Eichstätt
Im Fadenkreuz der Neonazis

Syrer Tarek Khello beim Journalistischen Kolloquium

13.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
Zu Gast beim Journalistischen Kolloquium: der syrische Journalist Tarek Khello. −Foto: Elisabeth Ambourhouet

Eichstätt (EK) Stellen Sie sich vor, Sie sind bei der Arbeit und werden plötzlich wegen ihres Aussehens von fünf Männern angegriffen und verfolgt. So erging es einem Journalisten in Erfurt. Er recherchierte gerade eine Geschichte über Misshandlung an Flüchtlingskindern und geriet dabei selbst in das Fadenkreuz der Neonazis.

Denn Tarek Khello ist Syrer und selbst als Flüchtling nach Deutschland gekommen.

Nun begrüßte Professor Dr. Friederike Hermann Tarek Khello beim Journalistischen Kolloquium der Katholischen Universität Eichstätt. 2013 flüchtete der 32-jährige Journalist erst aus Damaskus (Syrien) in den Libanon und von dort nach Deutschland. Er wurde in das spezielle Flüchtlingshilfsprogramm "Resettlement" aufgenommen und lebt seitdem in Leipzig. Mittlerweile beherrscht er die deutsche Sprache sehr gut. Doch um seine investigativen Themen umsetzen zu können, arbeitet er als Co-Autor. Mit seinem Partner Christian Werner produziert er hauptsächlich TV-Beiträge über Migration, Zuwanderung und Missstände, die Flüchtlinge betreffen.

Zu Beginn der Veranstaltung erzählt er, dass er schon immer investigativ arbeiten wollte. "Ich will aktiv sein. Sonst ist es überall still, und niemand sagt etwas." In Syrien musste er für seine kritischen Berichte mehrmals ins Gefängnis. Er erzählt, wie sehr er es zu schätzen weiß, dass er hier in Deutschland endlich komplett unabhängig und frei berichten kann. Die deutsche Pressefreiheit sei wie ein Traum. "Wir dürfen uns nicht hinter unseren Problemen verstecken", so Khello, sondern man müsse über alles berichten. Oftmals berichtet Khello auch sehr kritisch über Flüchtlingsthemen. Er drehte beispielsweise einen Beitrag über Kindesmissbrauch in Moscheen. Für seinen Bericht "Schleppernetzwerk" erhielt er im April den Axel-Springer-Preis für junge Journalisten in Silber.

Obwohl die deutschen Medien darauf bedacht seien, alle Themen von allen Seiten zu betrachten, gelinge das bei der Berichterstattung über Flüchtlinge nicht immer. "Die meisten Artikel, die man in Deutschland über Flüchtlinge liest, sind entweder Mitleids- oder Heldenstorys", sagt Khello. "Ich berichte über tatsächliche Probleme, die Flüchtlinge in Deutschland haben." Die Glaubwürdigkeit ist ein wichtiger Punkt. Bei seiner investigativen Arbeit wird er oft mit Ablehnung konfrontiert, wenn er betroffene Protagonisten für seine Beiträge sucht. "Viele Flüchtlinge vertrauen den Journalisten nicht, weil in Syrien sehr viele von ihnen mit dem Staat oder dem Geheimdienst zusammenarbeiten." Die Medien in Syrien seien nicht glaubwürdig.

Der Hass in Deutschland werde immer stärker, sagt Khello. Man rede nur noch über Abschiebung, nicht mehr über ein Willkommen. "Die AfD hat nicht nur die Bundestagswahl gewonnen, sondern sie hat es geschafft, dass alle Parteien nach rechts rücken." Es schmerze ihn, dass man immer von einem anderen Ort träumen müsse. "Kann man nicht an einem Ort leben, wo es keinen Rassismus gibt?"