Böhming
Familientreffen nach 450 Jahren

Familienchronik Stürzl umfasst 16 geschichtsträchtige Generationen

20.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Familie mit Geschichte: Anlässlich der Vorstellung der "Familienchronik Stürzl" trafen sich über 60 Nachfahren der Familien Stürzl und Sterzl, die vor rund 450 Jahren in Böhming lebten. - Foto: Woog

Böhming (EK) In achtjähriger Forschungsarbeit erstellten die Familienforscher Heinrich Stürzl und Rosa Marschall, geborene Stürzl, eine Chronik über 16 Generationen ihrer Familie. Präsentiert wurde sie in Böhming.

Der Himmel war bayerisch weiß-blau, als ein besonderes Familientreffen in der altehrwürdigen Kirche in Böhming stattfand. Anlässlich der Vorstellung der "Familienchronik Stürzl" trafen sich über 60 Nachfahren der Familien Stürzl und Sterzl, die vor rund 450 Jahren in Böhming lebten. Gemeinsam mit Pfarrer Mairhofer gedachten sie dort ihrer verstorbenen Vorfahren.

Ein gewisser Ägidius Sterzl, genannt Gilg ( €  1611 in Beilngries), bewirtschaftete ab 1591 in Böhming einen großen Hof, der später der Mirtlbauer genannt wurde. Dies war für Ortssprecher Klaus Bauernfeind von besonderem Interesse, da er selbst auf diesem Hof aufgewachsen ist. Vier Generationen blieb der Hof im Besitz der Familie, bevor die Nachkommen über Schelldorf, Tholbath und Lenting nach Großmehring und München kamen.

\tDie Familie war auch von der Hexenverfolgung betroffen, denn ein Verwandter des Gilg, der Bäcker Hans Sterzl aus Eichstätt, war mit Kunigunde Sterzl verheiratet, die 1620 als vermeintliche Hexe in Eichstätt hingerichtet wurde. Dies waren einige der Ergebnisse, die die Familienforscher Heinrich Stürzl und Rosa Marschall den von nah und fern angereisten Verwandten und interessierten Besuchern vorstellten. In acht Jahren Forschungsarbeit hatten sie, unterstützt durch den Pfünzer Heimat- und Familienforscher Josef Auer, zahlreiche historische Dokumente ausgewertet und einen Stammbaum ihrer väterlichen Vorfahren über 16 Generationen erstellt. Neben den 530 dokumentierten Familienmitgliedern wurden auch die Lage und Ausstattung der Höfe anhand der Kaufverträge recherchiert. Mithilfe einer DNA-Analyse konnten sie sogar Erkenntnisse über ihre Urväter gewinnen. Demnach gehörten diese zu dem italo-keltischen Zweig, der vor rund 3500 Jahren entstand.

Bei ihrer Forschungsarbeit stießen die Autoren auf die Besonderheit der Abwandlungen des Familiennamens. Der ursprüngliche Name Sterzl stammt aus dem Altmühltal, das sprachlich fränkisch geprägt ist. Durch die Übersiedlung eines Andreas Sterzl nach Tholbath änderte sich der Name zum mittelbayerischen Stirzl. Schließlich brachte die gehobene Gelehrten- und Beamtensprache der Universitätsstadt Ingolstadt den Namen Stürzl hervor. Zufälligerweise blieb zugleich der Name Sterzl in Großmehring erhalten. Das Wissen um die gemeinsame Abstammung beider Familien war über 250 Jahre verloren gegangen und wurde erst durch die Forschung wieder entdeckt.

Neben den eigenen Vorfahren werden in dem Buch auch noch andere Stürzl-Familien beschrieben, wie etwa eine Familie, die 1883 von Arnschwang in der Oberpfalz in die USA ausgewanderte. Einer der zahlreichen Nachfahren war sogar eigens aus San Francisco zu dem Familientreffen in Böhming angereist. Die Biografie zeigt auch die Lebensläufe bekannter Persönlichkeiten, so etwa den des bürgerlichen Konrad Stürtzel von Buchheim, der aus Kitzingen stammte und im 15. Jahrhundert unter König Maximilian I. vom Universitätsrektor zum Hofkanzler aufstieg.

\tDie zweistündige Veranstaltung wurde musikalisch begleitet vom Klassikensemble der jungen Familienmitglieder Johanna Koch an der Violine, Laura Lechermann an der Querflöte, Florian Schwarzbeck am Cello und Michael Schwarzbeck am Fagott unter der Leitung von Martina Stürzl-Koch. Gespielt wurde unter anderem flotte Wirtshaus- und Tanzmusik aus dem "Musigbuch des Alois Sterzl" aus Großmehring von 1821.

"Wer nicht von dreitausend Jahren sich weiß Rechenschaft zu geben, bleib im Dunkeln unerfahren, mag von Tag zu Tage leben", schrieb Johann Wolfgang von Goethe in seinem "West-östlichen Divan". Die Initiatoren dieses Familienwerks haben die Worte des Dichterfürsten verwirklicht und Licht in die Geschichte ihrer Ahnen gebracht.