Eichstätt
Held oder Schelm

24.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Foto: Eva Chloupek

Eichstätt (dk) Vor 220 Jahren hat Lorenz Krach die Eichstätter Willibaldsburg vor der Zerstörung durch französische Truppen gerettet und damit wohl auch die Stadt Eichstätt vor der Plünderung. Seitdem ranken sich viele Geschichten und Legenden um den Schlossleutnant und dessen Heldentat. Die Figur gab die Vorlage für launige Gedichte, Gemälde, Schützenscheiben, kuriose Schauspiele und Theaterstücke; eine Kulturstiftung wurde gegründet, und seit mehr als 23 Jahren schwadroniert "der Krach" nun auch wöchentlich im EICHSTÄTTER KURIER.

Es war am 12. September 1796, als eine kleine Truppe verwahrloster, von den Koalitionskriegen gebeutelter Soldaten auf der Eichstätter Willibaldsburg die "Festung" nach tagelanger Belagerung verließ und einem französischen Heer von angeblich 12 000 Mann Stärke übergab - ohne die damals übliche "Schleifung der Burg und mit freiem Geleit", wie es heißt. Damit dürfte auch die Stadt Eichstätt von größeren Plünderungen und Zerstörungen verschont geblieben sein. Zu verdanken hatten dies Burg und Stadt der Legende nach einem Mann, der tatsächlich gelebt hat und damals das Kommando über die Truppen auf der Burg hatte: Lorenz Krach.

1743 in "Högelsmühle, Amt Beilngries" als "Sohn eines Bauern" geboren, stammte Krach somit aus ärmlichen Verhältnissen. Wo genau dieses Högelsmühle war und ob es sich tatsächlich um eine Mühle oder um einen kleinen Ort gehandelt hat, ist offen.

Schon als 13-Jähriger kam Krach in fürstbischöflich Eichstättische Dienste und machte Karriere. Allerdings wohl nicht im Eichstätter Land, sondern in "österreichischen und preußischen Diensten", wie es in den Kriegsarchivakten heißt. Doch dann zog es ihn scheinbar wieder zurück. Bereits 1780 wird der wieder unter Herrschaft des Fürstbischofs dienende Krach in Eichstätt als "Schloß-Guarde-Leutnant" bezeichnet, obwohl er laut Urkunden erst 1782 zum Leutnant befördert wurde. Und 1802, als er als 78-Jähriger aus ehemals fürstbischöflich Eichstättischen Diensten vom Königreich Bayern übernommen wird, ist er bereits Invalide. Über seinen Familienstand ist nichts bekannt, er muss aber verheiratet gewesen sein: Die Todesanzeige für seine Frau findet sich im Eichstätter Intelligenzblatt vom 10. März 1796. Ob Kinder geboren wurden oder zu seinem Todestag noch lebten - Krach starb am 25. Oktober 1805 - ist ebenso wenig bekannt wie der Ort seines Grabes.

Soviel zur historischen Figur des Schlossleutnants. Krach hat Burg und Stadt sicherlich vor der Zerstörung bewahrt. Wie "schelmisch" er tatsächlich war, ist nicht bekannt. Seine Tat jedenfalls hat damals bereits und auch in den Folgejahren zu immer wieder erweiterten Anekdoten und Geschichten geführt. So wurde bereits 1826 für die "Freunde des Lieutnant Krach" ein Bild des Helden zum Kauf angeboten, und um das Jahr 1900 gab es eine Ansichtskarte mit dem Text "Das war Schloßleutnant Krach, der hielt mit zwanzig Invaliden die Vesten und zwölftausend Franzosen im Schach und zum Besten". Im 20. Jahrhundert folgten mehrere Schauspiele und Gedichte über den Haudegen.

Seit 1993 erlebte Lorenz Krach erneut eine Art Wiedergeburt. Der EICHSTÄTTER KURIER hat sich die Figur für seine seit mehr als 23 Jahren wöchentlich erscheinende Glosse auserkoren. Seitdem geistert Krach Tag und Nacht durch die Gassen und Straßen, über die Plätze und Hinterhöfe unserer kleinen Stadt sowie durch die Gemeinden und bringt das, was er dort erlebt hat oder was ihm erzählt wurde, Woche für Woche jeden Freitag unter die Zeitungsleser.

Seitdem ist Lorenz Krach fast schon omnipräsent. Seine Figur findet sich auf Schokoladenverpackungen, auf Spirituosenetiketten, als Zinnfigur und auf Volksfestumzügen.

Es gab mehrere Festspiele, in denen seine berühmt-berüchtigten und legendären Taten gekonnt und mit Humor dargestellt wurden: 1996 (von den Fensterputzern in Zusammenarbeit mit dem Volksfestausschuss) sowie 2006 und 2008 durch den Verein Schlossleutnant-Krach-Spiele. Dieser Verein bot auch kleinere Veranstaltungen wie Führungen mit Lorenz Krach auf der Burg oder die Reihe "Zu Gast bei Krach" an, in der prominente oder weniger prominente Persönlichkeiten ihr Geschick in der Küche beweisen konnten.

Auch eine Stiftung hat Lorenz Krach hervorgebracht: die Eichstätter Kulturstiftung Volksbank/EICHSTÄTTER KURIER, gegründet 1996 im Nachgang der ersten Krach-Festspiele auf der Willibaldsburg auf eine Initiative des EICHSTÄTTER KURIER. Die damals noch selbstständige Volksbank unter Gert Nunius stattete die Stiftung mit Stiftungskapital aus. Seitdem wurden etwa 80 000 Euro ausgeschüttet: an Künstler, Kunsthandwerker, Musiker, Literaten und den künstlerischen Nachwuchs - durch die Vergabe von Preisen, durch die Ausschreibung von Wettbewerben. Zum 20. Bestehen der Stiftung wurde in diesem Jahr ein Wettbewerb unter Eichstätts weiterführenden Schulen ausgeschrieben, der sich mit dem Jubiläumsjahr der Leuchtenberger 2017 befasst.