Eichstätt
"Hier ist meine Heimat"

Die Äbtissin von St. Walburg und Eichstätter Ehrenbürgerin Franziska Kloos wird heute 75 Jahre alt

23.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:24 Uhr

Begeht heute im Kreis des Konvents und der Mitarbeiter des Klosters ihren 75. Geburtstag: die Äbtissin von St. Walburg, Mutter Franziska Kloos. - Foto: M. Schneider

Eichstätt (EK) Eine große Feier wird es heute nicht geben. 75, das sei ja kein Grund für ein großes Aufheben. Mutter Franziska Kloos schart viel lieber ihre Schwestern um sich zusammen mit den Angestellten des Hauses und dankt in der Frühe beim Konventamt ihrem Gott für 75 Lebens- und 55 Ordensjahre.

Inmitten der Gemeinschaft, die sie mit Liebe, Umsicht, Offenheit und Herzlichkeit, aber auch in der nötigen Strenge und Sorgfalt sowie einem unwahrscheinlich tiefen Gottvertrauen seit 1985 leitet, feiert die Äbtissin der Benediktinerinnenabtei St. Walburg heute ihren 75. Geburtstag. Innerhalb jener Gemeinschaft, in der sie sich getragen weiß vom Gebet und der gegenseitigen Achtung. Mit deren Hilfe sie auch eine schwere Krankheit überstanden hat. Dort, wo sie am 2. Juni 1966 vor ihrer Vorgängerin Äbtissin Augustina Weihermüller die klösterlichen Versprechen ablegt hat. An dem Ort, der ihr zur Heimat geworden ist.

Über 200 Kilometer vom elterlichen Hof in Allmannshofen bei Leutkirch (Baden-Württemberg) entfernt, hatte die junge Abiturientin Aloisia Kloos ("Der Taufname war eine Liebeserklärung meiner Mutter an den Vater") ihre Zelte aufgeschlagen. Von heute auf morgen ist sie im Kloster geblieben, hat ihre Zukunftspläne - das Studium in München, wo schon das Zimmer bestellt war - über den Haufen geschmissen. Es war so etwas wie "Liebe auf den ersten Blick" zwischen der 20-Jährigen und der Benediktinerinnenabtei im Altmühltal. "Das ist mein Leben, hier ist meine Heimat", konstatiert sie heute. Da ist jede Radikalität angenommen, die mit dem Eintritt in den Orden verbunden ist: das Stundengebet, die Klausur, die evangelischen Räte der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams.

Aber deswegen weltfremd? "Nein", wehrt Mutter Franziska ab. Sie sei schon immer ein politisch interessierter Mensch gewesen, hat als kleines Mädchen CDU-Plakate für den Vater geklebt. "Ich bin doch eingebettet in diesen Staat, ich bin ein Teil dieser Stadt, da kann ich mich auch im Kloster nicht davon abschotten." Ihr tue so manches weh, was geschehe, und sie bete für die Politiker: "Die brauchen's auch", sagt sie und lacht, laut und weit hörbar, so wie man sie kennt. Sie schiebt eines nach, deutet aus dem Sprechzimmer der Abtei hinüber zum Rathausturm: "Ich liebe dieses Eichstätt." Froh sei sie, dass sie hier sei, wüsste sie doch nicht, welche Wendung ihr Leben sonst genommen hätte. "Ich hätte das hier nicht mehr gemacht wahrscheinlich", meint sie selbstkritisch.

Mehr als 20 Jahre lang war sie mit Leib und Seele Lehrerin an der Volksschule St. Walburg, bevor man ihr von heute auf morgen mit der Wahl zur Äbtissin diese Leidenschaft entzogen hat. "Ich habe ein Jahr lang immer wieder überlegt, wie ich aus der Nummer raus komme", räumt sie ein. Aber sie hat das Gehorsamsgelübde ernst genommen und außerdem sei "so eine Wahl ein Zeichen Gottes, wenn so und so viele Mitschwestern sagen: die und keine andere".

Schnell hat sie die Aufgaben angepackt: "Das hat teilweise auch viel Energie gebraucht." 25-mal war sie über dem Ozean, zehnmal in England, hat die von St. Walburg aus im 19. und 20. Jahrhundert gegründeten Priorate besucht. Alle sind mittlerweile selbstständig, "fühlen sich uns freundschaftlich verbunden". Die ganzen Klostergebäude, die sie in den 1990er-Jahren vom Staat zurückerworben hat, hat sie saniert, von hinten bis vorne auf Vordermann gebracht. "Aber immer in kleinen Schritten", anders hätte sie schlaflose Nächte gehabt. Das Kloster wirtschaftlich auf Kurs zu halten und nicht herunterzuwirtschaften - "der Zustand von Gebäuden ist auch ein Hinweis auf den Zustand des Inneren" - sei eine Aufgabe. "Aber mich drängt es auch, die geistliche Gemeinschaft zusammenzuhalten und zu beten, dass Nachwuchs kommt." Den hat sie in den bislang 30 Jahren ihrer Regentschaft begrüßen dürfen, mehr als andere Klöster in der heutigen Zeit: Über ein Dutzend Professen hat Mutter Franziska abgenommen. 32 Schwestern beten derzeit das Chorgebet am Grab der heiligen Walburga. "Das ist ein großes Geschenk." Und zeige, dass das Klosterleben nach wie vor attraktiv sei. "Dafür musst du aber auch etwas tun", zeigt sich die Äbtissin überzeugt. "Man muss eine einladende Abtei sein, die Menschen an sich heranlassen, als Gäste willkommen heißen." Diese Öffnung des Klosters - soweit es mit der Klausur vereinbar ist - hat sie vollzogen.

Und das sicher nicht zum Nachteil der Abtei, deren Leiterin heute ein Alter erreicht, wo man im weltlichen Leben schon zehn Jahre Ruhestand genießt. Bischöfe müssen mit 75 ihren Amtsverzicht einreichen. So ist es im Kirchenrecht festgelegt. Äbte und Äbtissinnen sind daran nicht gebunden, die Leiterin von St. Walburg "kann ab dem 70. Lebensjahr in Beratung mit dem Konvent" ihr Amt abgeben. "Bloß nicht", hätten die Schwestern damals gesagt, als Mutter Franziska gefragt hat. So darf man ihr zum heutigen Tage wünschen, dass sie ihr Amt noch lange zum Wohl des altehrwürdigen Klosters ausübt, sie mit Offenheit und Herzlichkeit genauso wie mütterlicher Strenge die Abtei führt - und das vor allem mit viel Gesundheit. ‹ŒMarco Schneider