Eichstätt
"Father Cullen hat keine Angst"

Missio-Präsident Wolfgang Huber über die Arbeit des Shalompreisträgers auf den Philippinen

05.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:11 Uhr

Father Shay Cullen (rechts) im Jugendwohnheim seiner Organisation Preda ("Peoples Recovery, Empowerment and Development Assistance Foundation") in Olongapo (Philippinen). Cullen nimmt am Samstagabend den Shalompreis in Eichstätt entgegen. Das Foto entstand im Frühjahr bei einem Besuch von Münchens Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber (2. von rechts). - Foto: Balbach/Missio München

Eichstätt (EK) Zum 30. Mal wird an diesem Samstagabend in Eichstätt der Shalompreis für Frieden und Gerechtigkeit vergeben. Mittlerweile gilt die Auszeichnung als höchst dotierter Menschenrechtspreis in Deutschland. Vergangenes Jahr kam ein Preisgeld von 24 500 Euro zusammen - ausschließlich generiert aus Spenden. In diesem Jahr geht der Preis an den 74-jährigen irischstämmigen Pater Shay Cullen, der auf den Philippinen wirkt und sich dort für die Opfer sexueller Gewalt einsetzt. Die Früchte seiner Arbeit - im wahrsten Sinn des Wortes - kommen über den Fairen Handel in Deutschland an. So stammen etwa die in den Eine-Welt-Läden angebotenen Mangos oftmals aus der Produktion der von Cullen in den 1970er-Jahren gegründeten Organisation "Recovery, Emá †powerment and Development Assistance" (Preda). Der Präsident des Päpstlichen Hilfswerks Missio München, Monsignore Wolfgang Huber, hat Cullen erst im Februar besucht und berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung über dessen Arbeit.

Monsignore Huber, die von Father Shay Cullen gegründete Organsiation Preda ist mehr als eine Mango-Fabrik.

Wolfgang Huber: Was mit der Mango-Fabrik erwirtschaftet wird, soll anderen Dingen dienen. Der Handel mit den Mangos soll die Möglichkeit schaffen, dass den Menschen dort über Fairen Handel geholfen werden kann. Gegründet wurde Preda letztlich ja, um die Menschen dort zu unterstützen, die in schwierigen Situationen sind. Ausgang für die Gründung war die Hilfe für Folter- und Missbrauchsopfer während des Marcos-Regimes auf den Philippinen (1965 bis 1986, ab 1972 Diktatur, d. Red.). Außerdem kämpft Cullen gegen Zwangsprostitution, Kinderhandel, Sextourismus und engagiert sich für Jugendliche, die im Gefängnis sitzen.

 

Der Kampf, den Father Cullen führt, ist aber sicher kein einfacher.

Huber: Das sicher nicht: Wenn Sie durch Olongapo fahren, sehen Sie ganz offensichtlich, dass das eine Stadt ist, in der sich Sextouristen aufhalten. Father Cullen versucht dort, die jungen Mädchen, die in diesen Kinderhandel hineingeraten, herauszuholen. Das gibt auch Gegenwehr. Aber Shay Cullen ist ein aufrechter Mann, der auch da hingeht, wo es brenzlig ist. Er sagt: ,Es geht darum, dass diese Kinder, diese Mädchen und Buben, eine Würde haben, und ihr sollt mit ihnen so umgehen.' Das Wegholen aus diesem Milieu ist oft auch nicht ganz einfach, weil manche Familien durchaus ein Interesse haben, dass die Kinder dort Geld verdienen.

 

Wie hilft Preda diesen Opfern?

Huber: Den Kindern wird die Möglichkeit geboten, in einem Wohnheim in geschütztem Rahmen psychologische Hilfe zu bekommen. Sie können dort eine Ausbildung machen und anschließend eine Möglichkeit finden, in einer entsprechenden Art und Weise mit Selbstwertgefühl einer Arbeit nachzugehen. Auch eine Rückführung in die Familien ist möglich.

 

Wird Father Cullen dann bedroht oder muss er bisweilen um sein Leben fürchten?

Huber: Er ist immer wieder Bedrohungen ausgesetzt. Aber er ist auch jemand, der nicht nur auf den unteren Ebenen arbeitet, sondern immer wieder gegenüber den Regierungen und den Ministerien auftritt. Ich habe schon den Eindruck, dass von ihm eine Atmosphäre ausgeht, dass die anderen Leute ihn respektieren.

 

Father Cullen hat schon viele, die in der Sex-Mafia an vorderer Front mitmischen, hinter Gitter gebracht.

Huber: Das ist richtig. Ich denke, dass gerade aus diesem Bereich immer wieder welche auch auf ihn losgehen. Aber er sagt: ,Ich habe keine Angst, mein Glaube ist mir wichtig. Wir haben den Auftrag, die Botschaft der Liebe Gottes zu den Menschen hier zu verwirklichen. Das muss auch hier ganz konkret gelebt werden.'

 

Diese Sex-Mafia ist aber doch ein schier undurchdringbares Netzwerk. Kann da ein Einzelner überhaupt so viel ausrichten?

Huber: Das ist eine typisch deutsche Frage. Wenn wir nicht anfangen, in dem Umfeld, in dem wir leben, das zu verwirklichen, was uns wichtig ist, dann brauchen wir überhaupt nichts tun. Die Hände in den Schoß zu legen und es uns gut gehen zu lassen ist nicht unsere Aufgabe. Father Cullen hat auch Unterstützter - bei sich direkt vor Ort, aber auch hier aus der westlichen Welt. Wir von Missio engagieren uns hier stark, nicht nur finanziell, sondern auch ideell.

 

1969 wurde Cullen von Irland aus als Missionar auf die Philippinen geschickt. Jetzt bekommt er den Shalompreis, einen der renommiertesten Menschenrechtspreise hierzulande.

Huber: Darüber hat sich Faá †ther Cullen sehr gefreut, weil das in zweierlei Hinsicht für ihn auch eine wichtige Sache ist: Durch die Auszeichnung rückt wieder in den Mittelpunkt, dass auf den Philippinen die Wahrung der Menschenrechte auf den höchsten Ebenen nicht im Blick ist und dass der weltweite Friede eine wichtige Angelegenheit ist. Natürlich ist auch die finanzielle Unterstützung eine willkommen Möglichkeit, wieder bestimmte Dinge zu initiieren.

 

Ihr Hilfswerk schlägt immer wieder Preisträger für den Shalompreis vor. Wie wichtig ist so ein Preis, auch für die Empfänger?

Huber: Für uns als päpstliches Missionswerk geht es darum, dass wir vor allen Dingen in den Ländern Afrikas, Asiens und Ozeaniens mit dazu beitragen, dass Menschen Lebensqualität bekommen und sie auch erhalten können. Für uns ist ganz wichtig, dass wir hier, die wir in einer recht friedlichen Welt leben, sehen, dass das Zeugnis des Glaubens woanders wesentlich herausfordernder ist und es wesentlich mehr Einsatzes bedarf. Und um dies unterstützen zu können, ist ein solcher Preis für uns sehr wichtig, weil dann eine ganze Reihe Menschen wieder auf diese Tatsachen aufmerksam gemacht werden können.

 

Das Gespräch führte Marco Schneider.