Eichstätt
Ein Südtiroler als Weihnachtsgeschenk

Günter Grünwald füllte den Asthe-Festsaal als "Deppenmagnet" bis zum letzten Platz

29.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Ohne Requisite und doppelten Boden: Günter Grünwald begeisterte mit seinem Programm "Deppenmagnet" die Besucher im Alten Stadttheater in Eichstätt. - Foto: Traub

Eichstätt (wbu) Werbung war da wirklich nicht mehr nötig: Wenn Günter Grünwald im Saal des Alten Stadttheaters angekündigt ist, kann man davon ausgehen, dass sich die Bude füllt - egal, ob das mitten unter der Woche ist, und ebenso, ob der 1. FC Bayern in der Champions League auftritt.

So auch am Mittwochabend: Um das aktuelle Programm "Deppenmagnet" zu erleben, waren am Mittwoch exakt 550 Besucher ins Asthe geströmt. Sie brauchten es nicht zu bereuen.

Wie schon bei seinem letzten Asthe-Gastspiel im Februar 2014 (mit "Da sagt der Grünwald Stopp") bot der Abend Zwerchfell-Strapazen ohne Ende, bescherte der Lokalmatador den Lachmuskeln einen Kater. Wie immer kommt er dabei gänzlich ohne jedes Requisit, ganz ohne Kulisse, ohne jedes Mobiliar auf der Bühne aus - er ist sich selbst genug, und dem Publikum erst recht, wenn er in Jeans und lose darüberhängendem Hemd dort oben steht und scheinbar spontan drauflosplaudert.

Immer wieder stutzt und stockt er scheinbar und hat die kommende Pointe doch bereits fest im Blick. Er versteigt sich zu purem Unsinn, um sich dann mit der Floskel "Äh, Schmarrn!" scheinbar zu korrigieren, steigert den Nonsens aber zu noch skurrileren Pointen. Ein typischer Zug Grünwaldscher Komik, etwa in der Geschichte vom schwitzenden Gastro-Kritiker: "Der war schon in den exotischsten Ländern. In Papua-Neuguinea, in Nepal, in Sachsen-Anhalt! Äh ... - Schmarrn! In Neuguinea war der no ned!"

Bot das Programm "Da sagt der Grünwald Stopp" eher Drastik, Derbheit und Direktheit mit mannigfachem "Drecks"-Vokabular, so überrascht der "Deppenmagnet"-Abend tatsächlich mit filigran-feineren Pointen, wenn Grünwald (an unerwarteten Stellen) in seine Dialoge Polit-Zitate einbaut, etwa von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ("Roberto Blanco - ein wunderbarer Neger!") oder Günther Schabowski ("Diese Regelung tritt nach meiner Kenntnis sofort, äh, unverzüglich in Kraft") - nur, dass es nun nicht um den Mauerfall geht, sondern Mutter Grünwald hier entscheidet, dass die Familie statt um 17 Uhr künftig eine halbe Stunde später zu Bett geht.

Auch im "Deppenmagneten" wird ausgeteilt und kräftig Kritik geübt: gegen den Trend etwa, dass man Brot im Back-Shop statt beim Bäcker kauft ("Ja, ma woaß doch, dass der Teig für die Backmischungen aus China kommt und der teigmischende kloane Chinese sich wundert, warum da kein Hund rein soll ..."). Ein ganz neuer Trend sei es, sich eben gerade nicht mehr tätowieren zu lassen (etwa vom rumänischen Dienstleister, der statt "Born to lose" - Motto von Lemmy selig - "Born in Toulouse" versteht).

Es geht um Dalis zerrinnende Uhren und Spinnenbein-Elefanten, um ein Gerät, das hartnäckigen Dreck aus dem Siphon ebenso wie Fischgräten aus dem Hals entfernen kann, um die Telekom, die "Mehr Erleben!" verspricht" - aber: "Wie soll man was erleben, wenn man pausenlos auf das Tablet glotzt"

Traumkörper (wie Grünwalds Bühnen-Ich vor 30 Jahren einen besessen haben will) und Traum-Urlaube (am Camping-Platz, auf Kreuzfahrt oder im Club) spielen ebenso eine Rolle. Das Programm entwirft köstlich skurrile Situationen wie die Geschichte von den sechs Cowboys in der Wüste, wovon einer lieber ins Erlebnisbad reiten möchte - oder vom Neffen, der sich zu Weihnachten einen "Südtiroler" wünscht, den der Onkel unter Mühen aus der Bozener Penner-Szene beschafft - um dann zu erfahren, dass "ein Cityroller" gemeint war ("Nächstes Jahr schenk ich dem einen Besuch beim Logopäden").

Auch politisches Engagement kommt nicht zu kurz, ob Grünwald sich nun direkt mit Fans der "Pegida" befasst oder ob er indirekt in der Rolle vom Besoffenen beim Schutter-Wirt sich über "Neger" auslässt. Und er freut sich, dass man die unflätige Invektive "Du schwule Sau" nicht mehr hört: Heute müsse ein Friseur mutig sein, wenn er sich als "Hetero" outet. Freilich sollten sich auch noch aktive statt zurückgetretene Fußballer als schwul outen können.

Unmissverständlich macht der Kabarettist klar, dass es genau eine Zugabe geben wird. Und die hat es in sich und handelt von der tragischen Geschichte vom Onkel, der von Außerirdischen entführt wurde - was in einen krachenden Gag mündet.