüßungsworten. Das bestätigten viele Besucher spätestens nach ihrem Rundgang durch das Kinderdorf: "Hier wird eine unbezahlbare Arbeit am Menschen geleistet." Der Leiterin der Einrichtung Brigitte Radeljic-Radic und allen Erziehern und Erzieherinnen sprach Mattes seinen Dank für die intensive Förderung und liebevolle Begleitung der Kinder zu ihrem Platz in der Gesellschaft aus. Auch Oberbürgermeister Andreas Steppberger lobte anlässlich der Feier zum 40-jährigen Bestehen das Kinder- und Jugendhilfezentrum: "Hier oben findet man sofort ein Team, das wie eine Familie eng zusammenhält." Das Geheimrezept für diesen Zusammenhalt, gepaart mit einer ganz besonderen Atmosphäre lasse sich, so Steppberger, leicht knacken: "Liebe Menschen, professionelle Hilfestellung und Unterstützung, Gottvertrauen, Humor und ganz viel spürbare Freude an der Arbeit." Zuvor hatte auch Radeljic-Jakic Gruß- und Dankesworte an rund 100 im Speisesaal der Einrichtung anwesende Gäste gesprochen, darunter auch Schwester Esther Mayr, die das Kinderdorf 21 Jahre lang geleitet hatte. "Es ist schön, unser großes Schiff Kinderdorf in eine gute Richtung weiterlenken zu können", resümierte Radeljic-Jakic.

Mit welch breitem und abwechslungsreichem Angebot und in welch liebevoller Atmosphäre sich der Alltag für die derzeit 75 Kinder und Jugendlichen, die fest im Kinderdorf wohnen, und jene 45, die nur tagsüber hier betreut werden, gestaltet, davon erhielten alle Besucher einen unvergesslichen Eindruck. Alle Bereiche standen für die Gäste offen, überall informierten Erzieher über Angebote, Abläufe und Charakteristika der derzeit sieben heilpädagogischen und zwei intensivpädagogischen Wohngruppen. Und überall gab es kleine "Schmankerl". So führte Erzieherin und Kneipp-Expertin Christine Gruber Gäste in die Welt der Kneipp-Rezepturen ein. Im Kinderdorf als Kneipp-zertifizierte Einrichtung beschäftigen sich Kinder und Jugendliche mit gesunder Ernährung und Lebensweise oder fertigen aus Kräutern Duftöle an, wie Gruber zeigte. Ob Spinatsmoothie, der zum Kosten bereitstand, oder duftendes Lavendelöl, das vielen Kindern abends nach einer Massage beim Einschlafen helfe - "die Kinder nehmen dieses Gesundheitsprogramm mit großer Freude an".

Nicht minder beeindruckte die Besucher der Werkraum mit seinen eindrucksvollen Holzarbeiten, darunter die handgearbeiteten Kanuboote und die imposanten Bögen. Hier gab Walter Heller Einblicke in seine Langzeitprojekte. Die handwerkliche Arbeit erzeuge Nähe, Vertrauen, ja nahezu eine therapeutische Situation. Nicht selten entdeckten Jugendliche hier ihren zukünftigen Berufswunsch und damit ein Stück Identität.

Auch die einrichtungseigene private Schule des Kinderdorfs öffnete ihre Türen für die Besucher. Eine große Fotoausstellung bot lebendige Einblicke in die intensive Arbeit der Schule, die einen besonderen Schwerpunkt auf die soziale und emotionale Entwicklung der rund 100 Schülerinnen und Schüler legt. Viele Eltern zeigten sich sehr angetan von den liebevoll eingerichteten Klassenzimmern und den Projekten, die Schulleiter Josef Punz und Konrektor Wilhelm Schütz organisieren. In die Schule, die alle Klassen der Grund- und Mittelschule umfasst, gehen auch Kinder, die in Eichstätt und Umgebung in ihren Familien leben. Diese werden in zwei Gruppen in einer Heilpädagogischen Tagesstätte betreut; ein eigener Bereich "Therapie und Beratung" , so erfuhren interessierte Eltern, bietet allen im Kinderdorf die Chance, an Angeboten wie zum Beispiel Konzentrationstraining, Spieltherapie, Sport- und Erlebnispädagogik und familientherapeutisch orientierter Elternarbeit teilzunehmen.

Großer Anziehungskraft erfreuten sich am Tag der offenen Tür natürlich auch die Hüpfburg, der sonnige Spielplatz, Kinderschminken oder Balancieren auf der Slackline. Zum Jubiläum besonders gefragt war allerdings die frische Pizza aus dem kinderdorfeigenen Brotofen, um den herum sich, wie Erzieherin und "Bäckerin" Marion Reßler erklärte, bei Projekttagen, Feiern und besonderen Anlässen regelmäßig begeisterte Gruppen von Kindern und Jugendlichen versammelten.