Eichstätt
Katarrhfieber, Krätze und Syphilis

04.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:26 Uhr

Das Gebäude in der Westenstraße beherbergte ab 1709 das Eucharische Krankenhaus. Zuletzt war darin die Verbandsberufsschule untergebracht. Der Abbruch erfolgte 1979. - Fotos: Freundl

Eichstätt (EK) Im Jahr 1843 wurden im Eucharischen Krankenhaus Eichstätt, dessen Bau vor 300 Jahren vollendet worden war, 251 Patienten behandelt. Die häufigsten Krankheiten waren 42 Fälle von Brust- und Unterleibs-Katarrhfieber, Krätze (26), Entzündungen (18), Nervenleiden (17), Rheumatismus und Wassersucht, Gicht und Geschwüre, Syphilis, Geisteskrankheiten, Bleichsucht, Herzkrankheiten, Altersschwäche, Hämorrhoiden.

ANNO DAZUMAL

Das Krankenhaus in der Eichstätter Westenstraße gegenüber der Maria-Hilf-Kapelle war eine Stiftung von Johann Euchar Schenk von Castell (1685 bis 1697). Der Bischof gab anlässlich seines 70. Geburtstages mehrere tausend Gulden dafür. Wie jedoch ein Wappen beweist, wurde der Bau erst 1709, also vor 300 Jahren, vollendet. Das Wappen in Stein wurde 1979 beim Abbruch des Gebäudes entfernt und befindet sich heute in der Eichstätter Klinik. Der Geschichte des Eucharischen Krankenhauses ist Albert Freundl nachgegangen, interessante Hinweise finden sich auch in den Jahresberichten im "Eichstätter Intelligenzblatt" sowie in der Häuserkartei von Edwart Mager.

In der Regel besuchte täglich einmal ein Arzt das Krankenhaus. Im Haus wohnte ein Chirurg, "der in schleunigen Fällen gleich hilfreiche Hand bot". "Krankenwärtersleute" waren bei Tag und Nacht zur Bedienung der Patienten vorhanden. Die Kost wurde im Haus zubereitet. 1806 gab es "in heizbaren Zimmern" 20 Betten für Kranke. Als durchschnittliche Verweildauer wurden 21 Tage errechnet. Zum Vergleich: In der Eichstätter Klinik ist sie heute sechs Tage.

Die königliche bayerische Landesdirektion rechnete dann in dem Beitrag im "Intelligenzblatt" 1806 vor, dass die Ausgaben die Einnahmen jährlich "um ein paar tausend Gulden" übersteigen, das Krankeninstitut also in arge Finanznot geraten war. "Um das Haus nicht zum gerechten Tadel der Nachkommen und zum größten Nachteil der Bürger zugrunde gehen zu lassen", musste das Einkommen verbessert werden. Nun folgte der Appell, einen Beitrag dazu zu leisten, "indem sämtliche vermögenden Inwohner ihren bekannten Eifer fürs Gute und ihr wohltätiges Herz wirken lassen."

Der folgende Vorschlag war eine Sozialversicherung: Bürger, Dienstherrschaft, Handwerksburschen und Dienstboten sollten wöchentlich einen Kreuzer der Krankenanstalt zahlen und erhielten dafür das Recht, im Krankheitsfall, ein Bett angewiesen zu bekommen. Immerhin: Der Eintritt bei einem Maskenball für Nichtmaskierte und Zuschauer betrug zwölf Kreuzer.

1843 war die Sicherung der Menschen schon bedeutend vorangekommen. So wurden die Rechnungen für den Krankenhausaufenthalt von folgenden Einrichtungen bezahlt: 144 vom Dienstboten-Institut, 44 vom Armenfonds, 15 von der Eucharischen Stiftung, zehn vom Studenten-Institut. Von 251 Kranken sind in diesem Jahr 16 gestorben.

Das Spitalgebäude war von Hofbaumeister Jakob Engel (1632 bis 1714) errichtet worden. Im August 1841 war das Haus in den Besitz des Armen-Instituts übergegangen, die Zeit als Krankenhaus lief allmählich aus. 1854 gab der Magistrat das Anwesen ab, damit ein Rettungshaus für verwahrloste Mädchen eröffnet werden konnte. Es folgte ab 1894 die Nutzung als Realschule, 1902 kam darin zusätzlich die landwirtschaftliche Winterschule unter. Schließlich ist noch die Verbandsberufsschule Eichstätt von 1947 bis 1972 zu erwähnen. Der Abbruch des historischen Hauses wurde 1979 mit Billigung des Stadtrats vorgenommen.