Eichstätt
Menschen eine Stimme geben

Fairtrade-Botschafterin informierte über aktuelle Entwicklungen

26.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:29 Uhr

Eichstätt (EK) Der faire Handel wächst – in Deutschland und weltweit. Das Bewusstsein darüber, dass jeder Einzelne tagtäglich mitentscheidet, ob fair gehandelter Kaffee oder faire Bananen in die Einkaufstasche kommen, steigt demnach stetig an.

Hannah Rüther, Botschafterin und Referentin der unabhängigen Siegelorganisation TransFair e.V. (Fairtrade Deutschland), berichtete im Rahmen einer von der Weltbrücke Eichstätt und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) organisierten Informationsveranstaltung im Pfarrheim St. Marien/Dompfarrei über die aktuellen Entwicklungen im fairen Handel, insbesondere bei Fairtrade Deutschland.

Als ehemalige Entwicklungshelferin in verschiedenen afrikanischen Ländern ist sie heute überzeugt davon: Der faire Handel kann in vielen Ländern der südlichen Erdhalbkugel oftmals mehr als westliche Entwicklungshilfe bewirken. Denn der faire Handel ist gewissermaßen ein „ganzheitlicher Entwicklungsansatz“, der neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch die Umwelt, den Menschen und die Produktion (Marktzugang) umfasst: Fairtrade arbeite auf ganz vielen Ebenen. Die zentralen Anliegen heißen nicht nur „Einkommen“, sondern „Selbstbestimmung“, betonte Rüther.

Weltweit wurden 2013 Fairtrade-zertifizierte Produkte für 5,5 Milliarden Euro eingekauft. Deutschland konnte seine Marktposition auf Platz zwei hinter dem Fairtrade-Marktführer Großbritannien ausbauen und Rekordabsätze in Höhe von 650 Millionen Euro sowie ein Jahreswachstum von 23 Prozent registrieren.

Ziel von Fairtrade ist es, die wirtschaftliche und soziale Situation von Bauern und Arbeitern im globalen Süden zu verbessern: „Mehr als 1,4 Millionen Kleinbauern, Arbeiterinnen und Arbeiter in 74 Ländern profitieren direkt von den Vorteilen des fairen Handels. Zusammen mit ihren Familien sind das über sechs Millionen Menschen“, so die Referentin.

Mehrere Studien, so stellte Rüther eindrücklich heraus, untermauerten die positive Wirkung von Fairtrade für Bauern und Arbeiter, auf deren Organisationen, aber auch auf die Entwicklung von ländlichen Regionen, in denen es eine starke Präsenz von Fairtrade-besiegelten Organisationen gibt.

Auf großes Interesse stieß auch die seit einiger Zeit praktizierte Form des „Mengenausgleichs“ durch Fairtrade, die die Referentin den Zuhörern erklärte. Stamme im Normalfall ein Fairtrade-Produkt 1:1 von einer besiegelten Fairtrade-Organisation (dies ist in weit über 80 Prozent der Produkte der Fall, nämlich bei Fairtrade-Früchten, Rosen, Kaffee, Reis, Honig, Nüssen, Gewürzen und Baumwolle), so gebe es auch Ausnahmen, bei denen der Fairtrade-Rohstoff mit Nicht-Fairtrade-Rohstoffen gemischt werden müsse und dennoch ein Fairtrade-Siegel erhalten könne. Dies sei der Fall bei Kakao, Fruchtsaft, Tee und Zucker; diese Rohstoffe würden von Fairtrade-Bauern geerntet und müssen teilweise direkt an Ort und Stelle weiter verarbeitet werden, wo der faire Zucker dann am Produktionsort im Süden zwangsläufig mit Nicht-Fairtrade-Zucker gemischt wird. Hier könne die durchgängige Trennung von Fairtrade und Nicht-Fairtrade-Rohstoffen nicht garantiert werden. Damit gerade kleine Produzentengruppen trotzdem am Fairtrade-System teilnehmen können, werde der „Mengenausgleich“ durch Fairtrade gestattet.

Für den Kunden ist der Anteil an fairen Rohstoffen im Endprodukt zwar nachlesbar. Dennoch: Für hundertprozentige Fairtrade-Anhänger gab es im Hinblick auf diese neueren Entwicklungen viel Diskussions- und Kritikbedarf, wie sich in der anschließenden Diskussion auch zeigte. Vor allem eine fehlende Transparenz für den Kunden stand im Mittelpunkt der Nachfragen.

Bei aller Kritik, die „TransFair“ übe, betonte Rüther, müsse man bedenken, dass „Fairtrade“ nicht alle Probleme des globalen Südens lösen könne. Doch auch wenn der faire Handel zunächst nur in Teilen des Marktes stattfinden kann: „Wir Konsumenten gerade in den wohlhabenderen Teilen der Welt können ein Teil der Lösung sein“, schloss Rüther ihren Vortrag.