Eichstätt
"Kein unendliches Wachstum"

Podiumsdiskussion beim diözesanen Schöpfungstag mit Bischof Gregor Maria Hanke

06.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:43 Uhr

Zwei der Diskussionsteilnehmer beim diözesanen Schöpfungstag: der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke und Günter Grzega, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Sparda Bank München und Botschafter der Gemeinwohlökonomie - Foto: kno

Eichstätt (EK) Als inhaltlicher Schwerpunkt fand im Rahmen des diözesanen Schöpfungstags eine mit rund 100 Teilnehmern gut besuchte Podiumsdiskussion zum Thema „Es reicht! Wie viel Haben braucht das Sein“ im Eichstätter Priesterseminar statt.

Moderatorin Daniela Olivares konnte neben Bischof Gregor Maria Hanke den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Sparda Bank München und Botschafter der Gemeinwohlökonomie Günter Grzega sowie Volker Leinweber von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft und den Kapuzinerpater und therapeutischen Seelsorger Guido Kreppold begrüßen.

Bischof Hanke erklärte, aus seiner Sicht habe nur ein Wirtschafts- und Lebensstil eine Zukunft, welcher schöpfungsfreundlich sei und anerkenne, dass es Grenzen gebe. Es müsste jedem einleuchten, dass es kein unendliches Wachstum in einer begrenzten Welt geben könne: „Wir brauchen wieder eine Kultur, die Werte wie Bescheidenheit und Maßhalten sowie Verzicht kennt. Eine Kultur die den Verzicht nicht kennt, hat keine Zukunft“, so der Bischof.

Günter Grzega stellte das im Jahre 2010 von Christian Felber, einem österreichischen Wirtschaftswissenschaftler, entwickelte alternative Wirtschaftsmodell der Gemeinwohlökonomie vor. Bei diesem Modell werden neben betriebswirtschaftlichen Kennzahlen auch ethische, soziale und ökologische Komponenten unternehmerischen Handelns erfasst, in einer Gemeinwohlbilanz des Unternehmens dargestellt und in regelmäßigen Abständen überprüft. Mitarbeiterzufriedenheit, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit führte er beispielhaft für diese zusätzlichen Kennwerte der Gemeinwohlökonomie an. Grzega machte deutlich, dass die über 1800 Unternehmen, die dieses Modell bereits weltweit anwenden, selbstverständlich auch Gewinne erzielen wollen. Allerdings sei die Höhe des Gewinns nicht die ausschlaggebende Größe, um unternehmerischen Erfolg zu messen. Beim Thema Gewinnerzielungsabsicht sei es vielmehr wichtig zu betrachten, in welcher Gesinnung Gewinne erzielt und wofür diese verwendet werden. Als ehemaliger Banker prangerte Grzega in diesem Zusammenhang „die Gier vieler Kollegen nach immer höheren Renditen und Gewinnmargen“ an. Die Bezeichnung Bankster beschreibe dieses Phänomen seiner Meinung nach sehr zutreffend.

Als Vertreter der bayerischen Wirtschaft brach Volker Leinweber eine Lanze für das System der Sozialen Marktwirtschaft. Gleichwohl gebe es Mängel in diesem System. So sei das Bruttoinlandsprodukt nur ein Teil der Wahrheit und könne nicht das Maß aller Dinge sein. Die vielfältigen gegenwärtigen Krisen gingen nicht spurlos an den Unternehmen vorbei. Jedoch sei Wirtschaft nur ein Teil der Gesellschaft. Da Unternehmen auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, seien zur Lösung der vielen gegenwärtigen weltweiten Probleme vor allem die Politik und die Bürger beziehungsweise die Konsumenten gefordert. Schwierig sei für ihn zudem die Definition des Begriffs Gemeinwohl. Das Thema Nachhaltigkeit sei in der Wirtschaft längst angekommen: „Einige Aspekte der Gemeinwohlökonomie sind bereits in die Soziale Marktwirtschaft mit eingeflossen.“ Die Frage, ob es mehr Zwang bräuchte, um diesen Umdenkprozess und die Umstellung auf nachhaltigeres Wirtschaften in den Köpfen der Verantwortlichen zu beschleunigen, verneinte Leinweber. Seiner Erfahrung nach sei es effizienter, den Regulierungsmechanismen des Marktes zu vertrauen.

Auf die Frage, warum in unserer konsumorientierten Leistungsgesellschaft mit dem Streben nach immer mehr so viele Menschen krank werden beziehungsweise unglücklich und überfordert seien, ging Pater Guido Kreppold im Laufe der Diskussion ein. Unsere Zeit sei gekennzeichnet durch ständige Leistungsbereitschaft und vielfältige Ablenkungsmöglichkeiten: „Die Menschen spüren sich selbst nicht mehr und haben verlernt, auf ihre inneren Bedürfnisse zu hören.“ Es brauche einen Gesinnungswandel, das Bemühen um echte Beziehung zu Gott und zu den Menschen. Die Lebenseinstellung des heiligen Franz von Assisi könne als Vorbild dienen.

Im Laufe der Diskussion wurde – gerade auch durch die Fragen der Zuhörer – deutlich, dass es dringend ein Umdenken und Umsteuern unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems geben müsse. Im Mittelpunkt wirtschaftlicher Bestrebungen sollte zukünftig nicht allein die Frage, wie stark unsere Wirtschaft wächst, stehen, sondern vielmehr Wert auf den Aspekt, wie unsere Wirtschaft wächst, gelegt werden.