Böhmfeld
Sommerzeit sollte "Leuchtmaterial" einsparen

Das Kriegstagebuch des Böhmfelder Lehrers Johann Gabler gibt Einblick in die Zeit vor 100 Jahren

29.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Böhmfeld vor 100 Jahren: Am 11. November 1916 wurde eine Ansichtskarte des Ortes nach Dettenheim geschickt. - Foto: Nieberle

Böhmfeld (EK) Interessante Einblicke in die Entwicklung Böhmfelds gewährt das von Hauptlehrer Johann Gabler zwischen 1914 und 1918 geschriebene Kriegstagebuch, das nach Kriegsende noch bis zum Jahr 1929 weitergeführt wurde.

In zehn Kapiteln hat Gabler das dörfliche Leben in dieser Zeit genau aufgeschlüsselt. Zu Beginn listete er alle 154 Männer mit privaten und dienstlichen Daten auf, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Anschließend fährt er mit dem kirchlichen Geschehen fort. Der Blick in die Aufzeichnungen soll das Jahr 1916 aus Böhmfelder Sicht streifen, das heuer 100 Jahre zurückliegt.

So gab es in der Pfarrei drei Kriegstrauungen, in denen Militärangehörige ortsansässige Frauen heirateten. Der Genuss von Fleischspeisen an Freitagen wurde durch einen Hirtenbrief unter Bezug auf die angeordneten fleisch- und fettlosen Tage verboten. In der Schule war der 17. Januar unterrichtsfrei, da die englischen Truppen aus Gallipoli vertrieben worden waren.

Am 13. März gab es die zweite feierliche Nagelung des Kriegswahrzeichens, diesmal durch die Schuljugend. Im Zug ging es von der Schule zum Pfarrhof. Nach einer "dem kindlichen Geiste angepassten Ansprache" von Pfarrer Joseph Grob mit diversen Ermahnungen und dem Hinweis auf "die tapferen Soldaten mit ihrem eisernen Gehorsam" wurden die Nagelung vorgenommen. An den Unterstützungsfonds konnte ein "sehr namhafter Betrag" durch die rege Beteiligung zugeführt werden.

Am 1. April wurde die Lehrerin der Unterschule nach Mörnsheim abgezogen und Lehrer Gabler musste diese mit übernehmen. Die Oberschule wurde von 8 bis 11 Uhr, die Unterschule von 12 bis 3 Uhr unterrichtet. Ab 1. Mai begann der Sommerunterricht von 7.30 bis 9.30 Uhr für die älteren, von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr für die jüngeren Jahrgänge. Erst am 6. Oktober wurde eine Hilfslehrerin für die Unterschule nach Böhmfeld versetzt. Zu Jahresbeginn 1916 wurden aus dem Gefangenenlager Eichstätt fünf französische Kriegsgefangene zur Arbeitsleistung nach Böhmfeld angefordert. Als Wachtposten fungierte der Gütler Wendelin Göbel. Untergebracht waren sie im Haus Nummer 9. Die Arbeitgeber bekamen für jeden Mann 30 Pfennig. Dafür mussten sie dem Wachtposten täglich 1,50 Mark zahlen, die Kost verabreichen und die Lagerstätte entschädigen. Zur Heuernte wurden aus dem Lager Nürnberg vier weitere Gefangene abgestellt. Mit den Arbeitsleistungen waren die Bauern recht zufrieden.

Fortgesetzt wurden sowohl die Geld- als auch die Naturaliensammlungen. In ganz Bayern war am 30./31. Juli ein großer Opfertag angesetzt. Bürgermeister Graf, Förster Hiller und Hauptlehrer Gabler besuchten dabei alle Wohnstätten. 160 Mark wurden dabei gesammelt. 110 Mark wurden an den Zweigverein Kipfenberg des Roten Kreuzes gesandt. 50 Mark blieben in der Gemeinde zur Unterstützung gemeindlicher, hilfsbedürftiger Soldatenfamilien. Vor Weihnachten wurde nochmals eine Sammlung von Liebesgaben für "die Feldgrauen" gesammelt. 150 Mark wurden nach Kipfenberg weitergeleitet.

