Eichstätt
Die Schanz war "uneinnehmbar"

Historischer Verein besichtigte Bollwerke in Ingolstadt – 20 Jahre Bauzeit

29.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Die Teilnehmer der Fahrt des Historischen Vereins in die „Schanz“ vor einem der Tore der Ummauerung Ingolstadts. Links: Stadtführer Helmut Fertsch - Foto: je

Eichstätt/Ingolstadt (je) Das gewaltige, 23 Millionen Gulden teuere Bollwerk „Landesfestung Ingolstadt“ aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist nie von Feinden berannt worden. Es kann im Sinne moderner Terminologie als Maßnahme zur Arbeitsbeschaffung angesehen werden.

Der Historische Verein Eichstätt konnte bei einer Sonderführung unter Leitung seines Vorsitzenden Konservator Albert J. Günther Teile der unter- und oberirdischen Anlagen der Fronte Rechberg besichtigen.

Die Erklärungen gab Helmut Fertsch, Spezialist für die militärischen Bollwerke, von denen die Bezeichnung „Schanzer“ für die Ingolstädter abgeleitet ist. Wie er sagte, wurden die Befestigungen seit dem Mittelalter immer wieder um Ingolstadt gezogen, jeweils der Schusskraft der Artillerie entsprechend, in einem größeren Umkreis. Auch unter König Ludwig I. (1786 – 1868) wurde eifrig gebaut.

Diese Bollwerke haben eine Länge von zwölf Kilometer, unterirdisch konnte in ihnen einst die ganze Stadt umrundet werden. Heute ist das nicht mehr möglich: Teile gehören der Bundesrepublik, dem Freistaat Bayern, der Stadt Ingolstadt und Privatleuten oder sind beseitigt. 20 Jahre lang haben rund 7000 Arbeiter, darunter viele aus den umliegenden Orten und aus Eichstätt, an dem Werk ihr Brot verdient.

„Die Bastionen der Landesfestung waren uneinnehmbar“, sagte Fertsch. In dem langen Gang mit den Kasematten für die Besatzung waren Vorkehrungen getroffen, eventuell eingedrungene Feinde durch Bohlenabsperrungen aufzuhalten, eine hölzerne Brücke war demontierbar, und die Wiesen vor den Anlagen, heute Glacis, durften nicht betreten werden. Der Grund: Die Artillerie sollte freies Schussfeld haben. Obendrein konnte ein breiter Graben geflutet werden. Noch 1880 entstand ein äußerer Fortgürtel mit einem Umfang von 48 Kilometer.

Zur Besatzung der Anlage gehörten Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 12 000 Soldaten. Sie hatten 500 Geschütze zur Verfügung und ebenso viele Pferde, erläuterte Helmut Fertsch. Durch drei Tore konnte die Stadt verlassen werden. Als zweiten Punkt schauten sich die HV-ler die Anlagen unter dem Scherbelberg beim Freibad an. Dort war im Zuge von Baumaßnahmen ein 25 Meter hoher Berg aufgeschüttet worden, von dem aus sich ein schöner Blick auf die Stadt bietet. Im Zweiten Weltkrieg bekamen die unterirdischen Bauwerke tatsächlich eine Bedeutung: Sie dienten als Luftschutzbunker.