Eichstätt
Musikmachen für alle

Neuer Masterstudiengang an der Katholischen Universität widmet sich ab Herbst der Inklusion

12.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:57 Uhr

Foto: DK

Eichstätt (EK) Deutschlandweit und fast europaweit einzigartig ist das Konzept des neuen Studiengangs "Inklusive Musikpädagogik/Community Music". Er soll Musikpädagogen ausbilden, die mit den Herausforderungen der Inklusion besonders gut umgehen können. Denn das wird immer wichtiger.

Dass es genau jetzt einen neuen Studiengang mit dem Wort "inklusiv" im Namen gibt, ist kein Zufall. Deutschland hat zusammen mit derzeit über 170 anderen Ländern die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Sie fordert die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle. Inklusion ist ein Menschenrecht.

Das hat einen großen Einfluss auf das Bildungssystem in Deutschland. Wie Daniel Eberhard, Professor für Musikpädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und Leiter des neuen Masterstudiengangs, erklärt, betrifft das nicht nur Schulen. Auch in Kindertagesstätten, der Ganztagsbetreuung, oder in Einrichtungen für Flüchtlinge oder Senioren müsse man entsprechende Angebote schaffen - zum Beispiel mit gemeinsamem Musizieren. Inklusion bedeute dabei nicht nur, dass es um Menschen mit oder ohne Behinderung geht, sagt Eberhard. Die Unterschiede könnten auch Alter, Leistung oder Herkunft betreffen. "Wir leben in einer Zeit der Pluralität der Lernformen und darauf wollen wir reagieren."

Einen Studiengang, der Musikpädagogik mit den Herausforderungen der Inklusion verbindet, gab es bislang in Deutschland noch nicht. In England und Irland kann man einen Hochschul-Abschluss in "Community Music" machen, auf dem europäischen Festland werden die Eichstätter Masterabsolventen die ersten in ihrem Fachgebiet sein. Dass sich das Angebot an der KU ebenfalls an dem angelsächsischen Konzept der Community Music orientiert, bedeutet eine besonders praktische Ausrichtung des Studiums.

Der Begriff bezeichnet in Großbritannien, den USA und Kanada Projekte mit gemeinsamem Musizieren, bei dem es um soziale Effekte geht. Die Community Musicians sind Musikpädagogen, die besonders gut darin sind, mit Gruppen umzugehen, in denen sich sehr unterschiedliche Menschen treffen.

Dass dieses Konzept in Deutschland noch so wenig bekannt ist, hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass das künstlerische Musizieren hier vor allem in Musikschulen oder am Konservatorium stattfindet. Musik zu therapeutischen Zwecken spielt eher im Feld Soziale Arbeit eine Rolle. Dass die beiden Disziplinen - Musikpädagogik und Sozialpädagogik oder Soziale Arbeit - auch gut zusammenarbeiten könnten, darauf kommt man in Deutschland gerade erst. Genau da will Daniel Eberhard mit dem neuen Studiengang ansetzen. "Wenn sich die Musikpädagogik verändern soll, braucht sie Impulse von außen", sagt er.

Deswegen hat er eine Pionierin der Community Music in Deutschland mit ins Boot geholt. Alicia de Banffy-Hall hat zehn Jahre lang in Liverpool gelebt und gearbeitet. In München hat sie die Aktionsforschungsgruppe Community Music initiiert und gerade das erste deutschsprachige Buch über ihr Fachgebiet herausgegeben. In Eichstätt wird sie die Studierenden in verschiedenen Fächern unterrichten. Dabei geht es um ganz praktische Dinge, beispielsweise darum, wie man als Freiberufler arbeitet. Denn für derart spezialisierte Musikpädagogen gibt es zur Zeit noch nicht viele Stellen, die meisten sind selbstständig. Außerdem beschäftigt sich de Banffy-Hall in ihren Seminaren mit dem Thema Workshopleitung. Die Rolle des Community Musicians sei ganz anders als die Lehrerrolle, erklärt die Musikpädagogin. Es gehe nicht darum, anderen etwas beizubringen, sondern um die Frage "wie gebe ich den Leuten eine Stimme, um sich durch die Musik auszudrücken" Dass die Community Music nun in Deutschland erstmals den Weg an eine Universität findet, freut Alicia de Banffy-Hall sehr. "Das bedeutet eine ganz einzigartige Chance für das Feld."

Eichstätt und die Umgebung werden bald von den neuen Musikpädagogen hören: Sie werden zur Übung Workshops in Einrichtungen in der Region anbieten. Kooperationspartner dafür werden noch gesucht. Wer Interesse an einer Zusammenarbeit hat, kann sich beim Studiengangsleiter (E-Mail: daniel. eberhard@ku.de) melden.