Eichstätt
"Eventgruppen" sind ein Problem

Viel Kompromissbereitschaft beim "Runden Tisch" zur Altmühlnutzung - Mehr Aufklärung gefordert

10.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr

Kiesbänke in der Altmühl als Laichplätze für Barbe und Nase können durch Bootwanderer geschädigt werden. ‹ŒArch - foto: Knopp

Eichstätt/Mörnsheim (EK) Vernünftige Lösungen zu finden, die Tourismus, Naturschutz und die Interessen der Angler berücksichtigen, war das Ziel eines "Runden Tischs" am Donnerstagabend in Mörnsheim.

"Kanufahrer weg, Barbe kommt - so einfach ist es also auch nicht", fasste Christoph Würflein, Geschäftsführer des Tourismusverbands Naturpark Altmühltal am Ende der Diskussionsrunde im Mörnsheimer Haus des Gastes zusammen.

Zu einem "Runden Tisch" hatte der Tourismusverband alle eingeladen, die von der Thematik Bootwandern, Angeln und Naturschutz an der Altmühl betroffen sind - und rund 80 Interessierte waren gekommen. Diese Zahl ist ein Hinweis auf die Brisanz der Angelegenheit, die im Juli mit Bekanntwerden der Forderung der Angler nach Einschränkungen für Kanufahrer so richtig Fahrt aufnahm (wir berichteten).

Am Donnerstagabend wurde in Mörnsheim von Beginn an auf Kompromissbereitschaft gesetzt. "Wir haben ja alle ein Interesse daran, eine vernünftige Lösung zu finden", betonten eingangs Robert Westphal, stellvertretender Landrat von Weißenburg-Gunzenhausen, und der Eichstätter Landrat Anton Knapp.

Wo die Probleme im Einzelnen liegen, fasste Fischfachberater Ulrich Wunner vom Bezirk Oberbayern nochmals zusammen: Barbe und Nase, seit Jahren in der Altmühl deutlich unterrepräsentiert, brauchen zum Laichen überströmte Kiesbänke, die in der Altmühl jedoch rar gesät sind. Wenn nun die scheuen Fische durch Kanufahrer von ihren Laichplätzen ferngehalten werden oder abgelegter Laich durch das Befahren der Kiesbänke zerstört wird, wird es für diese Fischarten schwierig.

Wunner betonte außerdem: "Der Fischereiberechtigte ist laut Gesetz zur Hege des Fischbestandes verpflichtet, es war also absolut richtig von den hiesigen Fischern, sich diesbezüglich an das Landratsamt zu wenden." Eine wichtige Frage sei für ihn aber auch, inwieweit Barbe und Nase überhaupt noch in der Altmühl laichen beziehungsweise ob die Kiesbänke in der Altmühl in ihrem heutigen Zustand als Laichhabitat geeignet sind, so Wunner.

Dieser Frage geht zur Zeit David Ipelkofer in seiner Masterarbeit im Fachbereich Geografie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt nach. Der Student präsentierte im Haus des Gastes das Konzept seiner Arbeit; Ergebnisse werden erst Ende nächsten Jahres vorliegen.

Dieter Lillich, Dipl.-Ing. Landschaftsplanung und als Berater für den Verbund der Kanutouristiker im Altmühltal (Akqua) vor Ort, war sich bereits sicher: "Die Altmühl stellt in ihrem heutigen ökologischen Zustand kein geeignetes Laichhabitat für rheophile, also strömungsliebende Fischarten dar." Auf Basis bereits veröffentlichter Studien sehe er weniger den Bootstourismus als vielmehr die Folgen der Altmühlregulierung, die suboptimalen Umgehungswege an den Wehren sowie die schlechte Wasserqualität als ausschlaggebend für die Probleme der Fischfauna an. Nichtsdestotrotz signalisierte Akqua-Sprecher Christoph Martin: "Wir wollen ein zukunftsträchtiges Gesamtkonzept, das den Fortbestand der Kanubetriebe sichert, aber auch die Bedürfnisse anderer Altmühlnutzer berücksichtigt." Er betonte jedoch, dass der Kanutourismus zwar ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region sei, aber stets mit Herausforderungen zu kämpfen habe - etwa der Abhängigkeit vom Wetter und einer relativ kurzen Saison.

"Eine Vollsperrung unterhalb von Hagenacker oder der Hammermühle würde einen Totalausfall unserer touristischen Kernstrecke zwischen Solnhofen und Dollnstein bedeuten", so Martin. Ein weiteres Problem sei seit einiger Zeit der starke Anstieg ortsfremder Anbieter, die mit großen Gruppen und teils nicht zulässigen Booten am Wochenende auf der Altmühl unterwegs seien. Klaren Regelungen auch diesbezüglich und möglichen baulichen Eingriffen zum Schutz der Laichplätze stehe man bei Akqua offen gegenüber.

Diese Aussagen wurden von den Vertretern der Angler- und Fischereivereine sehr positiv aufgenommen. Auch sie signalisierten Kompromissbereitschaft ("Von einer Vollsperrung war von unserer Seite nie die Rede"), auch sie befürworten bauliche Schutzmaßnahmen, auch sie sehen in den "Eventgruppen" von außerhalb ein großes Problem. Rudolf Rindlbacher vom Landratsamt Eichstätt meinte dazu: "Wenn die mal ein paar Bußgeldbescheide bekommen, dann spricht sich das auch rum."

Ein weiteres Problem brachte Fischer Hans Walk ins Spiel: "Wenn ich bereits im März den ersten Stand-up-Paddler flussaufwärts paddeln sehe - das ist nicht tragbar."

Warum, erklärte Fischfachberater Ulrich Wunner: "Beim Flussaufwärtspaddeln werden enorm feine Sedimente aufgewühlt, das ist extrem schädlich für die Fischbrut. Wenn die kleinen Fische feinen Sand zwischen die Kiemen bekommen, verenden sie." Hier sei eine bessere Information der Bevölkerung wichtig - eine böse Absicht wollte auch den Stand-up-Paddlern niemand unterstellen.

"Der Abend hat gezeigt: Es gibt viele Einflüsse, die auf die Altmühl einwirken. Manches ist nicht auf der lokalen Ebene lösbar, manches schon. Jetzt ziehen wir dabei an einem Strang", lobte Christoph Würflein. Ein nächster "Runder Tisch" soll nach der Auswertung der Vorschläge und Aussagen im ersten Halbjahr 2018 stattfinden, versprach er.
 

Kommentar von Katrin Straßer


Zunächst einmal großes Lob für die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten und für den Willen, zusammenzuarbeiten. Etwa bei der Aufklärung der Bevölkerung – wer weiß schon, dass Flussaufwärtspaddeln die Fischbrut schädigt? Richtig ist auch, dass manche Probleme nicht allein von den Akteuren vor Ort gelöst werden können. Trotzdem ist es enorm wichtig, dass die am Donnerstag angesprochenen Ideen und Vorschläge auch zeitnah umgesetzt oder zumindest weitergedacht werden. Die Angler erwarten zu Recht „richtige echte Regeln“ auch für Freizeitsportler – sonst könnte es schnell vorbei sein mit der Kompromissbereitschaft.