Eichstätt
"Nicht nur buchhalterisch denken"

Diskussion mit Vertreter des Wissenschaftsministeriums über theologische Fakultäten

05.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:50 Uhr

Diskutierten über die Zukunft der Theologie (von links): Professor Stephan Haering, Professor Ludwig Mödl, Dr. Eva Bucher, Dr. Stephanie von Luttitz (Moderation), Ministerialdirigent Dr. Michael Mihatsch und  Professor Dr. Veit Neumann. - Foto: Wächter

Eichstätt (ven) Im Priesterseminar Eichstätt diskutierten am Freitag in einem Symposium Fachleute über die Zukunft der Theologie und die katholisch-theologischen Fakultäten in Bayern. Veranstalter waren der Alfons-Fleischmann-Verein zur Unterstützung der Katholischen Universität (AFV) und die Akademie des Cartellverbands (CV) mit Sitz in Bad Honnef.

2019 werden Gespräche zwischen der Freisinger Bischofskonferenz und der Staatsregierung stattfinden, wie es ab 2022 mit den reduzierten theologischen Fakultäten in Bamberg und Passau weitergeht. Dabei dürfte nach Einschätzung die Lage der gesamten Theologie im Freistaat ebenfalls im Blick stehen. Professor Dr. Stephan Haering, Kirchenrechtler an der Ludwig-Maximilians-Universität München und in der abgelaufenen Periode Mitglied des Hochschulrats der KU, erklärte während des Symposiums, dieser Diskussionsprozess sei sinnvollerweise durch den Verein angestoßen worden.

Dr. Michael Mihatsch, Ministerialdirigent im Bayerischen Wissenschaftsministerium, sagte, es sei nie zu früh, sich über die in Frage stehenden Dinge Gedanken zu machen. 2007 waren die katholisch-theologischen Fakultäten von Bamberg und Passau in eine Art Ruhezustand versetzt worden. Mihatsch: "Es ist gut, dass jetzt der Prozess beginnt, in dem Argumente gesammelt werden." Der Ministerialdirigent ist in die Vorbereitung künftiger administrativer Entscheidungen eingebunden. In Eichstätt sagte er, es gelte, zur rechten Zeit Argumente für eine gute Entscheidung zu bedenken.

In der Form von Denkanstößen stellte Mihatsch mögliche Kriterien vor, die für eine Entscheidung maßgeblich sind. Er sprach davon, "nicht nur buchhalterisch zu denken". Mihatsch verwies auf die überraschend deutlich gestiegenen Zahlen der Studenten im Vollstudium Theologie in Bayern und in ganz Deutschland. Zuerst gehe es um Fragen der Qualität, was das Wirken der Fakultäten betrifft. Die Wissenschaftsfreiheit verbiete es allerdings, dass sich der Staat in qualitativer Hinsicht ein Bild vom Wirken der Fakultäten macht. Das bedeutet jedoch nicht, dass dem Staat die Qualität gleichgültig wäre. Mihatsch gab zu bedenken, dass Bayern das einzige Land in der Bundesrepublik sei, das bisher katholisch-theologische Fakultäten reduziert habe. "Wir haben unsere Hausaufgaben schon gemacht", sagte der Beamte. Auch die Regionalisierung von Bildungsstrukturen sei in Bayern, wie am Ausbau der Fachhochschulen zu sehen, ein "Riesen-Thema". Die Theologie sei nicht zuletzt als ein Kulturgut zu sehen.

Professor Dr. Ludwig Mödl, Münchner Pastoraltheologe und gefragter Ratgeber, der selbst lange Jahre als Regens in Eichstätt gewirkt hatte, griff die Empfehlungen des Wissenschaftsrates von 2010 auf und deutete dessen Anregungen, die sich auf die Theologie beziehen. Sie bringen ins Gespräch, islamische Theologie wie auch die Judaistik stärker zu würdigen. Grundsätzlich anerkennt der Wissenschaftsrat die Standards der christlichen Theologie als Wissenschaft. Prälat Mödl sagte, es müsse gefragt werden, was zu tun ist, damit "unsere Theologie effektiv in die Gesellschaft und in die Kirche hineinwirkt". Der Pastoraltheologe forderte dazu auf, den Blick über die Fachgrenzen hinaus zu wagen und auch zu organisieren.

Professor Mödl hob Josef Wohlmuths Aussage hervor, der sich gegen eine Universität ausgesprochen hat, an der es ausschließlich auf "das Wissen und das Mehrwissen" ankommt. Aus eigener Erfahrung, so Mödl, wisse er allerdings, dass "ohne Leidensdruck an einer Fakultät nichts geschieht".

Die Frankfurter Religionsphilosophin Dr. Eva Bucher zeigte, wie sich die Theologie an der Universität nicht nur behaupten, sondern wie sie ihre Stärken dort entfalten kann. Dabei stützte sie sich auf den maßgeblichen Aufklärungsphilosophen, Immanuel Kant. Für ihn war die Theologie keine peinliche Marginalie, für die sich die Universität schämen müsste, sondern eine Art Herzstück der Aufklärung. Mit Kant sei außerdem zu sagen, dass der dauerhafte universitäre Streit um die Theologie und um die Religion das beste Mittel gegen Fundamentalismus und für Aufklärung, Fortschritt und Wahrheit sei. Dieser "institutionalisierte Dissens" bildet mit seinem Werk "Der Streit der Fakultäten" den Kern der Universität.

Zuvor hatte Professor Haering die staatskirchenrechtlichen Grundlagen der theologischen Fakultäten und Einrichtungen in Bayern erörtert. Abschließend referierte der St. Pöltener Pastoraltheologe Professor Dr. Veit Neumann über die Sicht von Journalisten in deutschsprachigen Qualitätszeitungen auf die katholische Theologie.