Eichstätt
Holzregal statt Luxusmöbel

Öffentlicher Bücherschrank für 15 000 Euro: Kontroverse Debatte über Entscheidung der ISEK-Strategiegruppe

29.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Eichstätt (smo) Eigentlich sollte der Stadtrat nur dem Projekt "Bücherschrank" zustimmen. Das hatte die ISEK-Strategiegruppe in ihrer jüngsten Sitzung befürwortet. Aber die Kosten waren dem Stadtrat dann durch die Bank zu hoch: 15 000 Euro inklusive schlagfestem Glas, Stahlausführung und Beleuchtung.

Eva Gottstein (FW) zeigte sich fassungslos: "Das ist ein nobles Stück, da holt doch kein Achtjähriger einen Comic raus." Der Bücherschrank, wie sie ihn vor fünf Jahren schon einmal vorgeschlagen hatte, sollte ein "niederschwelliges Angebot" sein - und sei nicht für jene gedacht, die Goethe und Schiller-Bände ihr Eigen nennen, sondern, um Menschen, vor allem auch Kinder, zum Lesen zu animieren. "Wie Bücherschrank geht, sieht man doch an den Kulturtagen", ergänzte Carmen Albrecht (CSU).

Oberbürgermeister Andreas Steppberger verstand die Aufregung nicht. Der Stadtrat müsse dem Projekt letztlich nur zustimmen, weil die Gesamtkosten höher als 10 000 Euro lägen. Die Finanzierung sei über die Stadt sowie Sponsoren und den Projektfonds eigentlich gesichert. "Die Strategiegruppe wollte halt hier etwas anderes sehen als etwa bei den Kulturtagen", sagte der OB. "Dann gründe ich hier jetzt eine eigene Gruppe, jeder gibt 100 Euro und dann haben wir es auch", moserte Eva Gottstein. "Wir brauchen kein neues Stadtmöbel, sondern etwas zum Zugreifen."

Die Bücherschrank-Bewegung, die sich in den 1990er-Jahren weltweit langsam etabliert hat, lädt Menschen jeden Alters dazu ein, Bücher zum Lesen herauszunehmen und im Gegenzug andere einzustellen. Während der Kulturtage hatte es so einen Schrank bereits am Altmühlufer gegeben. "In anderen Ländern regelt sich das auch von selbst, da braucht es keine Strategiegruppe", meinte Tanja Schorer-Dremel. Fred Pfaller wollte dann allerdings das Herumgehacke auf diesem Gremium nicht sitzen lassen. "Hier ist wohl das geballte Bücherschrankwissen beieinander", sagte der SPD-Stadtrat.

Wenn alles so einfach wäre, wie in der Diskussion dargestellt, "warum hat man das dann in den letzten fünf Jahren nicht geschafft". Die Kritik wiederum ließ Rudi Engelhard (CSU) nicht auf sich sitzen. "Wir wollen hier nicht die Strategiegruppe angreifen; dort fehlten die entsprechenden Rahmenvorgaben." So seien im städtischen Haushalt 1000 Euro eingestellt. "Auf dieser Grundlage hätte man dort auch arbeiten können."

Den Vorschlag des OB, die Sache noch einmal in die Strategiegruppe zurückzuverweisen, lehnte der Stadtrat ab. "Dann haben wir nächstes Jahr noch keinen stehen", sagte Engelhard und stellte einen Gegenantrag: So soll die Verwaltung bis Oktober für die zur Verfügung stehenden 1000 Euro "einfache Vorschläge" erarbeiten - inklusive Standorte. "Da muss man kein Luxusobjekt entwerfen, da kann man im Sinne der Kulturtage zum Beispiel mit Studenten Einfaches und Schönes schnell herstellen", regte Günther Köppel an. Engelhard verwies auf Österreich: Dort gebe es in Bushäuschen Holzregale. "Das kann man doch bei uns auch machen." Die Lösungen sollten "noch in diesem Jahr" umgesetzt werden. Willi Reinbold, Maria Lechner (beide ÖDP), Fred Pfaller und OB Steppberger votierten gegen den Antrag.