Eichstätt
"Pädagogik der Achtsamkeit"

04.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:26 Uhr

Eichstätt (DK) Für Realschüler gibt es ab dem nächsten Schuljahr in Eichstätt ein ganz neues Angebot, das in Bayern einmalig ist. In einer Ganztagesklasse, die im Kloster Rebdorf angesiedelt ist, werden Mädchen und Jungen gemeinsam nach der so genanten Marchtaler Pädagogik unterrichtet.

Die Schulabteilung der Diözese Eichstätt unter Leitung von Peter Nothaft hat in enger Abstimmung entschieden, diese neue gemischte Ganztagesklasse einzurichten. Die Leitung liegt bei der Mädchenrealschule Maria Ward, Schulort wird aber die Knabenrealschule Rebdorf. Gestartet wird mit einer einzelnen fünften Klasse, die Verantwortlichen rechnen mit 25 bis 30 Schülerinnen und Schülern.

Die neue Klasse wird einen "gebundenen Ganztagsunterricht" erhalten – es handelt sich also um eine echte Ganztagsschule im Unterschied zur bereits bestehenden "offenen" Ganztagsbetreuung, bei der der eigentliche Unterricht nach wie vor nur vormittags stattfindet. Das wesentliche ist aber die "kirchliche Reformpädagogik" nach dem so genannten Marchtaler Plan, der in der neuen Klasse zum Einsatz kommt. In Bayern wird dieses Unterrichtsmodell bisher nur an einigen wenigen Hauptschulen verwendet, in anderen Bundesländern dagegen hat es sich längst auch in den weiterführenden Schulen bewährt.

Zu den Experten für die Marchtaler Pädagogik gehört in Bayern die Pädagogikprofessorin Barbara Staudigl – und sie ist gleichzeitig die Rektorin der Eichstätter Mädchenrealschule Maria Ward. So kommt es nicht von ungefähr, dass der Marchtaler Plan seine bayerische Realschul-Premiere gerade in Eichstätt bekommt. An der Realschule Maria Ward ist man bereits eifrig dabei, möglichst viele Lehrkräfte in dieser neuen Pädagogikform zu schulen. 25 Lehrerinnen und Lehrer durchlaufen momentan entsprechende intensive Fortbildungen, und in Maria Ward werden bereits jetzt im konventionellen Unterricht Marchtaler Methoden verwendet: Es gibt zum Beispiel den regelmäßigen Morgenkreis der Schulklasse.

In der neuen Klasse freilich wird das Konzept nun mit ganzer Systematik eingeführt werden – und die Premiere wird auch auf höchster Ebene mit großem Interesse verfolgt: "Wir machen das als staatlich anerkannte Realschule, alles ist mit der staatlichen Schulaufsicht ganz eng abgestimmt, und wir haben Rückendeckung vom Kultusministerium", betont Peter Nothaft von der Diözese. Für die Marchtaler Pädagogik sieht Nothaft an allen bayerischen Schulen in kirchlicher Trägerschaft eine große Zukunft: "Die Bischöfe entdecken ein Juwel, da gibt es eine richtige Aufbruchstimmung." Denn die Kirche habe das klare Ziel, ihre Schulen deutlicher erkennbar zu machen, ihr Profil zu schärfen." Und was liege da näher, als die in katholischen Schulen entwickelte Reformpädagogik: "Der Marchtaler Plan fußt auf dem christlichen Menschenbild, ganz wichtig ist dabei der Umgang miteinander." Es sei eine "Pädagogik der Achtsamkeit".

Dazu gehört dann auch ein eigener Lehrplan, der es ermöglicht, den Stoff nicht nach Fächern, sondern nach Themen zu behandeln, für die jedes Fach seinen Anteil beisteuert. Dazu kommen viele musische Angebote. Die Hausaufgaben sind übrigens am Ende des Nachmittags schon gemacht. Das Wissen, dass die Schüler am Ende haben, wird sich nicht von dem der anderen Realschüler unterscheiden – ein Wechsel in die konventionelle Klasse ist so jederzeit möglich.