Eichstätt
Mäßiger Konsum und schwere Räusche

Wie die Folgen reichlichen Biergenusses in früheren Zeiten gesehen wurden

29.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Eine Meldung in der Heimatzeitung vom 13. September 1920: Bierhefe als Heilmittel. ‹ŒRepro: Ettle

Eichstätt (EK) Ein Rausch hat eine Gewalt. Niemand hat das anschaulicher geschildert als Ludwig Thoma in seiner Kurzgeschichte "Kirta", die sich um den Kirchweihtag dreht, wozu üppiges Essen und noch üppigerer Biergenuss angesagt sind. Da heißt es bei Thoma zum Tagesausklang: "Jetzt sieht man auf den Feldwegen schwankende Gestalten, da und dort lehnt einer am Zaun und führt tiefsinnige Gespräche mit sich selbst. Weiber führen ihre Gatten; hie und da bricht einer mit einem Wehlaut zusammen und rennt den Kopf in einen Scherhaufen." Da ist er wenigsten weich gefallen, denn das ist ein Maulwurfhaufen.

Beim Thema Bier und Gesundheit dürfen die Folgen zu reichlichen Biergenusses nicht fehlen. Er hat schon vielen die Gesundheit ruiniert und Haus und Hof gekostet. Die Wissenschaft lässt keinen Zweifel aufkommen: "Alkohol ist Gift für den menschlichen Körper." Untersuchungen ergaben, dass sich die Probanden nach einem Glas Bier leicht angeheitert fühlen, nach drei Bieren (0,5 Promille) lässt die Reaktionsfähigkeit nach, nach sechs Gläsern Bier ist das Gleichgewichtsgefühl gestört, Selbstgespräche, Schwanken und Schwindel stellen sich ein. Es folgen nach weiterem Trinken Erbrechen, Kontrollverlust, Bewusstseinsstörungen und am Ende gar der Tod.

Eine Schilderung maßvollen Biergenusses, aber auch in Sachen "Ausschank unreinen Biers", hinterließ ein Leserbriefschreiber am 12. Juli 1845 im "Eichstätter Intelligenzblatt". Ein Trunk gesunden, reinen Biers stärke den arbeitsamen Mann, der sich den ganzen Tag abmühen müsse und versuche, abends den Körper durch Biergenuss zu kräftigen. Auch der gebildete Mann begebe sich gern in freundliche Gesellschaft, um durch den Genuss von Gerstensaft den Geschäftsstaub abzuschütteln. "Es wäre traurig, inhuman und gewissenlos", so der Autor weiter, "wenn man dem Gelehrten, dem Taglöhner und dem Handwerker die Gesundheit untergrabendes Bier reichen würde."

Damals ging es um die Erzeugung künstlichen Schaums, was ein Unterlaufen des Reinheitsgebots darstellte. Durch diese Verkünstelung werde der Trunk giftig, er blase die Gedärme auf und die Wirtshausbesucher brächten Krankheiten mit nach Hause. "Im Namen der Menschheit" bat der Schreiber deshalb von dem Verfahren abzusehen.

Von älteren Leuten ist bekannt, dass sie gern Biersuppe genießen. Dazu werden in einen Teller Würfel oder Scheiben von kernigem Schwarzbrot geschnitten. Darüber schüttet man warmes oder heißes Bier. Diese Suppe wird ausgelöffelt. Es gibt Zeitgenossen, die schwören auf die gute Wirkung für die Gesundheit dieses Genusses und tiefen Schlaf.

"Medizinisch polizeiliche Bemerkungen über das Bier" druckte das "Eichstätter Intelligenzblatt" am 29. Oktober 1822. Dabei wird gegen die Verwendung von Schwindelhafer, Lolch (eine Grasart) und Mutterkorn (giftige Auswüchse an den Getreideähren) beim Brauen geklagt. Werden solche Pflanzenteile dem Sud beigegeben, wirke das Bier rasch berauschend, es nehme den Appetit, verursache Schwindel und Kopfweh und raube den Schlaf. Das sollte im Grunde nach dem Eichstätter und dem Bayerischen Reinheitsgebot kein Thema sein.

Ebenso gefährlich sei zu stark gedörrtes und halb verbranntes Malz. Die Forderung lautete, dass von jedem verwendeten Malz der Obrigkeit eine Probe abgegeben werden müsse, um die Ursache für schlechtes Bier herausbekommen zu können. Die Quintessenz: Es sei ein Unterschied, wenn sich ein großer Teil des Volkes fröhlich zur Ruhe legt und erfrischt aufwacht oder ob er unzufrieden, mit wüstem Kopf und verdorbenem Magen ins Bett geht.

Im Namen Seiner Majestät des Königs wurden 1839 Zapfhähne für Bier, Wein und Essig aus Messing verboten. Messinghähne könnten für die menschliche Gesundheit sehr nachteilig werden, da sich Grünspan ansetzen könnte. Die Polizei wurde angewiesen darauf zu achten, dass nur Zapfhähne aus Holz oder Horn benützt werden.

Im Januar 1906 wurden die Zeitungsleser eindringlich davor gewarnt, zu kaltes Bier zu trinken. Zahlreiche Fälle von Magenbeschwerden und Herzschlag seien darauf zurückzuführen. Tausende seien schon krank geworden, wenn sie insbesondere bei leerem Magen überreichlich und zu rasch kaltes Bier tranken. Wichtig sei, sich vor dem Trunk Bewegung zu verschaffen und etwas zu essen.