Eichstätt
Die (Ersatz)Brückenbauer

Die Spezialisten vom Technischen Hilfswerk Eichstätt errichten seit Jahrzehnten Gewässerübergänge

19.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Foto: Marlene Ettle

Eichstätt (EK) Die Einzelteile liegen bereit, die Fundamente sind gegossen, alle statischen Berechnungen abgeschlossen. Heute starten die Frauen und Männer vom Technischen Hilfswerk (THW) Eichstätt den Bau einer Brücke über die Altmühl beim gesperrten Herzogsteg.

Sie knüpfen damit an eine lange Tradition an und blicken auf sehr viel Erfahrung in diesem Bereich zurück. In den vergangenen Jahrzehnten waren die Katastrophenschützer immer wieder gefordert, dafür zu sorgen, dass Menschen trockenen Fußes das andere Ufer erreichen. Bis Mitte der 1990er-Jahre war im Ortsverband (OV) Eichstätt des THW eine zwölfköpfige Brückenbaugruppe stationiert. Sie war Teil eines Brückenbauzuges mit weiteren Standorten in Ingolstadt und Freising. Der OV Freising hat heute, nach den Umstrukturierungen innerhalb des THW, noch eine Brückenbaugruppe, die erst im Sommer 2016 nach den Überschwemmungen in Simbach anrückte, um drei Straßenbrücken zu errichten.

Die Helfer der Eichstätter Gruppe übernahmen nach der Auflösung andere Aufgaben, haben ihre Kompetenz aber immer behalten. Während die Gerüstbrücke, die den Hofmühlsteg seit 2014 überspannt, ein Provisorium ist, so waren in früheren Jahren THW-Brücken meist dauerhafte Übergänge. 1972 waren im städtischen Spitalwald Bäume gefällt worden, deren Holz für den Franz-Göpfert-Steg beim Freiwasser benutzt wurde. Mehrere Samstage brauchten die Männer vom THW, um acht Pfeiler über zwei Meter tief ins Altmühlbett zu rammen und die Brücke zu errichten.

Der damalige THW-Zugführer Dieter Herrmann erinnert sich, dass die Ramme mehrmals ausfiel und auch die kalten Temperaturen am Ende des Jahres den Einsatzkräften schwer zu schaffen machten. Für Abhilfe sollte ein warmer Tee mit Rum sorgen, den THW-Koch Günter Hochgräf zubereitet hatte. Wie der EICHSTÄTTER KURIER berichtete, kam "das Gebräu jedenfalls nicht so gut wie erhofft an". Der damalige Oberbürgermeister Dr. Hans Hutter "reichte seinen Becher bereits nach dem ersten Schluck wieder weiter". 1982 senkte das THW den Steg um einen halben Meter ab, um ihn "für Radfahrer und Kinderwagenschieber besser passierbar zu machen", schrieb der EK. Die bisherigen Treppen wurden durch Rampen ersetzt. Wegen Einsturzgefahr musste der Göpfert-Steg schließlich 1993 abgerissen werden. "Mich wundert es, dass das Holz unimprägniert und roh, wie es für den Bau verwendet wurde, so lange gehalten hat", zitierte die Zeitung Dieter Herrmann.

Eine 25 Meter lange und 2,50 Meter breite Brücke aus Holz und Metall baute das THW im Mai 1982 bei Attenbrunn. Die Brücke hatte eine Tragfähigkeit von 3,5 Tonnen. 25 Helfer waren mit der Montage an Ort und Stelle beschäftigt. Aus der THW-Feldküche gab es Eintopf, und ein mobiles Aggregat lief, um Strom für die Schweißarbeiten zu liefern.

Die Brücke war in mehreren Einzelteilen auf dem Hof bei den THW-Garagen im Industriegebiet vorgefertigt worden. Rund 20 000 Mark kostete der Abriss der alten und der Bau der neuen Brücke damals, berichtete die Lokalzeitung. Im Rahmen der Holzbearbeitungs-Ausbildung half das THW 1986 dem Landkreis Eichstätt. "Neue Brücken und Stege rund um den Badesee" lautete die Schlagzeile am 29. April. Zunächst entfernten die Helfer morsche Bohlen und Balken am Kratzmühlsee und nutzten dabei auch Pontons, um vom Wasser aus zu arbeiten. Für rund 25 000 Mark hatte der Landkreis Holz für neue Stege gekauft, die das THW montierte. "Für uns ist das eine gute Möglichkeit, das in der Theorie erworbene Wissen in die Praxis umzusetzen", sagte THW-Zugtruppführer Konrad Meier vor über 31 Jahren dem Lokalreporter.

Läufer aus ganz Europa nutzten 1992 beim Triathlon des SV Marienstein eine THW-Brücke. Das Provisorium war von zwölf Freiwilligen in acht Stunden Arbeit über einen Nebenarm der Altmühl gebaut worden.

Andere Brücken und Stege, die eine eher kurze Lebensdauer hatten, entstanden immer wieder zu Übungszwecken oder auch bei der Gewerbeschau "Eichstätt genussvoll".

Eine Spezialität des THW sind Konstruktionen, die ohne Nägel und Schrauben auskommen. Mit Spezialknoten, so genannten Stichen und Bunden, werden Hölzer und Balken dabei zusammengebunden. An den THW-Bundesschulen besuchten immer wieder Eichstätter THWler die Kurse "Behelfsmäßige Übergänge", um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Auch Hans Bittl, Geschäftsführender Beamter der Stadt Eichstätt, hat während seiner aktiven THW-Zeit einen solchen mehrtägigen Kurs in Hoya bei Bremen besucht. Neben den dauerhaften Brücken erinnert er sich an kleine Stege, die das THW beim Hochwasser 1988 und 1993 in der Eichstätter Westenstraße errichtet hatte.

Die Bailey-Brücke, die jetzt beim Herzogsteg zum Einsatz kommt, überspannte bereits 2009 die Altmühl einige hundert Meter weiter flussaufwärts. Für den Bau des Inselbads hatten die Stadtwerke nach einer Lösung gesucht, um den Schwerlastverkehr aus der Westenstraße rauszuhalten. Für Abhilfe sorgte damals das THW. Helfer aus Treuchtlingen und Eichstätt machten gemeinsame Sache und schufen einen 30 Meter langen und insgesamt 50 Tonnen schweren Übergang. Über 1000 Lastwagen lieferten mehr als 18 000 Kubikmeter Baumaterial über diese Brücke, die 18 Monate lang stand. Die neue THW-Brücke beim Herzogsteg wird sicher keine Lastwagen erleben, aber anderthalb Jahre würde sie auf alle Fälle halten. Bei Bedarf auch länger.