Zur Feldarbeit 1916 notierte Gabler, dass die Wintersaaten im April sehr gut und vielversprechend stünden, auch die Frühjahrssaat konnte bei günstigem Wetter erledigt werden. Im April war es sehr nass, doch im Mai setzte sehr warmes Wetter ein, so dass bereits Klee und Gras als Viehfutter eingebracht wurden. Im Juni und Anfang Juli war es wieder sehr regenreich. Danach aber wurde es deutlich besser, und Heu konnte reichlich eingebracht werden. Rüben und Kraut wurden früher als sonst nach Hause gebracht. Sämtliche Getreidearten standen sehr schön ebenso wie die Hackfrüchte. Die Kartoffeln hatten durch Reif Schaden erlitten und man hoffte, dass sich dies wieder ausgleicht. Die Getreideernte war in Bezug auf Qualität und Quantität sehr zufriedenstellend, doch klagten die meisten Landwirte beim Ausdrusch über ein minderes Ergebnis an Körnern. Die Grummeternte danach erbrachte eine Menge wie seit Menschengedenken nicht mehr. Seltsamerweise war immer an den Sonntagen günstiges Wetter und deshalb wurde überall an diesem Tag gearbeitet. Die Kartoffelernte fiel dagegen sehr schlecht aus. Der Winter 1916 war sehr kalt und brachte andauernd viel Eis und Schnee. Sehr ausführlich notierte Gabler die Entwicklung der Preise. Die Viehmärkte mussten zu Beginn des Jahres 1916 wegen der Maul- und Klauenseuche eingestellt werden. Dadurch stiegen die Viehpreise deutlich an, und die Verbraucher hatten deutlich mehr zu bezahlen. Auch der Preis des dunklen Bieres stieg auf 30 Pfennig je Liter. Die Gastwirte erhielten nur mehr 48 Prozent der üblichen Bierlieferung. Am 1. Mai kamen Landesfleischkarten in Verwendung. Diese berechtigten zum Bezug von 800 Gramm Fleisch pro Woche für Erwachsene und 400 Gramm für Kinder unter sechs Jahren. Die Fleischkarten mit Marken für unterschiedliche Mengen galten bis 25. Juni. Bei jeder Schlachtung musste der Fleischbeschauer das Schlachtgewicht der Ortspolizei mitteilen.

Das Pfund Seife stieg von 40 Pfennig auf 2,50 Mark und war trotzdem kaum zu bekommen. Der Liter Spiritus kostete bisher 45 Pfennig und stieg am 1. Mai auf sieben Mark. Er wurde nur noch für medizinische Zwecke abgegeben. Ab 15. Mai gab es vom Kommunalverband Eichstätt Zucker- und Seifenkarten, die nur in Eichstätt-Stadt und Eichstätt Land galten. Je Kopf gab es monatlich zwei Pfund Zucker, wobei ein Pfund 34 Pfennige kostete. Vom 18. Mai an wurde der Bierausschank auf mittags 11 bis 2 Uhr festgelegt und abends von 17.30 Uhr bis zum Verbrauch des täglichen Bierquantums. An Sonn- und Feiertagen war der Ausschank ab 16 Uhr gestattet. Im Juni wurden Eierkarten geführt.

Auf allen Gebieten vermerkte der Chronist die sich ständig verschlechternde Versorgung der Bevölkerung, da trotz der eingeführten Karten alles nur schwer zu bekommen war.

Eingeführt wurden auch regelmäßige Viehzählungen. Dazu kam im Februar vom königlichen Kriegsministerium die Erfassung von Nussbaumholz für den Heeresbedarf sowie der Kartoffelvorräte, wobei auch durch das Militär eine Kontrolle der Angaben durchgeführt wurde. Dabei wurden auch 61 Kilogramm Zinn beschlagnahmt, das von abgenommenen Bierkrugdeckeln stammte. Für das Kilo wurden acht Mark bezahlt.

Als Besonderheit führte Gabler an, dass mit 1. Mai 1916 die Sommerzeit zur Einsparung von Leuchtmaterial eingeführt wurde. Dabei wurden "sämtliche Uhren um eine Stunde vorgerückt". Die Rückstellung erfolgte dann zum 1. Oktober. "Mit der eingeführten Sommerzeit konnte sich die hiesige Bevölkerung nie recht anfreunden", so Gabler.

Im Juli brach im Ort wieder der Schweinerotlauf aus, dem zahlreiche Schweine zum Opfer fielen. Das Fleisch konnte aber für einen Euro verkauft und genossen werden, so dass dadurch in den Familien "eine recht angenehme Abwechslung in der Küche herbeigeführt wurde". Auch mit der Schafräude hatten die Landwirte ab Mitte November ihre Probleme.