Eichstätt
Offenheit, Hilfsbereitschaft, Unsicherheit

Heute treffen die Flüchtlinge ein – Bereitschaftspolizei hilft bei Einrichtung des Lagers am Residenzplatz

01.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

 

Eichstätt (EK) Sozialministerin Emilia Müller (CSU) hat am Dienstagabend aus Eichstätt wohl drei Eindrücke mitgenommen: Offenheit, Hilfsbereitschaft, aber auch Unsicherheit. Das geplante Erstaufnahmelager für Flüchtlinge am Residenzplatz bewegt die Menschen – vielfach positiv.

Bei allem Lob für das Angebot der Diözese, die ehemalige Realschule als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen, gab es bei der großangelegten Bürgerversammlung im Alten Stadttheater viele Nachfragen – die teilweise auch von Unsicherheit geprägt waren. Beeindruckend ist derweil die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, wie sie bei der Info-Veranstaltung bereits zum Ausdruck gebracht wurde (siehe eigenen Bericht). Die von vielen Bürgern gestellten Fragen drehten sich um die Sicherheit in der Stadt und die Gesundheitskontrolle der Flüchtlinge. Das war auch noch einmal Thema bei einem Jour fixe gestern im Landratsamt. Der Tenor bei beiden Veranstaltungen: „Machen Sie sich keine Sorgen“ (siehe auch Interview).

Es gibt im Gebäude einen Wachdienst, „24 Stunden, sieben Tage“, betonte Oberbürgermeister Andreas Steppberger. Seit gestern Vormittag steht auch fest, wer das übernimmt: Es ist, so bestätigte ein Sprecher der oberbayerischen Bezirksregierung, dieselbe Firma, die auch in der Münchner Bayernkaserne den Sicherheitsdienst bestreitet. Dass ausgerechnet jetzt „Negativbotschaften“ in diesem Zusammenhang die Medien prägten, bedauerte Landrat Anton Knapp. Aber: „Wir sind auch hier guten Mutes.“ Die Sozialministerin ergänzte: „Sie haben es hier nicht mit Einrichtungen wie Zirndorf oder München zu tun.“

Der Garten der Anlage sei nicht zu vergessen, so Müller. Er würde den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt, sie hätten dort viel Bewegungsfreiheit. „Das ist eine Qualität, die wohl bundesweit einmalig ist“, meinte Regierungspräsident Christoph Hillenbrand. Er ermunterte die Eichstätter, die Flüchtlinge offen aufzunehmen: „Sprechen Sie die Leute an, wenn Sie Ihnen begegnen.“ Dann würde man feststellen: „Diese Menschen sind aufgeschlossen.“ Müller sagte: „Meine Erfahrung zeigt mir, dass die Menschen, die hier ankommen, Angst haben nach ihrem langen Weg.“ Die Flüchtlinge seien in der ersten Zeit vor allem mit sich selbst beschäftigt, versucht Müller Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung zu beruhigen. „Wir wollen nicht, dass hier eine Gefahr besteht.“

Nach der Erstaufnahme – die Registrierung versuche man in Eichstätt zu bewerkstelligen – werden die Identitäten der Flüchtlinge festgestellt und medizinische Kontrollen stehen an. Hier arbeite man eng mit dem Gesundheitsamt und der Klinik sowie niedergelassenen Ärzten zusammen, erklärte Ministerin Müller. Neben einer Röntgenaufnahme gebe es Blut- und Urinproben, die Flüchtlinge würden auf Hepatitis, HIV und andere Krankheiten getestet. Würde hier etwas festgestellt, „werden wir handeln“, hieß es gestern beim Jour fixe der beteiligten Behörden im Landratsamt. Reiner von Spannenberg, der Leiter des Rot-Kreuz-Rettungsdienstes, warnte beim morgendlichen Treffen im Landratsamt allerdings vor Panikmache: „Wir dürfen in keine Hysterien verfallen.“ Notwendige Erste Hilfe können die Malteser leisten. Der Hilfsdienst ist bereits heute mit einem Betreuungsstab in der Maria-Ward-Schule, wenn die ersten Flüchtlingsbusse in Eichstätt eintreffen. Dann ist auch die Großküche der Caritas Ingolstadt vorbereitet: Wie Michael Rinnagl beim Jour fixe im Landratsamt gestern sagte, kann die Caritas heute bis zu 200 Essen liefern. Frühstück und Abendessen bringt die Küche des Jugendhauses Schloss Pfünz.

Übrigens müssen sich die Schulen nicht umstellen: Während des Erstaufnahmeverfahrens – und nur solche Asylbewerber kommen in die Unterkunft am Residenzplatz – besteht für die Kinder und Jugendlichen keine Schulpflicht. „Unbegleitete Minderjährige“, wie junge Flüchtlinge bis 14 Jahre bezeichnet werden, die ohne Eltern unterwegs sind, kommen ebenfalls nicht in der Maria-Ward-Schule unter, sondern werden in den Containerwohnungen an der Berufsschule untergebracht und vom Jugendamt betreut.

Gestern haben rund 60 Bereitschaftspolizisten und weitere Helfer das Maria-Ward-Gebäude möbliert. Im Lauf des Tages wurden mehrere große Lastwagen mit Spinden, Toilettenpapier und Hochbetten geliefert. Im Hof stehen zwei große Duschcontainer. „Es ist unwahrscheinlich, wie hier alle mitgewirkt haben“, sagte Landrat Knapp. Er könne nur „Vergelt’s Gott“ sagen. Am Nachmittag traf dann auch der von der Regierung bestellte Verwaltungsleiter Michael Fütterer ein und machte sich ein erstes Bild von der Lage.