Eichstätt
"Den Tagen mehr Leben geben"

Vertreter von Klinik und Kolpingwerk sprechen über Palliativmedizin

23.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

Eichstätt (EK) Seit Juni 2014 gehört Palliativmedizin zum Leistungsangebot in der Klinik Eichstätt. Die Mitarbeiter des Palliativmedizinischen Dienstes betreuen Patienten auf allen Stationen. Zudem wurden zwei Zimmer extra für Palliativpatienten eingerichtet.

Zuvor sei die Klinik selbstverständlich auch schon palliativ tätig gewesen, doch nun seien alle Strukturvoraussetzungen dahingehend erfüllt, dass die damit verbundenen „Leistungen“ auch abgerechnet werden können, erläuterte Geschäftsführer Lorenz Meier bei einem Erfahrungsaustausch zwischen Mitgliedern des Kolping-Diözesanvorstands und Vertretern der Klinik im Naturpark Altmühltal in Eichstätt. Neben Meier beteiligten sich seitens der Klinik an dem Gespräch über das heikle Thema Palliativmedizin der Chefarzt der Akutgeriatrie Albrecht Kühnle und der Facharzt für Anästhesie Martin Kochlöffel – beide sind Palliativmediziner – sowie die Pflegedirektorin Karin Deseive.

Mit einem Zitat der englischen Ärztin Cicely Saunders erläuterte Kochlöffel, was Palliativmedizin ausmache: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“

Das Anliegen der Palliativmedizin sei es, die Symptome unheilbarer Erkrankungen zu beherrschen und den Patienten unter Einbeziehung der Angehörigen medizinisch, psychologisch, sozial und spirituell zu begleiten. Darum kümmert sich in Eichstätt ein ganzes Team, neben den Medizinern auch Mitarbeiter des Sozialdienstes und der Seelsorge. Kühnle betonte, dass die Zeiten der „einsamen Chefarzt-Entscheidungen“ vorbei seien. Die Entscheidungen würden im Team zusammen getroffen; die jeweilige Koordination untereinander sei jedoch zeitaufwendig. Palliativmedizin ist insgesamt mit hohen Kosten verbunden, die offensichtlich nicht immer einfach abzurechnen sind.

Die Mitglieder des Diözesanvorstands, darunter die Diözesanvorsitzende Eva Ehard und Diözesanpräses Monsignore Stefan Killermann waren beeindruckt und nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen: Wie muss eine Patientenverfügung formuliert sein, damit Ärzte tatsächlich eine gute und richtige Entscheidung treffen können? Wie viel Ermessensspielraum bleibt? Kann eine Patientenverfügung, womöglich lange vor einer Krankheit dargelegt, geändert werden? Ändert sich die Definition von Lebensqualität? Und wann bleibt nichts anderes mehr als eine terminale Sedierung?

Eva Ehard wies im Gespräch auf die Resolution des Kolpingwerks Diözesanverband Eichstätt hin, in der auch der assistierte Suizid deutlich abgelehnt wird – ein Standpunkt, den die Gesprächsteilnehmer der Klinik im Hinblick auf ihr Berufsethos ausdrücklich teilten.

Eine erste Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag hatte Ende vorigen Jahres allerdings gezeigt, dass sich die fünf Gruppierungen, die sich bisher zu dem Thema gefunden haben, zwar nicht gegenseitig die Berechtigung der jeweiligen Position absprechen, aber doch zu sehr verschiedenen Schlussfolgerungen kommen.

Einigkeit besteht weitgehend in der Ablehnung kommerzieller „Sterbehilfevereine“. In anderen wichtigen Punkten gibt es jedoch deutliche Unterschiede, vor allem wenn es um den gesetzlichen Spielraum für Ärzte geht, aktive Sterbehilfe zu leisten.

Meinungsumfragen verzeichnen einen kontinuierlichen Anstieg der Zustimmung zur aktiven Sterbehilfe innerhalb der deutschen Bevölkerung in den vergangenen Jahren: Im Oktober sprachen sich 67 Prozent für die aktive Sterbehilfe aus.

Was sagt das über eine Gesellschaft aus? Welche Ängste, Nöte und welcher Druck stecken womöglich dahinter? Eine Möglichkeit dies zu besprechen, gibt es am 30. Januar um 19 Uhr im Kolpinghaus in Eichstätt. „In Würde sterben – Sterbehilfe in der Diskussion“, so der Titel der Veranstaltung des Kolpingwerks Diözesanverband Eichstätt und des Diözesanrats der Katholiken. Vortragende sind Bischof Gregor Maria Hanke und die Palliativmedizinerin Gloria Behrens.