Eichstätt
Schießen inklusive

Von der Verwaltung bis zum Metzger: Schüler machen bei Praktikum ungewöhnliche Erfahrungen

31.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Ein Verwaltungsjob macht ihr Spaß – die 15-jährige Maria Wenzel arbeitet im Priesterseminar (Bild oben). Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen: Jonas Ferstl arbeitet beim Metzger und darf auch Würste machen (Bild rechts unten). Praktikanten bei der Bereitschaftspolizei – das Polizeiauto bietet die eine oder andere Überraschung (Bild links Mitte). Bei der Firma Weitner sind drei Praktikanten untergekommen. Sie dürfen sogar an großen Maschinen arbeiten (Bild links unten). - Fotos: Sterner/Ketterl

Eichstätt (EK) „Ich will Polizistin werden.“ Das wusste die 15-jährige Annika Vorig vom Willibald-Gymnasium schon, bevor sie ihr Praktikum bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei (Bepo) in Eichstätt antrat.

Doch die Erfahrungen dieser Woche haben sie in ihrem Berufswunsch noch bestärkt. Das ist auch Sinn und Zweck des Praktikums, das die Neuntklässler vor Schuljahresende absolviert haben. Es dient der Berufsorientierung. Annika Vorig hat sich wie Nadine Meyer und Atle Skogmo für die Bepo entschieden. Während des gesamten Praktikums sind alle Schüler Teil eines Ausbildungsseminars und nehmen am regulären Polizeiunterricht teil. Das heißt: Bereits um 7.05 Uhr ist Dienstbeginn – mit einem 30-minütigen Dauerlauf. Danach wird die Schulbank gedrückt: Paragrafen büffeln, die Rechte und Pflichten eines Polizisten kennenlernen. Auch Schießunterricht steht auf dem Lehrplan. Nachdem alle Beamten um 11.25 Uhr gemeinsam Mittag gegessen haben, geht es um 12.25 Uhr mit einer Funkübung weiter.

„Ich habe gedacht, dass es bei der Polizei strenger zugeht.“ Diese Annahme von Atle Skogmo hat sich nicht bestätigt. Entgegen den Erwartungen ist das Verhältnis zwischen den Ausbildern und den Azubis nämlich fast freundschaftlich. Vor allem aber die Arbeit mit den Computerspezialisten fasziniert die Jugendlichen. Sogar mit geheimen Codes haben sie zu tun. Nicht zuletzt deshalb mussten sie eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen, wie Polizeihauptkommissar Christian Heimisch bestätigt, der für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Zwischen 16 und 16.30 Uhr ist der Arbeitstag für die Praktikanten zu Ende.

Ebenfalls früh aus den Federn muss Jonas Ferstl. Er ist bei der Metzgerei Schneider und fängt bereits um 7 Uhr zu arbeiten an. Der Umgang mit Fleisch ist für ihn kein Problem, da er schon von klein auf seinem Opa, einem Jäger, bei der Arbeit mit dem erlegten Wild geholfen hat. So entwickelte er ein Interesse für den Metzgerberuf. „Ich nenne es nicht Berufspraktikum, sondern interessendeckendes Praktikum“, erzählt Jonas. Obwohl oder gerade weil er der zurzeit einzige Praktikant ist, darf er bei nahezu allen Arbeiten, wie Schlachten, Fleisch zerlegen und Schnitzel klopfen, in der großen Metzgerei helfen. Besonders überraschend war für ihn der lockere Umgang untereinander. Deshalb meint er auch: „Metzger ist ein zwar anstrengender Beruf, aber schön auf jeden Fall.“ Auch die Arbeitszeiten sind mit einer kurzen Frühstückspause, in der es selbst gemachte Würstchen gibt, und 45 Minuten Mittagspause schülerfreundlich. Nachmittags geht es etwas ruhiger zu. Da werden lediglich die Vorbereitungen für den nächsten Tag getroffen; ein Metzger beginnt seine Arbeit um 4 Uhr, was natürlich nicht für Jonas Ferstl gilt. Er beurteilt sein Praktikum positiv. „Aber da ich das Willibald-Gymnasium besuche, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ich den Beruf Metzger erlerne, da ich einen sportlichen Beruf haben will“, resümiert er. Der Chef, Martin Schneider, wird es mit einem gewissen Bedauern hören, denn er ist mit seinem dritten Praktikanten in diesem Jahr sehr zufrieden. Einen Verwaltungsberuf ausgesucht hat sich Maria Wenzel: Sie arbeitet im Priesterseminar. „Es gefällt mir gut“, sagt sie, „da es sehr abwechslungsreich ist.“ Sie arbeitet mit Magdalena Ostermeier zusammen, die hier gerade ihre Lehre absolviert und, obwohl Azubi, in diesem Zweigespann die Chefinnenrolle innehat. Maria Wenzel, die die Mittelschule Schottenau besucht, darf Rechnungen schreiben, Briefe entwerfen und neue Ablagemappen erstellen. Wie gut sie bereits eingearbeitet ist, darf sie am dritten Praktikumstag zeigen: Magdalena Ostermeier besucht heute die Berufsschule und Maria Wenzel stempelt selbstständig die Post ab, erledigt Botengänge und trägt Lieferscheine in Karteikarten ein. Da auch ihre Tante im Priesterseminar tätig ist, sieht sie dieses Praktikum als gute Chance, mehr Einblick in diesen Beruf zu bekommen. Besonders überrascht sie die Freundlichkeit und Gelassenheit der Mitarbeiter. Schlussendlich kann sie sich vorstellen, später einmal im Priesterseminar zu arbeiten.

Auch die drei Praktikanten in der Firma Weitner haben viel zu tun. Bereits um 6.45 Uhr fängt der Arbeitstag an. Auf Alexander Linde, Marcel Jasmann und Christian Hein, alle Schüler der Mittelschule Schottenau, stürmt viel Neues ein. Sie lernen alle Bereiche in der Lehrwerkstatt kennen. Fräsen, Drehen, Montage – nichts wird ausgelassen. „Wir durften gleich mit großen Maschinen arbeiten“, freut sich Alexander. Das hätte er nicht erwartet. Sie hatten schon im Vorfeld gedacht, dass es ihnen gefallen würde. Sie behalten recht. Allerdings müssen sie viel stehen.

In der Firma Weitner dürfen Praktikanten in jeder Abteilung arbeiten; auf diese Weise bekommen sie einen vielschichtigen Einblick in diese Berufswelt. Zudem sind die Mitarbeiter freundlich und hilfsbereit. Das sorgt für ein gutes Arbeitsklima. „Wir würden das Praktikum weiterempfehlen“, sagen alle drei übereinstimmend. Einer kann sich sogar vorstellen, sich nach der Mittleren Reife bei Weitner zu bewerben.

Auch der Praktikumsleiter Christian Bittl ist sehr zufrieden. Mehr als 50 Praktikanten kommen jedes Jahr zu der weltweit operierenden Maschinenbaufirma. Wie Bittl weiter berichtet, bewerben sich davon durchschnittlich ein bis zwei um einen Ausbildungsplatz. Bittl ist voll des Lobes für die Praktikanten. Nur ein Problem gebe es manchmal: „Der ein oder andere vergisst mal seine Sicherheitsschuhe.“

Die beiden Autoren des Beitrags, Florian Ketterl vom Willibald-Gymnasium und Julia Sterner von der Mittelschule Schottenau, waren eine Woche Praktikanten beim EICHSTÄTTER KURIER und haben während dieser Zeit unter anderem diesen Beitrag recherchiert und verfasst sowie die Fotos erstellt.