Eichstätt
Ein Herbstgarten zum Träumen

Zum Auftakt der Pro-Musica-Konzerte gab es französische Kammermusik im Spiegelsaal

19.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

 

Eichstätt (EK) Der graue Abendregen hatte am vergangenen Donnerstag den goldenen Herbsttag bereits verdrängt, da erstanden im Spiegelsaal der Eichstätter Residenz die bunten Farben dieser Jahreszeit akustisch vor den Zuhörern der Pro-Musica-Konzerte wieder auf. Ein Kammermusiktrio aus Flöte, Sopran und Klavier eröffnete die 32. Saison der Konzertreihe unter der Organisation von Andreas Meixner.

Sängerin Christina Kühne, Jana Mosemann an der Flöte und Pianist Thomas Hinz luden das Eichstätter Publikum ein, mit ihren spätromantischen Stücken aus Frankreich durch einen farbenfrohen Herbstgarten zu wandeln. „Viens! Une flûte invisible soupire“ – Komm! Eine unsichtbare Flöte seufzt – so hatte das Trio seinen Kammermusikabend überschrieben. Diesen Titel trugen auch die ersten beiden Stücke, die die drei interpretierten. Die unsichtbare Flöte seufzt darin mit einem Text von Victor Hugo im Obstgarten. Im Eichstätter Spiegelsaal war Jana Mosemann mit ihrer Querflöte aber keineswegs unsichtbar. Sauber in der Höhe präsent und mit flinken Läufen begleitete sie zusammen mit Thomas Hinz den glockenhellen Sopran von Christina Kühne bei der ersten Version des Stücks von André Caplet. Camille Saint-Saens Fassung davon zeigte sich ruhiger, sonorer und entspannter. Kühnes Stimme kam dabei besser zur Geltung und lud die Zuhörer zum Träumen ein.

In eine geheimnisvolle Ecke des musikalischen Herbstgartens entführe das Stück „La flûte enchantée“ – Die Zauberflöte – von Maurice Ravel. Dunkel, fast grollend vom Klavier umspielt, wechselte Mosemann die Oktaven auf der Flöte bezaubernd mühelos und klar und bereicherte den Gesang Kühnes. Blitzsauber unisono musizierten Flöte und Sopran bei der „Élégie“ von Jules Massenet zusammen, die das Ende des Frühlings beweint und fürchtet, er kehre nie wieder.

Aber nicht nur zu dritt überzeugten die Musiker an diesem Abend im nicht ganz vollen Spiegelsaal. Kühne ließ Kolibris gesanglich durch den musikalischen Garten fliegen und beklagte elegisch den verblühenden Frühlingsflieder, mit dem auch die Liebe stirbt, in Liedern von Ernest Chausson. In Gabriel Faurés Stücken wandelte sie mit dem Publikum „Am Ufer“ und gab sich tiefer Traurigkeit im gleichnamigen Stück hin. Dabei erfüllte die zierliche Sängerin stimmgewaltig den barocken Spiegelsaal und zeigte sich gefühlvoll, aber auch energisch in ihrem Vortrag. Thomas Hinz untermalte ihren Gesang am Flügel gekonnt mal zurückhaltend, mal drängend.

Solistisch war der Pianist mit den „Images“ (Bildern) von Claude Debussy zu hören. Dabei schlug er leise Töne an, entfachte mit seinen flinken Fingern aber auch wahre Herbststürme auf der Tastatur des generalüberholten Flügels des Spiegelsaals, die auch vor dem inneren Auge der Zuhörer lebendig hin und her fegten.

Ebenfalls im Duo musizierte Hinz mit der Flöte. Mosemann nutze bei den Stücken von Ravel, Enescu und Fauré den gesamten Tonumfang ihres Instruments: Mit sonorer, geheimnisvoller Tiefe bereicherte sie die Farben des spätromantischen musikalischen Gartens genauso wie mit feinen Höhen, die sie ihrer Flöte entlockte. Intonatorisch sauber und rhythmisch akkurat, aber doch auch mit viel Emotion interpretierte sie die Stücke der französischen Komponisten. Mit „Syrinx“ von Claude Debussy zauberte die Flötistin solistisch zwar etwas forsch, aber doch sehr schön, verwunschen impressionistisch die gleichnamige Nymphe aus Ovids Metamorphosen in den herbstlichen Garten. Nach ausgiebigem Applaus und einer Zugabe verließ das Publikum den Spiegelsaal in die neblige Eichstätter Nacht – den Garten der französischen Träume noch zauberhaft im Ohr.