Eichstätt
Abtransport mit einem PS

Der Holzrücker Branko Hug entfernt fünf Strommasten am Ulrichsteig

22.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr
Eingespielte Kollegen sind Branko Hug und sein Hengst Arpad. Noch bis Mittwoch sind sie in Eichstätt im Einsatz. −Foto: Steimle, Tina

Eichstätt (EK) Kaltblüter statt Helikopter: Im Bereich des Ulrichsteigs unterstützen zwei Rückepferde die Netzmonteure bei der Arbeit. Im Auftrag der Stadtwerke baut die N-Ergie Service GmbH dort die Freileitungsmasten ab.

Ein kurzer Befehl, Arpad schnaubt, stemmt die Hufe in den Boden und wirft seine mächtige Brust ins Geschirr. Branko Hug lässt die Leine stückweise locker und hat gleichzeitig den Holzmasten im Blick, den Arpad in Richtung Waldweg hinter sich herzieht. Nach wenigen Metern ist Schluss. "Langsam", ruft der Holzrücker und dann "Ho", aber da hat der Hengst schon selbst gebremst. Wie um sich zu vergewissern, schaut er zu Branko Hug zurück, der damit beschäftigt ist, das Zuggeschirr von Ästen zu befreien.

Der Abtransport der letzten fünf Masten der 20-kV-Mittelspannungsfreileitung zwischen der Umspannanlage Preith und der Westenstraße sei ein Problem gewesen, erklärt Wilfried Haußner, der bei der N-Ergie Service GmbH für den Netzbetrieb und die Instandhaltung im Umkreis von Eichstätt zuständig ist. "Im Bereich des Ulrichsteigs ist das Gelände sehr steil, deshalb können wir die üblichen Gerätschaften, wie etwa Hubsteiger, nicht einsetzen." Daher sei ein Helikopter im Gespräch gewesen, doch dann fiel einem Mitarbeiter eine bessere Alternative ein: Rückepferde. Mit insgesamt zwei Kaltbluthengsten unterstützt Branko Hug die Netzmonteure drei Tage lang bei der Arbeit.

Und diese geht schnell vonstatten. Der Ardennerhengst steht zwar in stoischer Ruhe da und lässt sich auch von Radfahrern und Blätterrascheln nicht beeindrucken, ist er aber in Bewegung, legt er eine forsche Gangart vor. "Arpad ist gerade in seinen Flegeljahren", grinst Branko Hug, ab und an müsse man dem Vierjährigen zeigen, wer der Chef sei, "und das bin immer noch ich, denn von mir bekommt er den Hafer in seine Krippe." Es schade dem Hengst also gar nichts, wenn er immer wieder den steilen Hang hoch müsse.

Dort liegen die verbliebenen Masten, die die Netzmonteure vom Fundament getrennt und in kürzere Stücke zersägt haben, um den Pferden den Abtransport zu erleichtern. Mit Romantik hat der Einsatz der Kaltblüter im Übrigen nichts zu tun: "Es ist umwelt- und bodenschonender, es gibt weniger Lärm und ist billiger", zählt Wilfried Haußner die Vorteile der vierbeinigen Waldarbeiter auf. "Die Masten standen hier nah an den Häusern, mit einem Helikopter hätten wir das Problem gehabt, dass Äste aufgewirbelt werden", zudem würde bei so einer aufwendigen Aktion auch kein Spaziergänger den Weg nutzen können.

Währenddessen ist Branko Hug schon wieder im Wald verschwunden. Ein bisschen zurück, nach rechts, dann steht Arpad richtig. Der 41-Jährige lässt die Leine locker auf dem Rücken des Pferdes liegen, während er den Holzmasten ans Geschirr hängt. Egal ob der Fuhrmann direkt hinter ihm steht oder einen Ast unter seinem Bauch wegzieht - Arpad bewegt sich keinen Zentimeter. "Das Pferd muss zum Fuhrmann passen", sagt der Schweizer, der seit einem halben Jahr "der Liebe wegen" mit seinen drei Hengsten in Deutschland arbeitet. Zwei Stunden, bevor er die Tiere in den Hänger führt, beginnt das Geschäft im Stall, erklärt Branko Hug, "füttern, misten, tränken, putzen", dann geht es los.

Auch die Arbeit im Wald kennt er aber schon lange - Branko Hug ist gelernter Forstwirt. Schon als Kind hat er die Arbeit mit Pferden erlebt. "Meine Mutter stammt aus Kroatien, da wurden in meiner Jugendzeit Pferde in der Landwirtschaft noch eingesetzt. Das war eine prägende Phase für mich." Pferde blieben auch später ein Hobby, nach seiner Lehre kaufte sich Branko Hug das erste.

Seine Tiere, allesamt Ardenner, die er in Belgien kauft, bildet der Holzrücker selbst aus. Er kauft sie als Fohlen, und wenn sie "ungefähr drei Jahre alt sind, fange ich an, mit ihnen spazieren zu gehen, um sie an mich und die Umgebung zu gewöhnen".

Noch bis zum heutigen Mittwoch ist Branko Hug mit seinen Pferden im Bereich des Ulrichsteigs im Einsatz. Insgesamt entfernt N-Ergie "19 Betonmasten sowie die Leiterseile der rund zwei Kilometer langen Leitung zwischen dem Umspannwerk Preith und der Westenstraße", sagt Wilfried Haußner. Auch die Leitung, die von der Westenstraße aus durch Wintershof führte, sei von den Monteuren bereits abgebaut worden. Der gesamte Rückbau der Freileitung kostet die Stadtwerke Eichstätt rund 150 000 Euro.