Eichstätt
Die Schneemassen lesen lernen

Eichstätter Geographie-Studenten waren mit dem Lawinenwarndienst unterwegs

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Geographie-Dozent Florian Haas präsentiert den Blocktest, der Einblick in die Schichten der Schneedecke und die zu erwartende Lawinengefahr gibt. −Foto: Haas

Eichstätt (EK) Nach mehreren Tagen mit ergiebigen Schneefällen herrscht in den bayerischen Alpen aktuell erhebliche Lawinengefahr. Verschärft wird die Lage durch die für die nächsten Tage angekündigte wärmere Witterung.

Aber wie kommt es zu Lawinenabgängen, wie kann man sie vorhersagen und sich vor ihnen schützen? Mit diesen Fragen befassen sich Geographie-Studierende der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) in diesem Wintersemester im Modul "Schnee-, Lawinen- und Gletscherkunde".

Höhepunkt ist eine zweitägige Geländeübung, zu der am vergangenen Freitag 40 Studierende gemeinsam mit Dozent Dr. Florian Haas vom Lehrstuhl für Physische Geographie in Richtung Alpen aufbrachen. Ziel am ersten Tag war das Skigebiet Spitzingsee - begleitet wurde die Exkursionsgruppe dabei vom Obmann der Lawinenkommission vom Schliersee, Walter Alkofer, und dem stellvertretenden Leiter der Lawinenwarnzentrale, Dr. Thomas Feistl. Sie lieferten einen Einblick in die Arbeiten einer Lawinenkommission und zeigten, wie Messdaten über die Schneesituation erhoben werden und daraus ein Lawinenlagebericht erstellt wird.

Bei heftigem Schneefall mussten die Geographie-Studenten selbst Hand anlegen und gemeinsam mit den Experten eine Abschätzung über die Lawinengefahr abgeben. Dazu gehörten neben der detaillierten Aufnahme der einzelnen Schneeschichten vor allem Tests, die Hinweise auf die Stabilität der Schneedecke und damit auf die Lawinengefährdung geben sollten.

Teil des Standardverfahrens zur Stabilitätsüberprüfung ist der sogenannte kleine Blocktest, den Exkursionsleiter Florian Haas seinen Studenten vorführte: Ein definierter Schneequader wird durch Klopfen mit einer Schaufel nach und nach immer mehr belastet. Insgesamt konnten zwei Schwachschichten in der Schneedecke identifiziert werden. Die Eichstätter Gruppe legte sich damit auf eine erhebliche Lawinengefahr, die bei Stufe 3 von 5 liegt, fest. Bei ihr kann bereits ein einzelner Skifahrer eine Lawine auslösen. Tatsächlich entsprach dies genau der Gefährdungsstufe, die der Lawinenwarndienst für diesen Tag ausgegeben hatte.

Neben den Schneedeckenuntersuchungen gehört zu den Arbeitsaufgaben der Lawinenkommission auch die Überwachung der Lawinengefahr an der Spitzingseestraße, da hier vor allem nach starken Schneefällen mehrere Lawinenstriche die Straße bedrohen. Um die Lawinen im Gefahrenfall kontrolliert zu sprengen, arbeitet dort die modernste Lawinensprengbahn Europas. Deren Funktionsweise wurde der Exkursionsgruppe ebenfalls hautnah von zwei Sprengbeauftragten demonstriert.

Der zweite Exkursionstag stand ganz im Zeichen der Vertiefung des Gelernten. In kleinen Gruppen führten die Studierenden in der Nähe des Braunecks bei Lenggries eigenständige Schneedeckenuntersuchungen durch. Die während des Tages erhobenen Schneedeckendaten bilden die Grundlage für die benotete Semesterabschlussarbeit in dem Modul "Schnee-, Lawinen- und Gletscherkunde".