Eichstätt
Ein Leben für die Pizza

Nach rund vier Jahrzehnten ist Schluss: Ottavio Cau (61) steht heute zum letzen Mal in seiner Piccola

18.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:51 Uhr

Pizzabäcker Ottavio und seine Frau Ingrid Cau in der Piccola in Eichstätt. 41 Jahre lang hat Ottavio in Eichstätt Pizza gebacken. - Fotos: vak/privat

Eichstätt (EK) Heute ist Schluss. Nach über 40 Jahren hört der Eichstätter Pizzabäckermeister Ottavio Cau auf. Dem gebürtigen Italiener ist dieser Entschluss nicht leicht gefallen. Aber die Gesundheit muss vorgehen, sagt seine Frau Ingrid.

Mit weißer Schürze und Kopfbedeckung steht Ottavio zwischen seinem Pizzaofen und der Ladentheke der Piccola: Während er bereits den Teig für eine weitere Pizza ausrollt und belegt, backen schon ganze Bleche im Ofen. Es ist halb elf Uhr morgens, und vor seiner Tür wartet bereits eine ganze Gruppe Austauschstudenten darauf, dass er den Verkauf eröffnet. Genau so kennen ihn die Eichstätter: der immer gut aufgelegte Italiener, der für seine Pizza lebt und sie mit Leib und Seele backt. Doch damit wird bald Schluss sein, der Pizzabäckermeister kämpft mit Rückenproblemen. Am heutigen Freitag wird er noch in seinem Laden backen, danach übergibt er den Laden an die Familie Di Candia.

So ganz aufhören mit dem Pizzabacken möchte er eigentlich noch nicht. Sein ganzes Leben hat Ottavio der Pizza gewidmet – die Piccola ist sein Lebenswerk. „Unser Werk“, stellt Ottavio mit Blick auf seine Frau Ingrid fest. Sie ist seine rechte Hand im Laden, jeden Tag verkauft sie an seiner Seite die Pizzen an die Kunden. Doch am Aus führt kein Weg vorbei.

„Mein Mann soll auf seine Gesundheit achten“, findet Ingrid. Und seine Rückenprobleme lassen sich nicht mit dem Pizzabacken vereinbaren. Die Piccola, das „ist sein viertes Kind“, so vergleicht Ingrid die momentane Gefühlslage ihres Mannes. Die drei Kinder der Caus sind mit der Pizzeria groß geworden.

1973 hat es Ottavio von Italien nach Eichstätt verschlagen. Über seinen damaligen Chef erfuhr er, dass ein italienischer Restaurantbesitzer in Eichstätt einen Pizzabäcker sucht. Abgesehen von einem fünfjährigen Ausflug nach Fürth ist er der Stadt seitdem treu geblieben – und die ihm. Wieder zurückgekehrt eröffnete er ein eigenes Lokal in der Westenstraße.

Von allen Seiten seien sie gewarnt worden, die Lage sei zu schlecht, die Räume zu klein, erzählt Ingrid. Sie selbst hat die ersten zwei Jahre noch in einem Krankenhaus gearbeitet, bis sie ihren Mann im Restaurant unterstützte. Seitdem arbeiten sie täglich zusammen und haben alle Probleme gemeinsam gemeistert.

Alte Bilder an den Wänden der Piccola zeigen eines ihrer Kinder, das sich gerade über eine Pizza von Ottavio hermacht. Der Pizzabäckermeister selbst hat ebenfalls für ein Bild mit seiner Pizza posiert. Liegend streckt er sie dem Betrachter entgegen und freut sich mit großen Augen wie sein Kind auf dem Bild daneben über sein Werk. Mittlerweile sind die Kinder erwachsen und die Piccola seit neun Jahren in verkleinerter Form in der Luitpoldstraße zu finden. Dort helfen auch die Kinder schon mal im Laden beim Verkauf aus, wenn es knapp wird. Übernehmen möchte aber keiner von ihnen.

Feuer gefangen für sein Handwerk, das er mittlerweile seit über 40 Jahren ausführt, hat der 61-Jährige bereits mit 14 Jahren: In seiner Heimatstadt Bibione in Italien arbeitete er immer nach der Schule in einer Pizzeria. „Aber ich durfte keine Pizza selber backen“, bedauert Ottavio. Zwei Jahre später fing er eine vierjährige Ausbildung zum Pizzabäckermeister an, um das zu ändern. Währenddessen lernte er nicht nur, Pizzen zu backen, sondern auch, seine Gäste zu unterhalten. Zu ihrer Belustigung haben sie damals den Pizzateig in der Luft in Form geworfen, und diesen unter den Mitarbeitern durch den ganzen Raum jongliert.

Seine Begeisterung für das Pizzabacken ist bis heute ungebrochen. Jeden Tag setzt er um 6 Uhr morgens den Teig an, denn „der ist das Wichtigste für die gesamte Pizza“. Am Belag selber hat er in all den Jahren nicht viel verändert. „Wir haben nicht jede neue Mode mitgemacht“, erzählt Ingrid. Mais käme bei Ottavio zum Beispiel nicht auf die Pizza: „Das ist Viehfutter.“ Und das geht gegen seine Berufsehre.

Ob Schüler, Studenten oder Berufstätige, sie alle schätzen seine Pizzen. Mittags stehen die Leute bis auf die Straße, um sich ihre Schnitten von Ottavio zu kaufen. „Hier gibt es die besten Pizzen der Stadt“, sagt ein Stammkunde. Genau die werden Ottavios Pizzen in Zukunft vermissen.

Ottavio und Ingrid selbst schauen ihrer Zeit nach der Piccola mit gemischten Gefühlen entgegen: Für beide sei es rückblickend eine schwere, aber auch eine schöne Zeit gewesen. Aufzuhören sei für alle schwierig. „Die Piccola war ein großer Teil unseres Lebens, jetzt müssen wir neu anfangen“, resümiert Ottavio. Während sich seine Frau darauf freut, mehr Zeit mit dem Enkelkind zu verbringen, kann sich Ottavio nicht vorstellen, überhaupt nicht mehr zu arbeiten: „Einen Minijob brauche ich schon noch“, sagt er.

Auch das Pizzabacken kann er doch noch nicht so ganz sein lassen: Freunde und Familie haben ihm schon vorgeschlagen, im Garten einen Holzofen zu bauen, „aber das wird noch ausgekämpft“, scherzt Ingrid. Sie ist von den Plänen ihres Mannes nicht so begeistert. Ganz vorbei ist es also vielleicht doch nicht mit Ottavios Pizzen – zumindest privat.