Egweil
Die stille Welt des Johannes Schneider

Der Bürgermeister der Gemeinde Egweil hat für Musik nichts übrig und hat "bewusst und definitiv nicht vor, jemals irgendwo zu singen"

26.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:36 Uhr

Der tiefenentspannte Johannes Schneider in seinem Büro: Hier lenkt ihn nichts ab – schon gar keine Musik. - Foto: Burgstaller

Egweil (EK) Zugegeben, unser Serienname „Musikfreund im Amt“ trifft auf Johannes Schneider nicht so recht zu. Vielmehr ist es so, dass der Bürgermeister der Gemeinde Egweil sich selbst als völlig unmusikalisch beschreibt und sagt: „Musik hat in meinem Leben keine Bedeutung.“ Wie wenig, das wird klar, als er auf die Frage, ob er beim Besuch einer Fee, die ihn vor die Wahl stellt, ein Instrument spielen zu können oder einen Elefanten geschenkt zu bekommen, nur kurz überlegt, bevor er sagt: „Da würde ich wahrscheinlich den Elefanten nehmen.“

Nein, Musik, ob selbstgemacht oder auch nur aus dem Radio, das ist nicht die wichtigste Sache im Leben von Johannes Schneider. Auch nicht zweit-, dritt- oder die viertwichtigste. „In den Top 100 meiner Lebensprioritäten kommt nichts mit Musik vor.“

Warum ist das so? Die Spurensuche in Schneiders Kindheit gibt Aufschluss: „Keiner meiner Eltern war musikalisch, und auch keiner meiner drei Geschwister.“ Deshalb sei wahrscheinlich auch nie jemand dahinter gewesen, dass Schneider ein Instrument spielen lernt. Sogar die obligatorische Blockflöte sei an ihm vorbeigegangen. Vielleicht auch, weil einfach die Zeit für die musikalische Entwicklung fehlte. „Wir hatten eine Landwirtschaft zu Hause. Da war es ganz normal, dass jeder mithilft.“ Er sagt es nicht entschuldigend, denn traurig über die fehlende musikalische Erziehung sei er nie gewesen. „Ich denke nicht, dass mir was fehlt. Mir geht es auch so gut.“ Trotzdem: Als frisch gebackener Realschüler in Rebdorf, da sah es für musikalische Karriere des heute 45-Jährigen noch gar nicht so düster aus. Drei volle Jahre, fünfte, sechste und siebte Klasse, habe er da nämlich im Knabenchor mitgesungen. Wie es dazu kommen konnte – heute ein Rätsel für ihn. „Spaß hat es schon gemacht, so ist das nicht. Aber wie ich da rein geraten bin, keine Ahnung.“

Als junger Kfz-Mechaniker in Eichstätt sei er durchaus auf Konzerte gegangen – zu Bon Jovi oder den Scorpions zum Beispiel – aber auch das habe keinen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Auch in Discos war der junge Schneider unterwegs – vom „Malibu“ in Eichstätt bis zu den Lokalitäten in Neuburg und Ingolstadt – „aber auch da gab’s Dinge, die mich mehr interessiert haben als die Musik.“ Er lacht.

Heute höre er Musik gerade einmal im Auto, weil sie eben um die Nachrichten herum kommt. „Freilich hat man dann auch mal einen Ohrwurm. Aber mitsingen? „Nein danke, summen ist wirklich das Maximum“, sagt Schneider. „Bewusst und definitiv habe ich nicht vor, jemals irgendwo zu singen.“ Da mache er auch bei Geburtstagen keine Ausnahme für ein kleines „Happy Birthday“.

Dass aber auch nur Musik zu hören für viele Leute ein Mittel zur Entspannung ist, kann der gebürtige Egweiler nicht nachvollziehen. „Ich bin ja so schon immer so entspannt“, sagt er. Und gerade bei seinem schnelllebigen Alltag („Bist schaust ist die Woch’ ja scho wieder rum.“) sei gerade die Stille von nichts zu übertreffen. Deshalb kommt für ihn gerade beim Joggen Musik gar nicht in Frage. „Und bevor ich mich abends ins Kämmerchen hock’ und Musik hör’ oder Fernseh schau’, geh ich lieber raus unter die Leute.“ Das, so Schneider, sei nämlich mal wirklich eine Beschäftigung nach seinem Gusto. „Ich nehme am Leben teil. Das ist mir tausendmal lieber, als dem Gregorianischen Kammerorchester zu lauschen.“

Wobei – er macht eine kunstvolle Pause – gegen Musik bei Veranstaltungen habe er doch eigentlich nichts einzuwenden. „Mein letztes Konzert war zum Beispiel das Egweiler Kirchenkonzert. Zwar wird schon von mir erwartet, dass ich da hingehe, aber das hat mir ganz ehrlich auch gefallen.“ Aus dem Mund des Musikverschmähers ist das wahrscheinlich das höchste Lob, das ein Chor bei ihm kriegen kann.

Übrigens: Für die Familie Schneider besteht noch Hoffnung, vielleicht wird die generationsübergreifende unmusikalische Ader von Schneiders Tochter durchbrochen. „Mein Sohn hat, glaube ich, meine Musikalität geerbt, aber meine Tochter spielt schon seit vier Jahren Klarinette.“ Unerklärlich, aber nicht schlimm, sagt Schneider grinsend.