Eichstätt
Mit spitzer Zunge zum Höhepunkt

Melanie Arzenheimer, Sisi Wein und Klaus Kopischke präsentierten spritziges Kabarett

11.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr
Ein zwei Mal ausverkaufter Brüller im Rahmen der Frauentage: Der Kabarettabend "Mut zur Erotik" mit Melanie Arzenheimer, Sisi Wein und Klaus Kobischke (von rechts). −Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Es war eine Premiere der besonderen Art, die da auf der Kleinkunstbühne im "Gutmann" stattfand: Am Internationalen Tag der Frau präsentierten Sisi Wein und Melanie Arzenheimer unter dem Titel "Mut zur Erotik - Endstation Eichstätt" erotisches Kabarett vom Feinsten, gewürzt mit einer Prise Poesie und musikalisch herausragend begleitet von Klaus Kopischke.

Als Lohn für die zweistündige Attacke auf das Zwerchfell ernteten sie Standing Ovations des restlos begeisterten, vorwiegend weiblichen Publikums.

Es war nicht alles jugendfrei, was Wein/Arzenheimer in kongenialer Weise bei ihrem Tauchgang in die Tiefen der Eichstätter Erotik zutage förderten. Und doch traf es genau den Punkt der erogenen Zonen einer katholischen Kleinstadt, die im Verdacht steht, dass sich ihre Libido irgendwo zwischen Wochenmarkt und Pendelbusverkehr erschöpft, wie schon im Programm angekündigt.

Der Erfolg hatte auch mit der Musik zu tun, denn Klaus Kopischke setzte am Keyboard ein Highlight nach dem anderen, während Wein und Arzenheimer ihr bisher so nicht bekanntes außergewöhnliches Gesangstalent bewiesen. Kam dann noch thematisch passender Slapstick dazu, dann blieb bei den Zuschauern kein Auge trocken. Unvergesslich und sicher ein "Höhepunkt" des Abends war die körperbetonte Schmuseeinlage von Melanie Arzenheimer mit einem Plüschtiger, während Kopischke und Wein ein elektrisierendes "Teach me Tiger" ins Mikrofon hauchten.

So hangelten sich die beiden erotikerfahrenen Damen mit spitzer Zunge vom Vorspiel zum Höhepunkt und wieder zurück und setzten dabei Körper und Stimme, Mimik und Gestik so brillant ein, dass sie eine unglaubliche Bühnenpräsenz gewannen. Sie starteten ihre erotische Reise durch Eichstätt und die eigene sexuelle Entwicklung im Jahr 1990, als sie beide noch "Like a Virgin" (Kopischke) waren. Für die Aufklärung der Jugendlichen sorgten damals "Bravo" und Jugendromane, Dr. Sommer hatte Hochkonjunktur, beim Knutschen verhakten sich noch die Zahnspangen und "Beim ersten Mal tat's noch weh", wie Kopischke liedhaft beisteuerte. Die Favoriten der Frauenträume waren Kaiser Franz aus den "Sissi"-Filmen, der schottische Highlander und ein James Bond, der selbst im Plüschpyjama noch scharf aussah. Arzenheimers Schottengedicht passte da gut, denn: "Neulich unterm Schottenröckchen regte sich das Schottenglöckchen." Der Eichstätter Mann und das erste Mal waren dann im Vergleich zu diesen Idolen doch eher ernüchternd, wie beide Kabarettistinnen zugaben. Überhaupt war es damals nicht ganz einfach, sich der ersten Liebe unbeschwert hinzugeben: schmale Jugendbetten, die Eltern hinter der Rigipswand, enge Sitze im Fiat 500 oder ein doch nicht so bequemes "Bett im Kornfeld" (Kopischke) - all diese erschwerten Bedingungen, die dem johlenden Publikum offenbar bestens bekannt waren, blieben eher traumatisch als traumhaft in Erinnerung.

Die erotische Spurensuche im Studenten- und Akademikerleben Eichstätts verlief eher durchwachsen, obwohl es hier Geschäfte gebe, die "Eisenhart", "Dickmann" und "Schneller" heißen, und Ärzte namens Lochmann, Decker und Gailhofer. Die hohe Frauenquote bei den Journalisten, die limitierte sexuelle Attraktivität von Religionspädagogen, Psychologen, die dich auf die Couch, nicht aber ins Bett holen, und Mathematiker, die deine Kurven diskutieren und mit den Hypotenusen schmusen, sprechen da für Wein und Arzenheimer eine klare Sprache.

Die nächsten Stationen des erotischen Stadtrundgangs waren die Bereitschaftspolizei, das Volksfest, die Volkshochschule und der Fasching. Hier kam endlich auch die auffällige schwarze Schaufensterpuppe auf der Bühne zum Einsatz, die von Arzenheimer eine Polizeiuniform erhielt und gefesselt wurde, während das Lied ertönte: "Du bist verhaftet wegen sexy!" Die amourösen Erfahrungen einer Hausfrau und Mutter reizten die Lachmuskeln ebenso wie "Apple", der größte Lustkiller im ehelichen Schlafzimmer. Um der erotischen Routine zu entgehen, so die beiden erfrischend frechen Kabarettistinnen, würden Sextoys, Kabelbinder und Handschellen eingesetzt wie in "Shades of Grey", und Kopischke spielte in glänzender Manier und passender Mimik dazu "Bitte lass mich dein Sklave sein!" Am Ende hielten die beiden weiblichen Casanovas gar Tipps zur Belebung des erotischen Alltags für Eichstätt bereit, die vom "Paddel-in-Bordell" für Bootswanderer bis zur Partnermassage mit Walburgisöl reichten.

Es ist unglaublich, welche thematische Vielfalt das älteste Thema der Welt doch bereithält. Spätestens als zum Abschied die Liebeshymne "Chanson d'amour - ratatatata" erklang und Melanie Arzenheimer erneut zum Schmusetiger griff, wussten alle im Publikum: Hier hat sich ein professionelles Kabarett-Trio der Extraklasse gefunden, das hoffentlich noch häufiger in unserer Region auftreten wird.