Böhmfeld
"Hier steckt Herzblut drin"

31.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:27 Uhr

So könnte das Elektro-Auto der Zukunft aussehen: wie eine kleine Lokomotive. Wie alle Modelle, die bei der KS. Pollmann GmbH entstehen, steckt eine hohe handwerkliche Kunst dahinter. Mit Raspel, Feile und Schleifwerkzeug wird das Modell aus dem Material herausgearbeitet. Das E-Auto existiert natürlich auch im Computer, aber so wirkt es noch anschaulicher.

Böhmfeld (EK) Sieht das Elektro-Auto der Zukunft wie eine Lokomotive aus? Rollt das Wägelchen im rustikalen Retro-Look und runder Frontscheibe durch die Straßen? Wenn es nach Gert Pollmann geht, schon. Er hat sich Gedanken über das Outfit von Wagen mit E-Antrieb gemacht.

Das gehört zu seinem Beruf. Er ist Geschäftsführer der KS. Pollmann GmbH in Böhmfeld, die im Bereich Design für verschiedene Unternehmen in der Automobilbranche tätig ist.

Das Elektroauto ist natürlich eine große Herausforderung für jeden aus dieser Branche. Pollmann ist überzeugt: Ein herkömmliches, für Verbrennungsmotoren entwickeltes Chassis wird für Elektromotoren nicht funktionieren. Zudem muss ein E-Auto klein sein – sonst stimmt die Energiebilanz nicht. „Gerade wenn's klein ist, muss es elektrisch aussehen. Eine neue Technik verlangt ein neues Aussehen.“ Und es müsse ein Design sein, mit dem man sich gerne sehen lassen möchte. Der Käufer möchte demonstrieren, dass er umweltfreundlich unterwegs ist. Pollmanns Studie signalisiert Sicherheit, verbunden mit dem Design der 60-er Jahre.

Da der 58-Jährige eine Affinität zum Rennsport hat, setzt er sich gleichzeitig mit elektrisch angetriebenen Sportwagen auseinander. Auch hier erkennt er einen zukunftsfähigen Markt. Nicht im Formel 1-Betrieb, aber es gebe genügend Rennserien, die Probleme mit der Geräuschkulisse haben. Ein Beispiel: „Ein Porsche GT3 hat 100 Dezibel, auf manchen Strecken sind aber nur 96 Dezibel erlaubt. Ein E-Flitzer rollt natürlich flüsterleise über den Asphalt. Den gewohnten röhrenden Sound hat Pollmann nicht vergessen. Der käme aus Lautsprechern, die auf die Tribüne, und nur auf die, gerichtet sind. Akustisch gebe es keinen Unterschied, das lasse sich alles aussteuern, und das Rennerlebnis erstrecke sich so auch auf die Ohren der Zuschauer. Und da Strecken in der Regel als Rundkurse gestaltet sind, könne der Austausch von Akkus ebenfalls problemlos eingerichtet werden.

Auch hier hat Pollmann Design-Studien erarbeitet, wobei er wieder auf die klassisch-historische Linie setzt. „Oldtimer haben hohe Sympathiewerte und zu Oldtimer-Rennen kommen sehr viele Zuschauer.“ Entstanden ist der Yellow Sports Racer, wie so oft bei Pollmann, in Zusammenarbeit mit der TU München. „Wir wollen ausprobieren, welchen Charme das hat, mal gucken, wie so etwas wirkt.“

Hier vereinigen sich sogar drei „verrückte Sachen“, freut sich Pollmann. Der E-Motor ist das eine. Ein selbstfederndes Chassis, das ohne normale Radaufhängung auskommt, das andere. Hier tüfteln gerade die Techniker, ob das überhaupt zu bewerkstelligen ist. Und zukunftsweisend ist auch der dritte Gedanke: Das Chassis besteht aus PU-Schaum, der in Edelstahl eingewickelt wird. Denn E-Autos müssen möglichst leicht sein. Pollmanns Philosophie lautet, dass sich ein Designer keine gedanklichen Fesseln anlegen lassen darf. Ob's letztlich funktioniert, müssen die Ingenieure ausloten.

Pollmann baut übrigens auch „richtige“ Rennwagen – von Hand. Er hat eine Rennserie, ProtoChampSeries, ins Leben gerufen, bei der nur Unikate starten dürfen. Und ein Unikat ist sein aktueller Flitzer ohne Zweifel. Er hat den brandneuen Super Sports Roadster – natürlich – selbst entworfen und auch in der heimischen Garage zusammengebaut. Der Ursprung des Renners war eine Studie aus dem Jahr 2003. Die Urform war noch erhalten, und der 58-Jährige hat sie bei einem Spezialisten abformen lassen. „Fehlerhafte Dinge wurden ausgemerzt.“ Der Aufbau besteht aus Glasfaser verstärktem Kunststoff (GFK). Das flache Fahrzeug ist silberfarben gehalten, dazu gibt es einen gelben Streifen, beides sind die Erkennungsfarben der KS. Pollmann GmbH. Die Felgen hat Pollmann selbst entworfen, und auch bei der Gestaltung der Reifen konnte er mitarbeiten.

Eine Besonderheit sind die Scheinwerfer. Einst handelte es sich um die ersten Voll-LED-Scheinwerfer, die es weltweit gab. „Die wurden von der Firma ALRT als Prototyp gebaut. „Die waren zwei Mal so teuer wie das Auto“, beteuert Pollmann.

Bei derartigen Projekten verwischen die Grenzen zwischen Hobby und Beruf bei Gert Pollmann. „Ich will was zeigen“, sagt er. „Neue Konzepte, neue Erscheinungsbilder.“ Dinge eben, die sich beruflich verwerten lassen. Andererseits dürfe die Freude über sein motorisiertes Steckenpferd nicht außer Acht gelassen werden, bekennt er: „Hier steckt Herzblut drin.“