Eichstätt (pde
Dem "Warum" des Protests begegnen

Bischof Hanke greift beim Neujahrsempfang des Diözesanrats aktuelle politische Situation auf

15.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Foto: Marco Schneider

Eichstätt (pde/smo) Deutliche Worte fand Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke beim Neujahrsempfang des Diözesanrats: Er forderte Verantwortliche aus Politik und Öffentlichkeit auf, dem Phänomen des Protests mit der Frage nach dem "Warum" zu begegnen.

"Die Zukunft der Gesellschaft braucht diesen differenzierenden Ansatz, damit in diesem so oft emotionalisierten Stimmen-Wirr-Warr wirkliche Desiderate und Nöte der Menschen von Destruktivität und Hass unterschieden werden können", erklärte der Bischof in seinem Grußwort auf dem Neujahrsempfang des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Eichstätt. Die Frage nach dem "Warum" führe an das Vergangene heran, allerdings nicht so, als ob es das garantiert Bessere wäre. "Dieses €šWarum €˜ soll uns vielmehr die Potenziale unserer Geschichte der Freiheit und Demokratie erspüren lassen."

Bischof Hanke verwendete dabei den Begriff "nach vorwärts erinnern", den der Literaturwissenschaftler Peter Bürger kürzlich als Buchtitel wählte. Da Christen in ihren Gottesdiensten an die Auferstehung Jesu erinnerten und daraus Kraft für Gegenwart und Zukunft schöpften, bezeichnete der Bischof den christlichen Glauben per se als Weg, um nach vorwärts zu erinnern. "Wir Christen - katholisch und evangelisch - sind berufen, der Gesellschaft durch unseren Beitrag Vertrauen in die Zukunft zu eröffnen."

Mehrere hundert Gäste waren der traditionellen Einladung des kirchlichen Laiengremiums zum Jahresbeginn in die ehemals fürstbischöfliche Residenz gefolgt. Neben Vertretern des kirchlichen Lebens - unter anderem auch der evangelische Regionalbischof von Regensburg, Hans-Martin Weiss (Hanke: "Eine Institution hier auf diesem Empfang") und Anja Landes-Schell von den Ingolstädter Mennoniten - waren auch zahlreiche Gäste des politischen Lebens gekommen, darunter Bundes- und Landtagsabgeordnete, der Bezirkstagspräsident von Mittelfranken, Richard Bartsch, sowie Behörden- und Schulleiter aus dem gesamten Bistumsgebiet.

Gastgeber Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner riet in seiner Ansprache, sich in der aktuellen Debatte um Sicherheit, Flüchtlinge und dem Umgang mit dem Islam nicht treiben zu lassen. Er sprach von einer "Kultur des Hasses", die sich vor allem im Internet und in den sozialen Netzwerken austobe. "Diese €šKultur des Hasses €˜ droht die politische und gesellschaftliche Debatte nicht nur in Deutschland, sondern weltweit zu vergiften und bringt Menschen gegeneinander auf statt miteinander ins Gespräch", erklärte Gärtner. Demgegenüber stehe eine "Kultur der Liebe", die zum Wesenskern christlicher Existenz gehöre und sich sogar in Form von Feindesliebe zeige.

Gärtner erinnerte zudem an die Abschaffung des sogenannten "Jesuitengesetzes" 1917 und den vorangegangenen Kulturkampf: Im 19. Jahrhundert ging die Regierung unter Otto von Bismarck gegen den Katholizismus vor, um eine vermeintliche katholisch-fundamentalistische Unterwanderung der liberalen Moderne im Deutschen Kaiserreich zu verhindern. Unter anderem habe das Jesuitengesetz alle Ordensniederlassungen auf deutschem Boden verboten.

Der Nürnberger schlug dann auch einen Bogen zur Gegenwart: Angesichts historischer Erfahrungen sollten vor allem Katholiken nachempfinden können, wie es sich anfühle, aufgrund der Konfessions- oder Religionszugehörigkeit für etwas verantwortlich gemacht zu werden, das man selbst ablehne. Eine pauschale Diskriminierung und Diskreditierung einer Religionsgemeinschaft und ihrer Anhänger "verbietet sich", sagte er. Er erklärte, "Terrorismusbekämpfung ist nicht gleich Flüchtlingspolitik" und mahnte zur Besonnenheit.

Vor dem Neujahrsempfang hatte Bischof Hanke mit Regionalbischof Weiss und Landes-Schell einen ökumenischen Wortgottesdienst im Eichstätter Dom gefeiert. Er läutete die Gebetswoche für die Einheit der Christen ein: Bis 25. Januar beten christliche Gemeinden für die Einheit im Glauben. Die Woche steht in diesem Jahr unter dem Motto "Versöhnung - die Liebe Christi drängt uns".