Eichstätt
"Auch eine Auszeichnung für die Uni"

KU-Journalistik-Professor Klaus Meier im Gespräch

10.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

Journalistik-Professor Klaus Meier lässt seine Studierenden zum Beispiel in den Redaktionen von "Spiegel Online" oder des BR Forschungsprojekte machen. - Foto: Poese

Der KU-Journalistik-Professor Klaus Meier hat gerade den "Ars legendi"-Preis erhalten, eine Anerkennung für exzellente Hochschullehre. Im Gespräch erklärt er, was er seinen Studierenden vermitteln will.

Herr Meier, Sie haben die wichtigste deutsche Auszeichnung für Hochschullehre erhalten, weil Sie besonders auf Praxisbezüge setzen. Was bedeutet Ihnen das?

Prof. Klaus Meier: Ich bin vor allem deswegen froh über diesen Preis, weil er mich bestärkt in dem, was ich seit 20 Jahren in der Lehre mache: Theorie mit Praxis auf vielfältige Weise zu verbinden. Man ist in der Lehre oft unsicher, weil man nicht auf kurzfristige Erfolge aus ist, sondern Studierende langfristig begleitet. Ob das gelingt, ist von vielen Faktoren abhängig. Und es gibt natürlich auch Wissenschaftler, die Praxisbezüge in der Lehre als nicht wichtig erachten. Der Preis bestätigt meinen Weg. Darüber hinaus prämiert er die Journalistik als Fach in ganz Deutschland, weil die Journalistik schon immer Praxisbezüge im Studienkonzept hatte und sie sich damit in der Wissenschaftslandschaft immer wieder behaupten muss. Und nicht zuletzt ist es eine Auszeichnung für die KU Eichstätt-Ingolstadt, denn für gute Lehre braucht man gute Rahmenbedingungen. Und die findet man hier.

 

Wie sehen diese guten Rahmenbedingungen aus?

Meier: Was klischeehaft über die Uni Eichstätt gesagt wird, stimmt einfach: dass sie kleiner ist, dass die Wege kürzer sind zwischen Studierenden und Dozenten, dass man kleine Gruppen hat, dass auch interdisziplinäres Arbeiten möglich ist, dass wir auch ein super Team hier in der Journalistik haben, wo alle an einem Strang ziehen und wir uns super verstehen. Es passt einfach alles zusammen.

 

Sie verknüpfen in Ihren Projekten Medienpraxis mit Forschung. Warum braucht der Journalismus überhaupt die Wissenschaft?

Meier: Das ist eine gute Frage, die man in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder anders beantwortet hat. Früher hat man gesagt, Wissenschaft braucht man zur Reflexion dieses wichtigen Berufs in der Gesellschaft, der eben nicht nur ein Handwerk ist, das man irgendwie aus dem Bauch heraus macht. Das merkt man heutzutage immer stärker durch die Anfeindungen, die der Journalismus erfährt, die angebliche Glaubwürdigkeitskrise, die aktuellen Vorwürfe. Die Wissenschaft kann das untersuchen, sie kann ethische Prinzipien untersuchen und die Reflexion der Journalisten fördern. Heute kommt aber noch dazu, dass die Medienwelt und der Journalismus sich sehr stark wandeln, vor allem auf Basis der Digitalisierung. Man kann Journalismus nicht immer überall so machen, wie man es jahrzehntelang gemacht hat. Und wo man neue Ufer betritt, wo man Unsicherheiten hat, da braucht man eben Wissen für neue Wege, Publikum zu erreichen, für neue Möglichkeiten, digitale Welten für den Journalismus zu erschließen. Dazu ist Forschung einfach hilfreich.

 

Was kriegen die Studierenden denn konkret von dieser Verknüpfung von Forschung und Medienwelt mit?

