Eichstätt
Das Schicksal in die Hand nehmen

Misereor-Gast berichtete über die erfolgreiche Hilfe zur Selbsthilfe in westindischen Dörfern

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Einen spannenden Einblick in ihre Arbeit in westindischen Dorfgemeinschaften gab Caritas-Schwester Kesari Ruzar Fernandes (Bildmitte) beim "Coffee-Stop" in der Welt-Brücke. Erfolgreich wird dort für die bäuerliche Bevölkerung von der Caritas Indien und Misereor Hilfe zur Selbsthilfe geleistet. - Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Nicht immer müssen es finanzielle Hilfe und Ideen aus Europa sein, die Menschen in Asien, Afrika oder Lateinamerika bei der Lösung ihrer vielfältigen Lebensprobleme unterstützen. Längst ist bekannt, dass vor allem auch die Hilfe zur Selbsthilfe große Wirkung zeigen kann.

Mit Kraftanstrengungen, aber Erfolg gelang es auch den Menschen im westindischen Bundesstaat Maharashtra, ihre vom Staat vergessenen Siedlungen weiterzuentwickeln, wie der diesjährige Misereor-Gast aus Indien, Caritas-Schwester Kesari Ruzar Fernandes, beim traditionellen "Coffee-Stop" in der Welt-Brücke berichtete: Seit 2015 hilft sie westindischen Dorfgemeinschaften dabei, mit eigenen Ideen und Ressourcen gegen Armut, Dürre und massiven Wassermangel zu kämpfen. "People-Led Empowerment" - Selbstbefähigung der Bürger - heißt das Projekt, das auch von Misereor unterstützt wird.

In Indien, mit etwa 1,3 Milliarden Menschen nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde, liegen großer Reichtum und extreme Armut sehr nah beieinander. Zwar leben dort weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre, aber drei Viertel der Bevölkerung müssen mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen. Vor allem in ländlichen Regionen, aber auch in den Städten leben 190 Millionen Menschen, die hungern und unterernährt sind - eine große Herausforderung für das Schwellenland Indien, auf das die katholische Hilfsorganisation Misereor im Rahmen der diesjährigen Fastenaktion den Blick richtete: "Die meisten der vielen kleinen Dorfgemeinschaften warten jahrelang vergeblich auf staatliche Hilfe", erzählt Schwester Kesari. "Für die Menschen bedeutet dies oft einen harten Überlebenskampf."

Doch die Dorfbewohner von Maharashtra, die nach der verheerenden Dürreperiode 2015 eine jahrelange Leidenszeit erlebten, geben nicht auf. "Das Schicksal selbst in die Hand nehmen" - so lautet ihr Motto. Dahinter steht das Projekt JEEVAN - People-Led Empowerment (PLE), das von Misereor unterstützt und der Caritas Indien geleitet wird: "Jeevan ist Hindi und bedeutet so viel wie Leben geben", erklärte Schwester Kesari, die seit drei Jahren fünf Dorfgemeinschaften betreut und fast täglich bei einem der Dörfer vorbeischaut. Die Idee ist bestechend einfach und überzeugend: "Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Die Dorfbewohner ermächtigen sich selbst, die teilweise katastrophalen Lebensbedingungen in ihren Dörfern zu verbessern."

Mit vielen eindrücklichen Bildern ihrer Arbeit berichtete Schwester Kesari den über 15 Coffee-Stop-Gästen in der Welt-Brücke, darunter auch Caritas-Direktor Franz Mattes und Weltkirche-Referent Gerhard Rott, wie Frauen und Männer gemeinsam gegen das Hauptproblem ihrer landwirtschaftlich geprägten Region - den Wassermangel - vorgingen. "Sie bauten 2016 innerhalb von einem halben Jahr 37 Gräben, mit denen Regenwasser aufgefangen und das Wasser in die Brunnen der Bauern geleitet werden konnte", so die studierte Sozialarbeiterin Kesari stolz. Und das System funktioniert, wie sich in der folgenden Regenzeit zeigte. Stolz können die tatkräftigen indischen Bäuerinnen und Bauern heute zusammen mit den Sozialarbeiterinnen der Caritas Indien und Misereor auf ihr eigenes Erfolgsprojekt zurückblicken: "Beim Grabenbauen haben schließlich alle - das ganze Dorf und viele Helfer - mit angepackt. Das hat den Zusammenhalt im Dorf und in der Region sehr gestärkt, neue Projekte sind schon in Planung", so Kesari.

Inzwischen hat sich die Lebenssituation in vielen Dörfern der Region dank der erfolgreichen Wasserversorgung tatsächlich stark verbessert, berichtete die Caritas-Schwester: "Das Land kann wieder bewirtschaftet werden, Gemüseanbau ist für den Eigenverbrauch und Verkauf möglich." Und die Hilfe zur Selbsthilfe hat einen noch viel größeren Erfolg zu verbuchen: "Die Menschen glauben jetzt daran, dass sie sich zukünftig selbst helfen können", betonte Kesari. "Sie ziehen jetzt gemeinsam an einem Strang und können sich auf ihr eigenes Wissen und ihre Kraft verlassen." Und das ist mehr wert als jede finanzielle Unterstützung.