Eichstätt
Graubünden und seine Künstler

Begegnungen mit der Schweizer Malerin und Lithographin Ursina Gianotti – Leben und Arbeiten im Misox

27.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Die Schweizer Künstlerin Ursina Gianotti führt in ihre Ausstellung „Früchte“ in der Städtischen Lithografie-Werkstatt ein. - Foto: mkh

Eichstätt (EK) Die Reihe „Stadt – Film – Bilder“ gestaltete heuer die im schweizerischen Bergell aufgewachsene Künstlerin Ursina Gianotti. Die interdisziplinäre Reihe, die in Zusammenarbeit zwischen der Lithographie-Werkstatt Eichstätt und der Medienzentrale der Diözese Eichstätt abgehalten wird, beschäftigte sich dieses Mal mit Graubünden und seinen Künstlern.

Das Bergell ist ein Nachbartal des Misox, aus dem die berühmten Eichstätter Baumeister Jakob Engel und Gabriel de Gabrieli stammen. Die Reihe beinhaltet sowohl eine Ausstellung neu geschaffener Werke als auch Filmvorführungen zu einem bestimmten Thema.

Zunächst eröffnete Ursina Gianotti in der Lithographie-Werkstatt Eichstätt ihre Ausstellung „Früchte“. Als Restauratorin hatte sie über Jahre in Kirchenräumen vor allem die Deckenmalereien erneuert. Diese Fertigkeit im Umgang mit Material konnte sie später in der Malerei und beim Zeichnen und Malen auf dem Stein, der Lithographie, einbringen. Sie setzt die Naturform ins Zentrum ihrer Betrachtungen und gestaltete beim Werkstattaufenthalt in Eichstätt eine Reihe schlichter, eindrucksvoller farbiger Grafiken mit Früchten des Gartens. Li Portenlänger wies bei der Begrüßung der zahlreich aus der Schweiz gekommenen Gäste auf Arnoldo Marcelliano Zendralli hin, der 1930 die erste Buchveröffentlichung über die Bautätigkeit der Graubündener Meister nördlich der Alpen verfasst hatte.

Den Filmabend „Schweiz – Berge – Menschen“ hatte die Schweizer Lithographin zusammengestellt. Eingestimmt wurden die Gäste aus der Schweiz bei einer Kostümführung durch die Stadt. Heinrich Gartmair kam als Giovanni Domenico Barbieri und erläuterte die barocke Altstadt. Schauplatz des Filmabends war der mit vielen Lichtern illuminierte Garten der Dompropstei, einem Bauwerk von Jakob Engel. Dort bekamen die Gäste einen ersten Eindruck des Bergells: Das Bild einer steilen Felswand war an eine Wand projiziert.

Nicolò Grättli, der Sohn von Ursina Gianotti, ein angehender Architekt, wies auf die Bedeutung der Täler für das Leben der Bewohner hin und erläuterte die Entwicklung und den Wandel des vergangenen Jahrhunderts. Ursina Gianotti hatte für den Beginn zwei Handwerkerfilme aus der Surselva, eine Dokumentation aus den 1940er Jahren, ausgewählt: „Brotbacken“ und „Der Tretschenmacher“, der sich mit der Herstellung von Peitschen aus Tierhaut beschäftigt. Beide Filme verwiesen auf das in Jahrhunderten praktizierte Leben der Bergbewohner, im Einklang mit den Ressourcen von Feldernte und Tierhaltung, in religiöser Ergebenheit ihr Leben zu führen. „Die Maiensässe von Soglio und der Viehmarkt von Maloja“ von 1971 zeigte das Leben auf der Alm, Spiel der Kinder, Arbeit der Männer und Frauen, dann die Wanderung der Kühe über steile Weiden und Wege und als Abschluss die Begegnung von Menschen und Tieren am Viehmarkt von Maloja.

Niculin Gianotti, der Bruder der Künstlerin, erläuterte Entscheidung und Begegnung im Leben als Bauer. Auf Romanisch und Italienisch wird in den Dörfern des Bergell kommuniziert. Als reformierte Talschaft unterscheidet es sich allerdings zum benachbarten katholischen Misox.

Den Abschluss des wohl temperierten Abends im Garten bildete der Film von Ernst Scheidegger und Peter Münger über Alberto Giacometti von 1966. Malerei und Architektur waren in der im Bergell beheimateten Giacometti-Familie Berufsfelder, mit denen der Vater, der Onkel, die beiden Brüder Auskommen und Ansehen erlangten. Alberto ging nach Paris. Er erlangte Weltruf als Bildhauer, Maler und Zeichner der Moderne. Seine Arbeiten sind Momentaufnahmen der beständigen Suche, den letztgültigen Ausdruck für das Imaginäre zu finden. Ins Bergell zog es ihn immer wieder. In der Abgeschiedenheit des Bergtales tastete sich Alberto weiter durch die Welt, die Existenz des Menschen in einer Gestalt, Mann oder Frau, zu formulieren.

Wer den Abend versäumt hat, dem bietet sich noch Gelegenheit, sich mit dem Thema „Graubünden und seine Künstler“ auseinanderzusetzen. Die Ausstellung „Früchte“ von Ursina Gianotti wird noch bis zum 3. August in der Lithographie-Werkstatt Eichstätt mittwochs, donnerstags und freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 13 Uhr gezeigt. Bei Interesse können die genannten Filme ebenfalls noch angeschaut werden.