Eichstätt
Für eine enkeltaugliche Zukunft

Entwicklungsexperte Georg Krekeler über gelungene Nachhaltigkeitsinitiativen aus der Andenregion

10.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr

Georg Krekeler arbeitet seit vielen Jahren für das Hilfswerk Misereor in Bolivien. - Foto: Kusche

Eichstätt (ddk) Die Idee besticht gleichermaßen durch ihre Einfachheit und Wirksamkeit: Geschichten sammeln und weitererzählen, die vor Augen führen, wie es auch anders geht. Anstatt über Klimawandel, Umweltzerstörung, Wachstumswahn und Konsumterror zu lamentieren, zeigt das "Geschichten-Erzählen" bereits heute erfolgreiche Lebensalternativen für unsere Zukunft auf und macht damit Mut für Veränderung.

Genau diesem Projekt hat sich auch Georg Krekeler verschrieben, der für Misereor und die Arbeitsgemeinschaft Entwicklungshilfe e.V. im gesamten südamerikanischen Andenraum tätig ist.

In einem Vortrag an der Katholischen Universität, der von der Fakultät für Soziale Arbeit, dem Laudato-Si'-Projekt, dem Zentralinstitut für Lateinamerikaforschung (ZILAS), der Weltbrücke und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) organisiert worden war, berichtete der in Bolivien lebende Entwicklungshelfer von den Chancen dieses neuen Ansatzes und den erfolgreichen Initiativen in seinem Wirkungsfeld.

"Wir wissen sehr genau, dass wir so wie bisher nicht weitermachen können", so Krekeler, den das Thema der globalen Zukunftsgestaltung mit all seinen Facetten schon seit vielen Jahren beschäftigt. Er hat daher begonnen, nachhaltige, ökologisch und ökonomisch relevante "Geschichten des Gelingens" zu dokumentieren und in einem öffentlich zugänglichen "Zukunftsalmanach" zusammenzustellen.

Ob Klimawandel oder Umweltzerstörung, die global immer dramatischer werdenden Hungerkatastrophen und Armutsbedingungen oder die Auswirkungen ungerechter Handelsbedingungen - es komme darauf an, endlich anzufangen, aus dem vorhandenen Wissen Konsequenzen zu ziehen und die Theorie in Praxis verwandeln. Krekeler vertraut dabei weniger auf Politiker, Staaten, Konferenzen oder Beschlüsse, die es "irgendwann in ferner Zukunft vielleicht schon richten würden". Vielmehr dokumentiert und veröffentlicht er erfolgreiche Nachhaltigkeitsinitiativen, ökologische Projekte oder alternative Wirtschaftsmodelle: "Es sind richtungsweisende Gegengeschichten zur existierenden Wirklichkeit, Hoffnung weckende 'Geschichten des Gelingens', die schon heute sehr viel bewirken und vor allem das Bewusstsein dafür schärfen können, dass es immer auch anders geht", erläuterte der engagierte Entwicklungsspezialist Krekeler.

Beispiel: rund 25 Initiativen im Andenraum als gelungene Gegenentwürfe zu konventionellem Wirtschaften und Leben. So berichtete Krekeler von einer Initiative im südkolumbianischen Charalá, in der eine Gruppe von Personen sich für die Wiederbelebung der Produktion traditioneller handgewebter Baumwolltextilien einsetzte und damit die kulturelle Identität einer Region wieder neu entfachen konnte. Das Kollektiv spürte schnell, dass die Rückbesinnung auf die textile Handarbeitstradition ein gangbarer Weg war, um die Geschichte der Region mit den Generationen der Gegenwart und der Zukunft in Verbindung zu bringen. Ein kleines Museum als Standort nutzend, bildete sich eine Initiative von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die Baumwolle auf natürliche Weise und ohne Anwendung von Agrarchemikalien anbauten, sowie Frauen, die das traditionelle Zwirnen und Weben noch beherrschten: "Heute sind in der Initiative 'Corpolienzo' insgesamt 80 Personen beteiligt, die große Mehrheit davon Frauen und viele ältere Menschen, die ihre Naturprodukte selbst verkaufen und vermarkten", berichtete Krekeler.

Weitere Beispiele waren die Einrichtung eines lokalen Mikrokino-Netzes in Peru, das in ihren Filmprogrammen anstelle US-amerikanisch geprägter medialer Fantasiewelten den lokalen Lebenskontext der Bevölkerung in den Mittelpunkt rückt und damit identitätsstiftend wirkt, oder die konstruktive Zusammenarbeit zahlreicher indigener Familien im bolivianischen Amazonas-Urwald bei der Verteidigung ihres Lebensraums gegenüber den Erdgasinteressen ausländischer Konzerne: "Alle Geschichten sind einzigartig und doch verkünden sie alle letztlich die gleiche Botschaft: Ein anderes Leben, eine andere, sozial gerechtere, ökologisch nachhaltigere Welt ist möglich - wenn wir nur wollen und wenn wir endlich damit anfangen", so Krekeler.