Eichstätt
Kino mit Tiefgang

Eichstätter Filmfest: 24 Beiträge und Hintergrundgespräche mit Autoren und Schauspielern

23.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

Schauspielerin Laura Cuenca Serrano (rechts), Hauptdarstellerin des Kurzfilms "Gerbera", und Autor Sascha Fersch stellten sich den Fragen des Publikums. Links Moderator Michael Graßl sowie die Initiatoren des Filmfestes, Daniela Märkl und Bruno Fritzsche. - Foto: Mayer

Eichstätt (EK) Das zweite Eichstätter Filmfest lockte von Donnerstag bis Sonntag viele Filmbegeisterte ins Kino im Alten Stadttheater. Dort war ein abwechslungsreiches Programm von 24 Kurz-, Dokumentar- und Spielfilmen zu sehen.

In diesem Jahr war das Rahmenprogramm im Vergleich zum Vorjahr erweitert worden. Im Anschluss an einige Filme waren Regisseure und Schauspieler anwesend und standen dem Publikum Rede und Antwort. Besonders gut kamen beim Publikum die Vorträge der deutsch-palästinensischen Friedensaktivistin Joana Osman, die aus ihrem Buch "Am Boden des Himmels" vorlas, sowie von Lars Hering an. Dieser schleuste sich zehn Wochen in die rechtsextreme Szene in Hoyerswerda ein, woraus die Fotodokumentation "HY/BZ" entstanden ist.

Zum Kurzfilm "Gerbera" waren Autor Sascha Fersch und die Hauptdarstellerin Laura Cuenca Serrano erschienen. Der Film erzählt von einem ganz gewöhnlichen, eher spießigen Paar, das sich beim Abendessen seine intimsten Geheimnisse gesteht. Die perfekte Fassade ist gebrochen, die Situation eskaliert. Für den Filmbetrachter tauchen viele Fragen auf. Welches "Vergehen" ist schwerwiegender? Dass der Mann seine Homosexualität preisgibt? Oder dass die Frau bekennt, dass sie ein intensives Verhältnis mit ihrem Chef hat? Wie viel Wahrheit kann eine Beziehung ertragen?

Die Zuschauer lauschen angeregt den Ausführungen der Protagonisten. Von Laura Cuenca Serrano, die in diesem Streifen ihrem Partner sehr obszöne Begriffe an den Kopf wirft, ging die Initiative zum Film aus. Sie beschäftige sich schon lange mit der Frage, was der Schlüssel zu einer funktionierenden, langjährigen Beziehung ist, und ob diese überhaupt noch in der postmodernen Gesellschaft erstrebenswert ist.

In den Vorträgen am Samstag standen ebenfalls die Fragen nach Konfliktlösung mit Blick auf gegenseitige Empathie im Vordergrund. Bei Joana Osman ging es um die Frage, wie Israelis und Palästinenser das Trauma der jeweils anderen Seite anerkennen und füreinander Empathie entwickeln können. Als Kind eines palästinensischen Vaters und einer deutschen Mutter ist der Nahost-Konflikt im Leben von Osman ständig präsent. "Dies schlägt sich natürlich auch in meiner kreativen Arbeit nieder." Abschließend meinte die Friedensaktivistin, die die Friedensbewegung "The Peace-Factory" mitbegründete: "Ich habe versucht, in meinem Roman die Erfahrungen, die ich als Aktivistin in Israel und den Palästinensergebieten gemacht habe, einfließen zu lassen."

Lars Hering sprach über seine Arbeit "HY/BZ", für die er 2013 für zehn Wochen nach Hoyerswerda gezogen war und sich dort mit der Stadt, ihrer Geschichte und vor allem ihren Bewohnern befasst hatte. "Ich habe mich dort in die rechte Szene integriert und bekam dadurch die Möglichkeit, etwas besser zu verstehen, woher die Gesinnung kommt, die unter anderem 1991 zu den Ausschreitungen in Hoyerswerda führte." Hoyerswerda stehe seitdem als Synonym für Rechtsradikalismus in Deutschland.

Sein Vortrag und das anschließende Gespräch am Samstag standen unter dem Titel "Learning from Hoyerswerda". Nach den Wahlergebnissen und den neuesten politischen Ereignissen in Deutschland und anderen Ländern unserer Welt habe Hering seine Arbeit von 2013 mit neuen Augen gesehen. "Ich glaube mit dem Einblick, den ich damals in Hoyerswerda bekam, einen Beitrag zu mehr Empathie für Menschen entwickeln zu können, die sich einer rechten Politik zuwenden, anstatt Extremisierung zu fördern. Jeder zählt und jeder ist wichtig. Und kein Verhalten ist per se gut oder böse, dumm oder schlau - jedes Verhalten hat Bedeutung, und die gilt es zu verstehen."

Beide Autoren zeigten sich vom Filmfest und der Stadt beeindruckt. Lars Hering fand, dass "Eichstätt eine wirklich wundervolle Stadt ist." Ein kleines Filmfest für diese kleine Stadt passe perfekt. Joana Osman ist vor allem dem Team sehr dankbar: "Ich werde im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder in Eichstätt auf dem Filmfest vorbeischauen, dann hoffentlich mit noch mehr Zeit." Insgesamt zeigten sich auch die Initiatoren Bruno Fritzsche und Daniela Märkl sehr zufrieden mit dem zweiten Eichstätter Filmfest. Für die Zukunft schmieden sie zusammen mit ihrem 15-köpfigen Team bereits Pläne. Sie hoffen, dass das Filmfest jedes Jahr etwas größer wird, sich etablieren kann und ein fester Bestandteil in der Eichstätter Kulturszene wird. Daniela Märkl träumt indes schon von etwas mehr: "Und vielleicht wird Eichstätt ja ein neues Cannes. Einen schönen Award haben wir ja bereits."