Denkendorf
Vom Kartell noch weit entfernt

Milchbauern aus dem Landkreis Eichstätt brüten über Strategien für mehr Schlagkraft

19.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:35 Uhr

Der Vertreter des Milch Board: Anton Hörmann. - Fotos: aur

Denkendorf (EK) Es war in letzter Zeit stiller geworden um die Milchbauern im Kreis Eichstätt: Hatten sie noch vor wenigen Jahren mit spektakulären Aktionen gegen niedrige Milchpreise demonstriert, so schien zuletzt alles in Butter. Doch wieder ziehen dunkle Wolken auf. Und die Bauern schmieden Pläne.

Der Milchpreis, noch im letzten Jahr bei 36 Cent pro Kilo, befindet sich erkennbar auf Talfahrt. Die Furcht geht um, dass er wie schon vor einigen Jahren ins Bodenlose stürzen könnte. Und richtig gefährlich könnte es ab dem 1. Januar 2015 werden: Dann endet die staatliche Steuerung der Milchmengen mittels Quote. Wenn die Bauern bis dahin keine Strategie gefunden haben, wie sie die Menge selbst in den Griff bekommen oder auf die Preise Einfluss nehmen können, sieht es ganz schlecht aus.

Das sehen auch die etwa 340 Milchbauern so, die es im Landkreis Eichstätt noch gibt. Auf Anregung von Rupert Schneider aus Petersbuch gab es nun eine Versammlung in Denkendorf am Mittwochabend. Geladen waren dazu Vertreter der überregionalen Milcherzeuger-Gemeinschaften Bayern MEG, Markus Seemüller, und des teilweise damit konkurrierenden „Milch Board“, Anton Hörmann. Das Landwirtschaftsamt erklärte sich bereit, den Abend zu moderieren und den Milchbauern damit bei der Suche nach schlagkräftigen Dachorganisationen zu helfen: Diese Art von Amtshilfe darf bayernweit als Premiere gelten.

Rund 80 Bauern, darunter auch der Kreisobmann, waren gekommen, und die Fragen an die beiden Referenten wollten schier kein Ende nehmen. Alle spürten, dass Vernetzung immer wichtiger wird, wenn die Milcherzeuger auf Augenhöhe mit den Molkereien verhandeln und auf dem Markt wie auch von den Politikern als Macht wahrgenommen werden wollen.

Die „politische“ Spaltung der Milchbauernschaft in die aggressivere Klientel des „Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) und Anhänger des Bayerischen Bauernverbands (BBV) schien zumindest in Denkendorf kein großes Thema zu sein: Hörmann als Vertreter des eher BDM-nahen Milch Boards warb nicht nur für die Mitgliedschaft einzelner Landwirte in seiner Organisation, sondern appellierte zugleich an die Eichstätter Milchliefergenossenschaft, Seemüllers Bayern MeG beizutreten, die einst eine BBV-Erfindung war. Das Milch Board ist nämlich eher eine Organisation, die für politische Veränderungen kämpft, während die Bayern MeG als gewiefter Dienstleister bei Preisverhandlungen mit Molkereien auftritt.

„Das Lagerdenken der Vergangenheit war unprofessionell, kontraproduktiv und einfach tragisch“, stellte Seemüller fest. Und Hörmann schilderte ausführlich, dass die Milchbauern schon vor 40 Jahren das fast unglaublich scheinende gesetzliche Recht erhalten hätten, sich zu einem legalen Kartell zusammenzuschließen. Bloß kam es nie dazu. „Wir können ein Kartell aufbauen – und wir müssen es tun. Und wir sollten nicht wie ein Hasenfuß vor dem freien Markt davonlaufen“, fordert Hörmann. Seemüller verlangte: „Wir müssen uns als Bauern so organisieren, dass wir unsere Konkurrenz untereinander ausschalten.“

Am Ende blieb offen, ob und wie sich die Bauern aus dem Eichstätter Raum überregional organisieren wollen. Die Milchliefergenossenschaft Eichstätt, die mit über 150 Mitgliedern an die Molkerei Zott verkauft, überlegt nun ernsthaft, ob sie sich unter den Dachverband Bayern MeG stellt und von den dortigen Profis bei künftigen Verhandlungen helfen lässt. „Wir werden das diskutieren“, sagte der ganz neu gewählte Vorstandsvorsitzende Anton Regler aus Pfahldorf am Rande der Versammlung. Allerdings hätten die Eichstätter Bauern bisher auch alleine mit Zott „auf Augenhöhe“ verhandelt, „das Verhältnis zur Molkerei ist sehr in Ordnung.“ Und die Molkereigenossenschaft Ingolstadt-Thalmässing unter Vorsitz des ebenfalls anwesenden Michael Rehm gehört, wie es bei der Versammlung respektvoll hieß, ohnehin zu den erfolgreichsten Genossenschaften Deutschlands, was sich auch im Milchpreis widerspiegelt. Im Landkreis Eichstätt geht es derzeit also eher um den rechtzeitigen Schulterschluss, um die Milchproduzenten insgesamt als schlagkräftige Einheit dazustellen. Solidarität gilt als Gebot der Stunde.

Siegfried Böhm, der Aufsichtsratsvorsitzende der Milchliefergenossenschaft Eichstätt, machte im Gespräch mit dem EICHSTÄTTER KURIER klar, dass die Weichen rasch gestellt werden müssten: „Jetzt werden die Milchbauern gnadenlos in den freien Markt entlassen. Aber das haben viele noch nicht kapiert.“