Meier: Wir machen gerade im Masterstudiengang sehr viele Projekte mit Partnern aus der Praxis. Im letzten Semester haben wir mit "Spiegel Online" ein Projekt gemacht zum Thema "Multimediales Storytelling". Wir haben verschiedene Varianten von multimedialen Geschichten in einer Nutzerstudie gestestet, wie diese Varianten wirken, wie sie genutzt werden, ob das Storytelling auch so ankommt, wie die Redaktion sich das vorstellt. Die Ergebnisse haben die Studierenden dann beim "Spiegel" in Hamburg vorgestellt. So schließt sich der Kreis. Ein anderes Beispiel sind viele Projekte, die wir im Bereich Redaktionsorganisation machen: Wie kann man Redaktionen besser organisieren, auch im Hinblick auf neuere Trends, Crossmedialität? Da haben wir zum Beispiel schon mit dem Bayerischen Rundfunk, mit Sat.1 Bayern oder den "Nürnberger Nachrichten" zusammengearbeitet. Die Studierenden gehen in die Redaktion, erforschen systematisch, wie die Redaktion arbeitet, durch Beobachtung, Leitfadengespräche oder Befragungen. Wir werten das Ganze aus, stellen die Ergebnisse vor und diskutieren mit den Redakteuren, was man besser machen kann. Einige Redaktionen haben danach dann tatsächlich gesagt: Wir haben was umgestellt. Oder es gibt auch Redaktionsleiter, die nach ein paar Jahren wieder zu uns kommen und sagen: Wir wollen so eine Studie nochmal machen, könnt ihr nicht nochmal mit einer Studentengruppe kommen?

 

Was nehmen die Studenten aus solchen Projekten für ihre eigene Berufslaufbahn mit?

Meier: Sie verstehen, welche Relevanz Forschung für die Praxis hat. Später, wenn sie dann als Journalisten tätig sind, haben sie diesen Transfergedanken schon einmal eingeimpft bekommen. Sie wissen, dass man aus der Wissenschaft Erkenntnisse abholen kann, die Redaktionen weiterbringen.
 

Für den Beruf des Journalisten gibt es ja die praktische Ausbildung, das Volontariat. Welchen Vorteil haben junge Leute im Vergleich dazu, wenn sie Journalistik studieren?

Meier: Ich sehe das als eine Ergänzung. Im Journalistik-Studium lernt man die wissenschaftliche Basis, lernt Hintergründe der Medienentwicklung, man macht natürlich auch schon praktisches Training und vor allem in allen Medienbereichen, also Print, Hörfunk, Fernsehen, Online. Letztlich ist das eine ganzheitliche Basis, von der man dann gut abspringen kann. Das Volontariat hat den Vorteil, dass es Routine ermöglicht. Deshalb ergänzt sich beides.

 

Welche Schwerpunkte sind Ihnen in der Lehre sonst noch wichtig, damit die zukünftigen Studenten gut für ihren Beruf gerüstet sind?

Meier: Da muss ich natürlich sagen, dass meine Lehre nur ein ganz kleiner Baustein in der Journalistik ist. Man kann so einen Preis nur gewinnen, wenn man in einem Team arbeiten kann, das genauso tickt - gerade bei Praxisbezügen in der Lehre. Wenn das nur ein Professor macht und sonst keiner, funktioniert das nicht. Letztlich arbeitet das ganze Journalistik-Team in Eichstätt in vielfältigen Positionen daran. Alles in allem ist es eine ganzheitliche Basis, die die Studenten hier bekommen: dass man lernt, zu recherchieren, dass man lernt, Dinge auf den Punkt zu bringen und zu präsentieren, vernünftige Texte zu schreiben, aber auch das interdisziplinäre Studium in Politikwissenschaft, Ethik oder Philosophie.

 

Was planen Sie als nächstes Projekt?

Meier: Momentan habe ich ein Forschungssemester, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen seltsam, bekommt einen Lehrpreis und macht jetzt erstmal keine Lehre. Ich betreue aber natürlich Abschlussarbeiten. Unter anderem werde ich im Forschungssemester auch mein Lehrbuch Journalistik überarbeiten, was dann wieder den Studierenden zugutekommt. In unserem Fach verändert sich ja der Gegenstand ständig, das heißt, die Lehrbücher muss man permanent aktuell halten, um die veränderte Medienlandschaft abzubilden. Auch hier muss wieder Lehre mit Forschung verknüpft sein, sonst gelingt gute Lehre nicht.

 

Das Gespräch führte Katrin Poese.