Eichstätt
Ein großer Sohn Eichstätts

Unibibliothek widmet Raymund Schlecht eine Ausstellung, doch seine Grabstätte dümpelt vor sich hin

16.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:29 Uhr

Das Grabmal von Raymund Schlecht auf dem Eichstätter Ostenfriedhof. Der Löwenzahn hat sich ausgebreitet über dem „großen Sohn Eichstätts“ - Foto: hr

Eichstätt (EK) Die Bibliothek der Katholischen Universität widmet ihm eine große Ausstellung. Die Pflege seiner Grabstätte auf dem Eichstätter Ostenfriedhof allerdings lässt nicht vermuten, dass hier „ein großer Sohn Eichstätts“ begraben liegt, wie es auf der Inschrift heißt: Raymund Schlecht.

Der Nachlass des Theologen, Pädagogen und Musikforschers (1811-1891) zählt innerhalb der Bestandsgruppe zu den bedeutendsten Nachlässen der Universitätsbibliothek Eichstätt-Ingolstadt. Er umfasst etwa 3500 Handschriften, Drucke und sonstige Musikschriften und Manuskripte. Der Eichstätter Musikwissenschaftler und Seminarinspektor des Königlichen Schullehrerseminars gilt als Hauptvertreter des Cäcilianismus.

Geboren am 11. März 1811 in Eichstätt, besuchte Schlecht nach seiner Schulzeit in Eichstätt ab dem Jahr 1826 das Gymnasium in Neuburg an der Donau und wechselte 1829 an das Lyzeum in Regensburg. Hier studierte er Mathematik und Physik und – nach der Aufnahme des Theologiestudiums – vor allem Orientalische Sprachen. 1833 trat er in das Eichstätter Priesterseminar ein und wurde am 28. August 1834 zum Priester geweiht.

Nach kurzer Seelsorgertätigkeit als Hauskaplan des Pfarrers von Pollenfeld wurde Schlecht zum Präfekten und ersten Lehrer des neu gegründeten Schullehrerseminars für die Oberpfalz in Eichstätt und 1838 zu dessen Direktor mit dem Titel „Inspektor“ ernannt. Dieses Amt, bei dem er eine Verbesserung der pädagogischen Ausbildung der Lehrerschaft anstrebte und sich unter anderem für die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht einsetzte, übte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1868 aus.

Danach widmete er sich ausgedehnten Forschungen auf dem Gebiet des gregorianischen Chorals und schrieb eine Eichstätter Musikgeschichte in vier Bänden. Ein beträchtlicher Lotteriegewinn ermöglichte es ihm, zahlreiche Ankäufe von Musikalien zu tätigen. Seine Sammeltätigkeit umfasste neben Musikhandschriften, alten Musikdrucken und Instrumenten auch andere Gebiete wie Münzen, Mineralien und Fossilien, die heute zum Teil im Gabrieli-Gymnasium und im Historischen Verein aufbewahrt werden.

Schlecht war vom bayerischen König 1859 zum Geistlichen Rat ernannt worden und wurde 1879 Ehrenmitglied der Gesellschaft für Musikforschung.

Seine Bibliothek sowie 1000 Reichsmark vermachte Raymund Schlecht mit Testament vom 13. November 1889 dem „Hochwürdigsten Domkapitel“. Sie wurde im sogenannten Palästrinasaal aufgestellt, wo bereits die alte Domkapitelbibliothek bis 1806 gestanden hatte. Da aber wertvolle Bände abhandenkamen, wurde sie 1934 in das Diözesanarchiv und 1970 zur Aufbewahrung und Nutzung in die Staats- und Seminarbibliothek gebracht. Mit finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft wurden die Musikhandschriften ab 1983 katalogisiert und in zwei Bänden unter dem damaligen Bibliotheksdirektor Dr. Hermann Holzbauer von Christopher Großpietsch herausgegeben. Derzeit läuft die Überführung in eine elektronische Präsentation innerhalb der Virtuellen Fachbibliothek Musik an der Bayerischen Staatsbibliothek München.

Die Ausstellung „Raymund Schlecht (1811-1891) Theologe – Pädagoge – Musikforscher“ wird am 23. Mai um 19 Uhr in der Staats- und Seminarbibliothek am Hofgarten eröffnet und dauert bis 31. August 2012.