Eichstätt
Schäden gravierender als gedacht

Restaurierung der Dom-Westfassade zieht sich hin – Repliken könnten Originalfiguren ersetzen

29.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Die Heiligenfiguren der Dom-Westfassade sind derzeit nur auf einem Transparent dargestellt. Aus dieser Entfernung lassen sich die Details gut erkennen. Die Originalfiguren stehen normalerweise in 25 Meter Höhe. Bei einem Ortstermin informierten Marianne Gremmelspacher und Frauke Monnerjan vom Staatlichen Bauamt (von links) sowie Diözesanbaudirektor Richard Breitenhuber (rechts) Standortbeauftragte Beate Michel, Tourismuschef Lars Bender und Dompfarrer Josef Blomenhofer über die Maßnahme. - Foto: baj

Eichstätt (EK) Die Dom-Westfassade bröckelt – mal wieder. Die mächtigen Steinfiguren sind bereits im Herbst heruntergenommen worden. Auch sie weisen gravierende Schäden auf. Schon jetzt ist klar, dass das anvisierte Restaurierungsende im Oktober nicht haltbar ist. Und es wird offensichtlich teurer.

Inzwischen werden unorthodoxe Pläne gewälzt: Die arg maroden Figuren könnten durch Repliken ersetzt werden. Die Westfassade des Doms ist ein Sorgenkind des Staatlichen Bauamts. Schuld daran ist ihr Schöpfer selbst, der berühmte Gabriel de Gabrieli, sagt jedenfalls Architektin Marianne Gremmelspacher vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt.

Die Verantwortlichen für die Fassaden- und Figurenrenovierung tauschten sich jetzt über das weitere Vorgehen aus. Die Sorgenfalten sind tief. Die Schäden sind groß. Wann sie tatsächlich behoben sein werden, konnte Gremmelspacher nicht sagen. Bis 2016 werden sich die Arbeiten auf jeden Fall noch hinziehen. Ein exakter Termin stehe noch nicht fest, so die Architektin weiter.

Auch die Kosten werden steigen. Vor Beginn der Arbeiten gab es eine Schätzung von 400 000 Euro. „Die könnte sich verändern“, so Gremmelspacher – ohne sich genau festlegen zu wollen.

Wasser ist tief ins Fassadengestein eingedrungen, haben die Fachleute festgestellt. „Wir haben eine der Blecheindeckungen abgenommen. Darunter war es patschnass“, sagte Gremmelspacher. Man werde wohl sämtliche dieser Eindeckungen abnehmen und erneuern müssen.

Schäden begleiten dieses Bauwerk fast seit Fertigstellung (siehe eigenen Artikel). Gabrieli hatte die barocke Fassade von 1716 bis 1718 dem romanischen Westchor vorgeblendet. „Er hat eine italienische Steinfassade im nordalpinen Raum ausgeführt“, analysierte Gremmelspacher. Das hat schiefgehen müssen. Die Architektin formuliert es zwar nicht so krass, aber genau dieser Satz schwingt mit in ihrer Begutachtung.

Die Fassade, ausgeführt aus heimischem Juramarmor, ist extremen Belastungen ausgesetzt. Der Schlagregen prasselt auf sie ein, im Winter herrschen Temperaturen bis minus 30 Grad. „Im Sommer können Sie auf den Metalleindeckungen Spiegeleier braten.“ Die Temperaturschwankungen übers Jahr betragen also rund 90 Grad. Das muss ein Stein erst einmal aushalten. Tut er auch nur bedingt.

Nicht gut steht es deshalb auch um die Figuren. Besonders in Mitleidenschaft gezogen ist Willibald, bei dem schon bei früheren Restaurierungen der eine oder andere Teil ersetzt werden musste. Einige der Schäden sind mit bloßem Auge zu erkennen, die meisten aber nur mit Spezialverfahren. Dabei stellte sich heraus, dass einige der Haarrisse sich durch die gesamten, bis zu drei Meter hohen Figuren hindurchziehen.

„Die Risse werden nun geschlossen, verklebt oder verdübelt und verklammert“, erklärte Baudirektor Richard Breitenhuber, der Leiter des Diözesanbauamtes. Früher hätten die Restauratoren versucht, den der Witterung ausgesetzten Stein zu imprägnieren oder mit Kunstharz zu tränken. So sei vor etwa 20 Jahren mit den Heiligenfiguren verfahren worden. „Davon ist man weggegangen, weil sich die bauphysikalischen Eigenschaften total verändern.“ Offensichtlich hat das Harz den Stein spröder gemacht. Jetzt kehre man wieder zu der Methode zurück, die Steinmetze schon vor Jahrhunderten angewendet hatten: zerstörte Partien erneuern oder ergänzen.

Etwa Neues soll dennoch probiert werden: Die Figuren sollen nicht mehr auf den Sockeln festzementiert, sondern „aufgesteckt“ werden und durch ihr Eigengewicht halten. Immerhin wiegt jede mindestens zweieinhalb Tonnen.

Wenn sie denn tatsächlich wieder auf ihren angestammten Platz kommen. Noch steht das Thema nicht auf der Tagesordnung. Doch könnte die Diskussion aufkeimen, die Figuren durch Nachbildungen zu ersetzen und die Originale im Dom oder jedenfalls in einem geschützten Raum aufzustellen. „Wenn die hohen Schäden nicht mehr verantwortbar sind, ist das eine Option“, verdeutlicht der Leiter des Diözesanbauamtes, Richard Breitenhuber. Dompfarrer Josef Blomenhofer würde sich einer solchen Lösung wohl nicht widersetzen: „Das überlasse ich den Fachleuten.“