Denkendorf
Kirchen bieten sich als Vermittler an

Denkendorfer Bäckereinunternehmen hält Betriebsratsstreit für ausgestanden – die Gewerkschaft nicht

20.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:27 Uhr

Beruhigung an der Backfront? Keineswegs: Die Großbäckerei Sipl hat zwar einen „Vertrauensrat“ installiert, die Gewerkschaft will dagegen weiterhin eine Betriebsratsgründung in die Wege leiten. Kirchliche Stellen haben sich nun als Vermittler angeboten. - Foto: kno/Archiv

Denkendorf (EK) Nun schalten sich die Kirchen ein: Seit Monaten wird bei der Großbäckerei Sipl aus Denkendorf über die Bildung eines Betriebsrats gestritten, wie es in einer Mitteilung des Pressedienstes der Diözese heißt. Kirchliche Stellen bieten sich als Vermittler an. Aber ist das nötig?

Der Evangelische Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (kda) und die Katholische Arbeitnehmerpastoral und Betriebsseelsorge (ANP) der Diözese Eichstätt, so Pfarrer Johannes Rehm und KAB-Diözesansekretär Ulrich Berber, seien bereit, in dem Streit zu vermitteln: „Wir appellieren gemeinsam an die Geschäftsführung der Firma Sipl, den Dialog zu suchen, um zu konstruktiven Lösungen zu kommen. Rechtliche Auseinandersetzungen scheinen uns nicht zielführend zu sein. Zusammen mit unseren katholischen Kollegen bieten wir uns gerne als Vermittler an“, sagt Sozialpfarrer Rehm. Obwohl die Geschäftsführung der Bäckerei Sipl in einem persönlichen Gespräch im März kda-Sozialsekretär Thomas Thöne zugesichert habe, „dass die Betriebsratswahlen demnächst stattfinden“ würden, habe sich bislang noch nichts getan. Im Gegenteil gebe es immer mehr Streitfälle vor dem Arbeitsgericht.

Hier grätscht Sipl-Anwalt Christian Pollin dazwischen: Von einer Absichtserklärung gegenüber Thöne könne keine Rede sein, äußert er auf Anfrage unserer Zeitung. Umso überraschter seien er und die Familie Sipl vom Vermittlerangebot der Kirchen. Die Sache sei nämlich längst ausgestanden, versichert Pollin. „Es bedarf demzufolge keines Dialogs und auch keiner Vermittlung Ihrerseits mehr“, so der Anwalt in einem Schreiben an das Bistum Eichstätt. Vor rund zwei Monaten sei ein Vertrauensrat mit fünf Personen in dem Unternehmen gewählt worden – die Belegschaft habe sich mit weit über 80 Prozent für diese Lösung entschieden. Pollin ergänzt, dass die Vertrauensleute einen besonderen Kündigungsschutz genössen. „Die Mitarbeiter sind zufrieden damit“, fügt Seniorchefin Anneliese Sipl hinzu. Die Vertrauenspersonen seien langjährige Angestellte der Firma und würden von der Belegschaft geschätzt. Wilfried Maxim von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) lässt dagegen nicht locker. Der Gewerkschaftssekretär kämpft bekanntlich seit Monaten für die Einsetzung eines Betriebsrats bei dem familiengeführten Unternehmen mit rund 350 Mitarbeitern und über 30 Filialen in der Region Ingolstadt (wir berichteten mehrfach).

Ein weiterer negativer Höhepunkt in der Auseinandersetzung mit der Geschäftsleitung sei die fristlose Kündigung einer Angestellten Mitte Juni gewesen. Die Frau – ein Gewerkschaftsmitglied – war eine von drei Mitarbeiterinnen, die für den für eine Betriebsratswahl nötigen Wahlvorstand kandidiert hätten. Die Entlassung, gegen die selbstverständlich juristisch vorgegangen werde, sei unter vorgeschobenen Gründen erfolgt, wie Maxim und die betroffene Mitarbeiterin finden.

Die Frau spricht von einem „intensiven Druck“, der in den vergangenen Monaten von der Geschäftsleitung auf sie ausgeübt worden sei. „Nahezu täglich“ sei sie zur Geschäftsleitung zitiert worden, setzt Maxim hinzu, was wiederum Anneliese Sipl „energisch“ zurückweist. Die Frau sei in Ruhe gelassen worden: „Niemand hat sie gemobbt oder Druck ausgeübt.“

Gewerkschaftssekretär Maxim hat noch ein weiteres Problem: So langsam gehen ihm die Leute aus, die bereit sind, einen Wahlvorstand zu bilden. „Wenn Arbeitgeber grundlos kündigen können, finde ich niemanden mehr.“ Eine weitere Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Ingolstadt, um die Einsetzung eines Wahlvorstands zu erzwingen, sei für den 30. Juli angesetzt. Ein vorheriger Gütetermin war bereits gescheitert.

Maxim erneuert seine Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung: Bei Sipl würden Gewerkschaftsmitglieder „drangsaliert und systematisch demontiert“. Vertrauensleute, wie sie nun gewählt worden seien, hätten „keinerlei rechtliche Handhabe“, Forderungen gegenüber der Geschäftsleitung durchzusetzen, so Maxim.

Sipl-Anwalt Pollin hält dagegen: „Die Firma Sipl wollte immer nur den Willen der Mehrheit der Belegschaft respektieren und hat daher dem Wunsch der überwiegenden Mehrheit der Belegschaft, einen Vertrauensrat zu gründen, gerne entsprochen.“