Eichstätt
"Mehrere waren bereits als Kinder im Frauenhaus"

Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen - Caritas fordert mehr Einsatz gegen Vorfälle im häuslichen Umfeld

24.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr
Wünschen sich, dass die Problematik stärker enttabuisiert wird: Die Caritas-Sozialpädagoginnen Andrea Schlicht (links) und Gisela Hirsch im Gespräch über häusliche Gewalt. −Foto: Esser/Caritas

Eichstätt (EK) Häusliche Gewalt muss noch stärker enttabuisiert werden und es muss noch mehr präventiv gegen dieses Problem getan werden.

Das fordert der Caritasverband für die Diözese Eichstätt anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am 25. November.

 

Andrea Schlicht, Leiterin des Frauenhauses und Sprecherin zum Thema Häusliche Gewalt beim Verband, beobachtet mit Sorge, dass sie es bei den Frauen in der Schutzeinrichtung teilweise bereits mit einer generationenübergreifenden Herausforderung zu tun hat: "Mehrere waren bereits als Kinder im Frauenhaus." Vor allem ein höheres Augenmerk auf die heute betroffenen Kinder zu legen fordert Gisela Hirsch. Sie hat die Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt gegen Frauen inne, welche bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt angesiedelt ist. Im Frauenhaus sind bis jetzt in diesem Jahr laut Andrea Schlicht 52 Frauen mit 57 Kindern aufgenommen worden. "Und es gibt eine hohe Dunkelziffer. Das Problem ist somit in unserem wohlhabenden und zivilisierten Land leider kein Einzelphänomen", betont Gisela Hirsch. Sie hat nach eigenen Angaben dieses Jahr bereits rund 50 hilfesuchende Frauen ambulant beraten.

Die Gewaltformen, welche die Frauen erleben mussten, reichen von körperlicher und sexueller Misshandlung über psychische bis zu sozialer und ökonomischer Gewalt. "Es handelt sich zum Beispiel um Schläge in der Schwangerschaft, Vergewaltigung oder auch Würgen mit dem Versuch der Erstickung", nennt Andrea Schlicht einige besonders drastische Vorkommnisse. Doch Demütigungen und "systematisches Kleinmachen" mit Worten wie "Du kriegst das sowieso nicht hin" wirkten oft nicht minder verletzend. Oder auch Verbote der Partner, soziale Kontakte zu pflegen, sich zum Beispiel mit einer Freundin zu treffen.

Um die Gewalt zu verringern, halten die beiden Caritas-Fachkräfte vor allem vorbeugende Arbeit für wichtig. Andrea Schlicht ist daher erleichtert, dass das von ihrer Einrichtung bereits seit einigen Jahren durchgeführte Projekt "Prävention von häuslicher Gewalt (PräGe)" zumindest auch in nächster Zeit fortgeführt werden kann. Zwei Mitarbeiterinnen, die eine spezielle Schulung beim Landesverband des Sozialdienstes katholischer Frauen absolviert haben, gehen in Schulen, um über die Problematik aufzuklären.

"Wir sind hier für alle Schularten ab der siebten Klasse offen", lädt die Frauenhausleiterin Interessierte zu einer Zusammenarbeit ein. Das Projekt wird nach ihren Angaben gemeinsam vom Diözesan-Caritasverband Eichstätt, von der Stadt Ingolstadt und mit hohen Spendengeldern vom Soroptimist International (SI) Club Ingolstadt sowie vom Lions-Club Ingolstadt finanziert.

Gisela Hirsch hofft unterdessen, "dass die kommunale Finanzierung der Interventionsstelle für das nächste Jahr schnell gesichert wird, damit hier die Arbeit zum Wohl der von Gewalt betroffenen Frauen weiterhin geleistet werden kann".