Eichstätt
Ehrenamtliche als Vormund?

Weißenburg setzt bei Betreuung junger Asylbewerber auf Bürger

01.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Eichstätt/Weißenburg (smo) Das Kreisjugendamt in Weißenburg sieht sich am Ende seiner personellen Kapazitäten – und geht, was die Vormundschaft für jugendliche Flüchtlinge anlangt, einen eigenen Weg: Es will Menschen aus der Bevölkerung für diese Aufgabe gewinnen.

Ein gangbarer Weg?

Mit einem Flyer werben Jugendamt und Freiwilligenagentur für die verantwortungsvolle Aufgabe. „Engagieren. Sie. Sich“, steht auf dem Zettel, der seit einigen Tagen im Umlauf ist. „Wenn Sie helfen wollen und etwas Zeit haben, setzen Sie sich als Vormund für ein oder zwei dieser jungen Menschen ein.“ Interesse an anderen Kulturen und Engagement, auch einmal schwierige Aufgaben zu übernehmen, sollte ein Vormund haben. Und auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Tätigkeit sind – laut Infoblatt – gering: Volljährigkeit, Führungszeugnis, persönliches Vorgespräch und eine Bestätigung durch das Jugendamt. Am Ende steht dann eine Bestellung durch das Familiengericht, rein rechtlich schlüpft man in die Elternrolle für einen Flüchtling.

„Wir können die Vormundschaften personell nicht mehr stemmen“, erklärt Sven Hildebrandt. Eineinhalb Stellen sind derzeit im Weißenburger Jugendamt für die Vormundschaft vorgesehen. Die haben auch ohne Flüchtlinge genug zu tun. Der Amtsvormund im Weißenburger Jugendamt hat das Modell zusammen mit Dorothee Bucka von der Freiwilligenagentur Altmühlfranken entwickelt. Auf der Grundlage der seit Jahrhunderten üblichen Vormundschaften von nahen Verwandten. „Wir sehen es als wünschenswert an, wenn sich Ehrenamtliche in diesem Bereich engagieren“, so Hildebrandt. Ein bis zwei Flüchtlinge sollten die privaten Vormünder übernehmen. „Da ist doch zeitlich eine ganz andere Betreuung möglich, als wenn wir Hauptamtlichen mit bis zu 50 Fällen belastet sind.“ Ein Beispiel: „Ein Jugendlicher fühlt sich doch ganz anders willkommen, wenn er in seiner Landessprache begrüßt wird.“ Das könnte etwa ein ehrenamtlicher Vormund leisten.

Aber: Er muss sich auch an die gesetzlichen Vorgaben halten und das Asylverfahren für den Betroffenen vorantreiben. Ist das nicht zu viel an Rechtswissen für einen Laien? In der Stellenbeschreibung für einen Amtsvormund sind allein 16 Paragrafen aus verschiedenen Gesetzen genannt, die beachtet werden müssen. Hildebrandt verneint: Es soll Fortbildungsveranstaltungen geben, außerdem stehe das Jugendamt jederzeit beratend zur Seite. Da muss dann am Ende wohl doch das Landratsamt entsprechend aufstocken, um diese Arbeit noch zu erledigen. „Im Idealfall“, so Hildebrandt, „bildet sich da eine Community, die sich gegenseitig über ihre Erfahrungen austauscht.“

19 Landkreisbürger haben bereits ihr Interesse bekundet, sich engagieren zu wollen – ehrenamtlich. Mit der Übernahme einer Vormundschaft müssen sie sich dann um den Kontakt mit den Behörden kümmern. Die Freiwilligenagentur gibt einen Zeitaufwand von etwa fünf Stunden pro Monat an – „je nach individuellem Einsatz mehr“. Mindestens einmal im Monat muss man sich mit seinem Mündel treffen – „in der Praxis eher ein Termin pro Woche“. Außerdem verlangt das Gericht halbjährlich einen Bericht vom Vormund. Letztlich soll alles einem Ziel dienen: „Gemeinsam mit diesen jungen Menschen die Weichen für ihre Zukunft stellen.“