Eichstätt
Menschenwürde als Maxime

Günther Beckstein sprach bei Kolping über Politik und Religion

26.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:11 Uhr

Rita Böhm, Vorsitzende des Kolping-Erwachsenen-Bildungswerks, überreichte als Geschenk einen Kolping-Regenschirm, damit Günther Beckstein immer mit Kolping unterwegs sein könne. Das Honorar spendet der Redner üblicherweise dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM). - Foto: zba

Eichstätt (EK) Günther Beckstein, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident und Mitglied der Landessynode der evangelischen Kirche, hielt die diesjährige Spiegelsaalrede des Kolping-Erwachsenen-Bildungswerks zum Thema „Christ und Politik – Zusammenspiel von Religion und Politik“.

Da er keine politischen Ämter mehr innehat, ging Beckstein das Thema auch sehr persönlich an. Aufgrund seiner christlichen Prägung automatisch zur CSU gekommen, habe er hier die Möglichkeit gesehen, die Politik auf der Basis christlicher Grundwerte aufzubauen.

Die Maxime seines politischen Handelns aber sei die biblische Aussage, dass der Mensch Gottes Ebenbild sei, was auch im Artikel 1 des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – grundgelegt sei: Das Postulat der Menschenwürde gelte für den dementen alten Mann genauso wie für den Nobelpreisträger, für die alte Frau ebenso wie für die Miss World. Die Menschenrechte, so Beckstein, seien auch Grundlage in der Asyl- und Sozialpolitik. Hier erzählte der Referent, dass er bei seinen Ämtern in München stets die Figur des heiligen Antonius auf seinem Schreibtisch gehabt habe, der ihm täglich gesagt habe: „Denk daran, vor dem Herrgott hat jeder die gleiche Menschenwürde!“

Beckstein verschwieg auch nicht die große Spannung, in der er vor allem als Innenminister bei vielen schwierigen Entscheidungen der realen Politik gestanden habe. Als Beispiel nannte er die Gesetzgebung zur Abtreibung: „Ich habe Probleme mit diesen Gesetzen, wie kann man das Leben im Mutterleib am besten schützen“

Weitere in seinem Referat genannte Problemfelder waren der Umgang mit der Sterbehilfe und der Mangel an Pflegekräften. Beckstein forderte: „Wir müssen deutlich besser werden bei der Begleitung von Sterbenden. Wir müssen alles unternehmen, dass die Pflege im Ansehen und finanziell besser bewertet wird.“ In der Familienpolitik räumte Beckstein Versäumnisse in der außerfamiliären Betreuung ein. Man habe die Notwendigkeit zu spät erkannt. Aber mittlerweile habe sich etwas geändert, und Bayern sei nun an der Spitze in Deutschland.

Christ und Politik heißt nach den Worten Becksteins ferner das Einfordern einer Wirtschaftsordnung, die nicht pur kapitalistisch ist, sondern in der katholischen Soziallehre beziehungsweise evangelischen Sozialethik begründet sei. Allerdings, so räumte er ein, sei die Regulierung der Marktwirtschaft in der globalisierten Welt sehr schwierig. Man müsse aber die weltweite Finanzpolitik in den Griff bekommen: „Es darf nicht sein, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.“

Klar Stellung bezog Beckstein auch zu Waffenlieferungen in Krisengebiete. Man könne nicht nur mit den Achseln zucken, wenn Hunderttausende fliehen müssten beziehungsweise abgeschlachtet würden.

Die erste Frage der Diskussionsrunde stellte ein Ukrainer. Er verstehe nicht, warum nicht auch in die Ukraine Waffen geliefert würden gegen die russischen Terroristen. Beckstein dazu: „Ich sehe im Ukrainekonflikt angesichts der Überlegenheit Russlands bei konventionellen Waffen und dem Besitz von Atomwaffen in einer militärischen Lösung keinen Sinn; dies wäre eine große Gefahr für den Frieden in ganz Europa. Deshalb besteht nur die Chance in echten Verhandlungen, die auch die Rechte der russlandfreundlichen Kräfte in der Ostukraine berücksichtigen.“

Caritasdirektor Franz Mattes sprach den Pflegenotstand und die Abrechnungskriterien nach Minutenleistungen an und ergänzte, dass bei der Finanzkrise Millionen Euro in den Sand gesetzt worden seien. Dazu Beckstein: „Wir müssen die Finanzsysteme ändern. Wie das besser geht, wissen wir nicht.“