Eichstätt
Amüsante Anekdoten vom Altmühltal

Zu Richard Auers Lesung vor großem Publikum aus seinem neuen Krimi "Lammabtrieb"

30.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:29 Uhr

Garnierte seine Lesung mit zahlreichen Utensilien aus dem mitgebrachten Koffer: Richard Auer bei der Lesung aus seinem neuesten Krimi Lammauftrieb - Foto: Buckl

Eichstätt (wbu) Tiefe Einblicke in seine „Werkstatt“ gab am Donnerstagabend Richard Auer in der mit rund 100 Besuchern bestens besetzten Buchhandlung Rupprecht, als er seinen neuen Krimi „Lammauftrieb“ vorstellte.

Drei Kapitel bekam das Publikum aus diesem Buch zu hören, dessen erster Satz („Tappen, tappen, keuchen, keuchen…“) ungewollt an den Beginn von Rilkes „Cornet“-Novelle erinnert („Reiten, reiten, reiten“): Doch hier geht es um den am Vorabend in einer Altstadtkneipe versumpften und daher nun verkaterten Kommissar Mike Morgenstern, der den Neuen Weg hoch joggt – und dabei auf die Leiche eines Schäfers stößt.

Wenn Auer dies liest, wird seine Darbietung zur szenischen Performance: Er ächzt und seufzt und stöhnt, angewidert hebt er seine Schuhe an, um daran zu riechen, als Mike Morgenstern auf der Trockenheide in Schafsköttel gestiegen ist. Auer zeigt beim Lesen vollen Körpereinsatz, er dreht und bückt und windet sich, grimassiert hemmungslos und wechselt immer wieder zwischen der Rolle seines Protagonisten und der des Autors hin und her. So auch in der zweiten vorgetragenen Textstelle, in der es mit höchst vergnüglicher Dialog- und Situationskomik um die kulinarische Szene im Altmühltal geht: In dem fiktiven Dollnsteiner Gourmet-Restaurant Parzival bekommt Familie Morgenstern gedünsteten Giersch („die Geißel des Gärtners“) kredenzt, was den Kommissar ekelt. Zur Lesung hat Auer einen Kochtopf mitgebracht, aus dem er angewidert eine Handvoll Giersch hervorzieht.

Das sind bei weitem nicht die einzigen Ingredienzien für seine Lesung: Immer wieder holt er aus einer Koffertruhe Utensilien, um die bisherigen Romane vorzustellen: eine Kalkplatte mit Fossil („Vogelwild“), eine Phiole Walburgisöl, ein Bastelbogen-Jurahaus („Hausbock“), er schlüpft gar in eine Römer-Rüstung („Teufelsmauer“). Zur Illustration des neuen Krimis liegt ein Lammfell auf dem Pult, daneben steht ein putziges Holzlamm, und aus einer Scherzdose ertönt ein lautes Mähen.

Dazu erzählt Auer vom Auf- und Abtrieb der Lämmer und Politiker in Mörnsheim oder Kipfenberg und den Erlebnistagen im Gelände, manche spitzzüngige Ironie zeigt des Autors geschulte Übung als journalistischer Kommentator, der seinen Stoff aus und mit der Heimatzeitung bezieht.

Auers Anekdoten aus dem Altmühltal sind nicht minder unterhaltsam, anregend und amüsant als sein Buch selbst. Er erzählt von seinem Werdegang zum Journalisten, seinen Begegnungen mit Schäfer Wörlein (dessen Tiere einst eine heimlich angelegte Hanfplantage abgrasten), mit Hoteliers und Professoren, oder von seinem Kater Camillo, der inzwischen mehr als 5300 Facebook-Freunde hat und daher im nächsten Krimi eine Nebenrolle spielen wird („dieses Leser-Potenzial muss man einfach abschöpfen“). Ein Diagramm für das neue Buch hat der Autor schon parat – und meint dazu: „Aber das halt ich jetzt weit genug weg von Ihnen, damit Sie nichts erkennen!“, um einen diabolischen Lacher anzufügen.

Dass sich nach der dritten Textpartie eine muntere Fragerunde ergab, lag insbesondere an den 15 Schülerinnen des W-Seminars Deutsch des Gabrieli-Gymnasiums, die sich unter dem Motto „I bin der Mörder, und do bin i dahoam“ intensiv mit Regionalkrimis befassen: Offen beantwortete Autor Auer alle Anfragen – nach der Schreibdauer für einen Krimi (anderthalb Jahre), seiner Ortskunde („Ich hab ja hier ein Heimspiel“), zu seinem „verhaltensauffälligen“ Kater Camillo, oder danach, warum er keinen Dialekt verwendet („In Mörnsheim spricht man anders als in Kipfenberg“). Ob er bestimmte Personen vor Augen habe? „Na, logisch!“ Nur dürfe man die nicht allzu eindeutig erkennen, juristische Probleme wolle er sich nicht einhandeln. Kaum zu glauben: Man sah auch dann noch niemanden verstohlen auf die Uhr blinzeln, als der Verlauf der Lesung fast schon zwei volle Stunden ansteuerte.