Eichstätt
"Endlich mit einer Stimme sprechen"

Podiumsdiskussion zum geplanten Freihandelsabkommen im voll besetzten Gutmann-Saal

14.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:42 Uhr

Podiumsdiskussion zum Freihandelsabkommen (von links): Eva Bulling-Schröter (Linke), Dieter Janecek (Grüne), die beiden Moderatoren Lennart Zech und Alice Robra sowie Andreas Maslo (CSU). - Foto: fmz

Eichstätt (EK) Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA erhitzt international die Gemüter. Nun haben Politiker verschiedener Parteien bei einer Podiumsdiskussion im Eichstätter Wirtshaus Zum Gutmann ihre Position zu dem umstrittenen Vorhaben erörtert.

Ob Chlorhühnchen, parallele Gerichtsbarkeit oder digitale Überwachung: Die Liste der Schreckensszenarien in Zusammenhang mit dem geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP ist lang. Wie sehr sich die Eichstätter um die möglichen Auswirkungen der weltweit größten Freihandelszone sorgen, wurde am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneter Eva Bulling-Schröter (Die Linke), Europaparlamentarier Andreas Maslo (CSU) und Bundestagsabgeordnetem Dieter Janecek (Grüne) deutlich. Eingeladen von den politischen Hochschulgruppen der Katholischen Universität stellten sich die Volksvertreter im Gutmann-Saal den Fragen des Publikums. Dass die ebenfalls eingeladenen Abgeordneten von FDP und SPD kurzfristig abgesagt hatten, änderte nichts am großen Interesse der Besucher, die sich im bis auf den letzten Platz besetzten Saal über die Gefahren und Chancen des Abkommens informieren wollten.

„Wir müssen alles tun, um TTIP zu verhindern“, stellte Bulling-Schröter gleich zu Beginn der Veranstaltung klar. „Das Abkommen soll ein Freibrief für die Konzerne werden, alle Schranken zurückzuweisen und soziale Standards zu schleifen. Arbeitsplatzverlust und Lohndumping sind die Folge.“

Für Janecek stellt sich die Situation etwas anders dar: „Wir wollen TTIP auch stoppen“, sagte der Grünen-Abgeordnete, „aber aus anderen Gründen.“ Prinzipiell sei der Freihandel insbesondere für den Exportweltmeister Deutschland eine gute Sache, doch müsste zunächst ein Weg gefunden werden, die unterschiedlichen Standards bestmöglich anzugleichen. „Wir brauchen einen Neustart für einen sozialen und ökologischen Freihandel.“

Dass europäische Standards nicht aufgeweicht werden dürfen, befand auch CSU-Mann Maslo, der sich als Einziger in der Runde für das Abkommen aussprach. „TTIP bietet Chancen, die wir unbedingt nutzen sollten“, erklärte Maslo, schließlich würden sämtliche Studien belegen, dass die angestrebte Freihandelszone positive Auswirkungen auf den Handel habe. Voraussetzung für seine Zustimmung sei allerdings, dass der Investitionsschutz aus dem Abkommen herausfalle und die Standards eingehalten würden.

Doch es waren nicht nur die wirtschaftlichen und sozialen Chancen und Risiken, die zur Sprache kamen. Auch das generelle Verhältnis zwischen Europa und den USA wurde ausgiebig erörtert. So warnte Janecek etwa davor, die USA zum Feindbild zu erklären, auch vor dem Hintergrund, „dass die das Abkommen noch viel weniger wollen als wir“. Wichtig sei vor allem, dass Europa endlich damit beginne, mit einer Stimme zu sprechen und sich selbstbewusst zu positionieren.

Ähnlich argumentierte auch Maslo: „Wir müssen uns zusammensetzen und uns überlegen, was wir eigentlich wollen. Nur dann können wir uns gegenüber unseren Verhandlungspartnern durchsetzen.“ Dies sei allerdings nur möglich – so die übereinstimmende Meinung –, wenn jeder einzelne Bürger seine Stimme erhebe. Die Europawahl am 25. Mai sei die beste Möglichkeit, die Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen. „Wir müssen verhindern, dass in der EU faschistische Kräfte etwas zu sagen bekommen“, sagte Bulling-Schröter. Und Janecek mahnte: „Wie soll man in der Europäischen Union intelligente Fragen beantworten, wenn die Rechten ins Parlament einziehen? Sagen Sie nicht, Ihnen sei alles egal, sondern gehen Sie wählen. Sonst bekommen wir bald alle ein großes Problem.“