Eichstätt
Der Reformer vor dem Reformer

Fürstbischof Johann von Eych war bereits im 15. Jahrhundert mit der Erneuerung der Kirche beschäftigt

14.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:39 Uhr

In der Abteikirche St. Walburg findet sich die Grabplatte des Reformbischofs Johann von Eych. - Foto: Auer

Eichstätt (EK) Das Zeitalter der Reformation begann nicht erst mit Martin Luther. Lange vor ihm finden wir auch in unserem Umfeld Persönlichkeiten, die ihre Kirche als reformbedürftig erkannten. Dazu gehörte der Eichstätter Fürstbischof Johann von Eych, der von 1445 bis 1464 regierte.

Das 15. Jahrhundert als Anbruch einer neuen Zeit ist geprägt vom Aufstieg der Habsburger, der Eroberung Konstantinopels 1453, dem Humanismus, verbunden mit der Renaissance der Antike und der damit einhergehenden Blüte von Wissenschaft, Bildung und Kunst sowie der Entdeckung des seines Eigenwertes bewussten Individuums. Der Ruf nach Reform einer krisenhaften Kirche wurde immer lauter und führte 1431 zum Konzil von Basel, dessen Dekrete gerade bei den humanistisch geprägten Bischöfen auf fruchtbaren Boden fielen.

In diese Zeit des Umbruchs hinein wurde Johann von Eych um 1404, wohl im südthüringischen Eicha, geboren. Mit Pfründen gut versorgt begann er sein Universitätsstudium vermutlich in Heidelberg, wechselte nach Wien und promovierte schließlich in Padua. In dieser Zeit war er in die Politik des österreichischen Herzogs Albrecht V. integriert, der 1438 zum König gewählt wurde. Unter den Räten des Habsburgers spielte Johann von Eych eine führende Rolle: 1438 und 1439 war er als Gesandter beim Konzil in Basel, wo er die Beseitigung der Streitigkeiten mit dem Papst mitverhandelte und eine Rede vor den Konzilsvätern hielt. Hier arbeitete er mit humanistisch geprägten Persönlichkeiten zusammen, die vom Reformgedanken durchdrungen waren. Am 1. Oktober 1445 wurde er als Domherr und Subdiakon zum Bischof von Eichstätt gewählt, die Weihen empfing er im Frühjahr 1446. Eych war entschlossen, seine Diözese im Sinne des Basler Konzils zu reformieren. Als bestes Mittel der Reform sah der neue Oberhirte die in Eichstätt schon übliche Abhaltung von Diözesansynoden. Die erste fand im Oktober 1447 in Eichstätt statt, der bis 1457 weitere folgten. Dabei scheute er auch nicht den Streit mit seinem Domkapitel. Zur Reform gehörte auch die Neuordnung des Klosterlebens. Entsprechende Statuten veröffentlichte Eych bei der 1452 abgehaltenen Diözesansynode und leitete noch im selben Jahr Reformmaßnahmen in der Benediktinerinnenabtei Sankt Walburg gegen den Widerstand der Nonnen ein. Spätestens seit dem 13. Jahrhundert wies deren Lebensweise typische Elemente der Kanonissenstifte auf, nämlich Sondereigentum, Recht der Nutznießung von Gütern oder eigene Pfründen. Mit apostolischer Bevollmächtigung entschloss sich der Bischof, die Reform mit Hilfe eines reformierten Konvents durchzusetzen. Deshalb wandte er sich an die Benediktinerinnenabtei Boppard, worauf die dortige Äbtissin ab 1456 acht Nonnen nach Eichstätt sandte. Sechs von elf Nonnen aus Sankt Walburg hatten nach erstem Widerstand das Kloster verlassen. Nun begannen die Neuen die Reform in Eichstätt und die Verbliebenen fügten sich. Bis zu seinem Tod 1464 fühlte sich Bischof Eych dem Kloster verbunden und fand dort auch seine letzte Ruhestätte.

1458 wurde Rebdorf durch den Bischof an die Reformkongregation von Windesheim angeschlossen. Konkreten Anlass bildeten um 1453 Differenzen im Konvent um die Einhaltung der monastischen Disziplin. Die beginnende lang anhaltende Blütezeit mit der Verbindung von gelebter Frömmigkeit, Wissenschaftspflege und ausgeprägtem Reformwillen machte Rebdorf zu einem wichtigen Ort des Klosterhumanismus in Süddeutschland, dessen Höhepunkt 1499 bis 1553 das Priorat Kilian Leibs darstellte.

Die Zeit des Spätmittelalters wird oft bewertet als Zeit des Rückgangs und des Verfalls. Insofern sind die Bestrebungen Johann von Eychs beispielhaft, dem auch im liturgischen Bereich die Einheit der Kirche und ihre Reform am Herzen lag. Auf der 1447 einberufenen Diözesansynode verkündete er neue Statuten, in denen umfangreich die würdige Feier der Liturgie und das tägliche Stundengebet Thema waren. Diese Vereinheitlichung der Liturgie und ihre Umsetzung hielten sich aufgrund des Zustands des Klerus aber in Grenzen.

In Johann von Eych wird greifbar, dass Humanismus und Kirchenreform in dieser Zeit zusammengehörten. Nach seiner Wahl 1445 sammelte er einen Zirkel Gleichgesinnter um sich und setzte auf wichtige Führungspositionen der Diözese Humanisten wie Johannes Heller oder Wilhelm von Reichenau, der 1464 seine Nachfolge antrat. In ihm verdichtete sich ein neuer Bischofstypus, nämlich der humanistisch geprägte Reformbischof, der die Impulse des Basler Konzils in die Praxis umsetzte. Durch seine Ausbildung, seine Tätigkeit als Rechtsgelehrter und zugleich als königlicher Berater sowie seine Mitwirkung am Basler Konzil war Johann von Eych mit den führenden geistigen Vertretern seiner Zeit vernetzt und verstand es, dieses Netzwerk für sein Reformwerk zu nutzen.

Die Grundlinien des Konzils, Einheit im Glauben, Erreichung des Friedens und Reform der Kirche übertrug er konsequent auf seine Ortskirche von Eichstätt und setzte die entsprechenden Bestimmungen zur regelmäßigen Abhaltung von Diözesansynoden, Visitationen, Erneuerung des gottesdienstlichen Lebens durch Vereinheitlichung der Liturgie sowie die Reform des Klerus, der Klöster und Stifte nach seinen Möglichkeiten um.

Von daher gilt Johann von Eych zu Recht als Mann, der lange vor der Reformation die Reformbedürftigkeit der Kirche erkannte und sich für deren Verwirklichung nach klarem Konzept einsetzte. So wurde er ein weithin ausstrahlender Bischof, dessen Wirken Eichstätt zu einem Knotenpunkt der geistigen Strömungen seiner Zeit machte und Beleg dafür ist, dass in der Führungsschicht der spätmittelalterlichen Reichskirche neben Dekadenz auch herausragende und bestens gebildete Persönlichkeiten in entscheidenden Positionen zu finden waren.