Eichstätt
Musikalische Reise in den Orient

Konzert des Sinfonieorchesters der Katholischen Universität – Uraufführung von Maias Alyamani

22.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr
Unter der Leitung von Uwe Sochaczewsky gelang dem Sinfonieorchester der Katholischen Universität ein Brückenschlag zwischen der Musik des Orients und des Okzidents. −Foto: Kraus

Eichstätt (EK) Schon seit Jahrhunderten beschäftigten sich europäische Komponisten mit der Kultur und der Musik des Orients.

Beim Konzert des Sinfonieorchesters der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) unter der Leitung von Uwe Sochaczewsky gelang im voll besetzten Stadtsaal ein musikalischer Brückenschlag zwischen den verschiedenen musikalischen Stilrichtungen.

 

Noch unter dem Eindruck der Türkenkriege thematisiert die „Entführung aus dem Serail“ die Konflikte zwischen Ost und West, schließt aber mit der Hoffnung auf Versöhnung der beiden Kulturen. Mozarts Ouvertüre zu dieser Oper bildete dann sowohl thematisch als auch musikalisch einen rasanten Einstieg in das Konzert, dessen Reinerlös dem „Arbeitskreis Shalom“ zugute kommt. Bereits hier wird klar, dass das Orchester über ein beachtliches Können auf den Instrumenten und eine erstaunliche Reife in der Interpretation verfügt. Diese wird zusätzlich forciert durch den Dirigenten Uwe Sochaczewsky. Seine klare Gestik beim Dirigieren kommt in einem Moment mal fordernd, dann wieder fast streichelnd daher, um schließlich mit motivierenden Gesten höchstes Engagement aus seinem Ensemble herauszuholen.

Eine völlig andere Stimmung herrschte bei der „Sinfonie Nr. 3 in a-Moll“ des russischen Komponisten Borodin. Im ersten Satz legt das Orchester eine dichte Klangwelle, die ruhige, fast schon esoterische Züge annimmt. Ganz anders dagegen der zweite Satz im 5/8-Takt, der als solcher kaum zu erkennen ist. Für die souveräne Beherrschung dieser technisch anspruchsvollen Passage bekam das Orchester zum ersten Mal begeisterte Bravorufe.

Jean-Philippe Rameaus „Les Indes Galantes“ unternimmt eine Reise um die (damals bekannte) Welt, unter anderem nach Persien, in die Türkei oder zu den Indianern nach Nordamerika. Noch in der Tradition des Barock verwurzelt, diente seine Ballettoper überwiegend dazu, den Charakter verschiedener ethnischer Tänze zu skizzieren. In „Air pour deux guerriers“ vollzieht das Orchester – zum Teil auch mit exotischen Schlaginstrumenten – einen Kriegstanz nach. Besonders beeindruckend die musikalische Beschreibung eines Gewitters („Orage“), deren schnelle Läufe die Musiker sicher beherrschten.

Ein Coup war schließlich Uwe Sochaczewsky mit der Einladung des syrischen Geigers und Komponisten Maias Alyamani gelungen. Dieser hatte drei seiner vier Sätze aus „Memories from Syria“ eigens für das Sinfonieorchester der KU geschrieben, so dass die Zuschauer einer Uraufführung beiwohnen durften, bei der der Komponist selbst den Part der Solo-Geige übernahm. Ziel des Komponisten ist es, als Exilant einen musikalischen Gruß und somit auch ein Zeichen der Solidarität an seine im Krieg geschundene Heimat zu senden. In „Here is Damascus“ hatte man den Eindruck, dass man auf einen Spaziergang durch diese Stadt mitgenommen wird. Schufen in einem Moment dunkle Klagteppiche ein Gefühl der Bedrohung, schien man im nächsten Moment in einer Art Latin-Rhythmus sorglos durch die Stadt zu schlendern.

In „Nashaz“ lässt der Komponist das Orchester Dissonanzen aufbauen, über denen die Sologeige aberwitzig rasante Läufe legt, denen die Musiker des Orchesters folgen – und sie tun das mit Bravour. Angetrieben vom Grundrhythmus einer orientalischen Trommel brodelt es dann im Orchester wie im Innern eines aufgeschreckten Bienenschwarms.

Mit „Lonely Bayat“ entführt Maias Alyamani das Publikum endgültig in die Musik des Orients, deren typischer Klang dadurch entsteht, dass Vierteltonreihen gespielt werden, die die europäische Musik überhaupt nicht kennt. Man soll ja das Klischee von der schluchzenden Geige nicht überstrapazieren, aber hier traf es – im besten Sinne der Metapher – zu. Urplötzlich findet sich der Zuhörer als Wanderer zwischen den musikalischen Welten in einer klassischen Swing-Bass-Linie wieder, die dem Solisten als Grundlage für eine typische Jazzimprovisation dient.

In „Warda“ schließlich beginnt das Orchester mit einem rockigen Riff, über den Maias Alyamani alle klanglichen Möglichkeiten seines Instruments ausbreitet und in seinen Improvisationen die verschiedensten musikalischen Stilrichtungen verschmelzen lässt. Ein abrupter Schluss machte die Zuhörer zuerst einmal sprachlos, bevor dann tosender Applaus losbrach.